Das sollten Sie lesen

Von T.C. Boyle bis Paula Irmschler: Unsere heißen Buchtipps für Juli 2024

Ob die Trennung von einem Partner, der Verlust eines Kindes oder der Tod eines Elternteils: Das Loslassen und Abschiednehmen ist eines der wichtigen Lebensthemen. Die junge dänische Autorin Caroline Albertine Minor widmet sich ihm mit einem Erzählband: "Segnungen" zeigt, wie die unterschiedlichsten Frauen damit in ihrem Alltag umgehen, welche Konsequenzen sie daraus ziehen, wie sie an den schweren Situationen wachsen. Seelische Missstände werden mit alltäglichen Begebenheiten konfrontiert, manchmal auch mit sehr deutlichen Sex-Szenen kontrapunktiert. Die lohnende Lektüre beweist, dass Minor zu Recht von der Literaturszene als Talent entdeckt und bereits prämiert wurde. (Diogenes, 24 Euro) Anja Weigmann
1 / 13

Ob die Trennung von einem Partner, der Verlust eines Kindes oder der Tod eines Elternteils: Das Loslassen und Abschiednehmen ist eines der wichtigen Lebensthemen. Die junge dänische Autorin Caroline Albertine Minor widmet sich ihm mit einem Erzählband: "Segnungen" zeigt, wie die unterschiedlichsten Frauen damit in ihrem Alltag umgehen, welche Konsequenzen sie daraus ziehen, wie sie an den schweren Situationen wachsen. Seelische Missstände werden mit alltäglichen Begebenheiten konfrontiert, manchmal auch mit sehr deutlichen Sex-Szenen kontrapunktiert. Die lohnende Lektüre beweist, dass Minor zu Recht von der Literaturszene als Talent entdeckt und bereits prämiert wurde. (Diogenes, 24 Euro) Anja Weigmann © Diogenes; ming dai/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Natürlich bekommt auch Françoise Hardy, soeben verstorben, ihr Kapitel. War sie doch seit den 60er Jahren mit ihren melancholischen Liedern auch in Deutschland populär, sang im Original "Frag den Abendwind" und wurde promo-mäßig gar mit Udo Jürgens verkuppelt! Schon lustig... Überhaupt liest sich sehr anregend, was André Boße in seinem Buch "Voyage, Voyage" alles über die französische Popmusik und ihre Protagonisten schreibt. Von Serge Gainsbourg bis Brigitte Fontaine, Filmmusik (Yann Tiersen) und Nouvelle Chanson (Thomas Fersen) gibt es in diesem persönlichen Leitfaden viele launige Tipps zum Nachhören. Momentan herrscht musikalisch ja eher Funkstille überm Rhein... (Reclam, 20 Euro) Wolf Ebersberger
2 / 13

Natürlich bekommt auch Françoise Hardy, soeben verstorben, ihr Kapitel. War sie doch seit den 60er Jahren mit ihren melancholischen Liedern auch in Deutschland populär, sang im Original "Frag den Abendwind" und wurde promo-mäßig gar mit Udo Jürgens verkuppelt! Schon lustig... Überhaupt liest sich sehr anregend, was André Boße in seinem Buch "Voyage, Voyage" alles über die französische Popmusik und ihre Protagonisten schreibt. Von Serge Gainsbourg bis Brigitte Fontaine, Filmmusik (Yann Tiersen) und Nouvelle Chanson (Thomas Fersen) gibt es in diesem persönlichen Leitfaden viele launige Tipps zum Nachhören. Momentan herrscht musikalisch ja eher Funkstille überm Rhein... (Reclam, 20 Euro) Wolf Ebersberger © Reclam; Agenzia Pitre/Mondadori Portfolio via ZUMA/dpa; Montage: Sabine Schmid

Zum ersten Mal in Berlin, und dann gleich an einem 1. Mai: Das kann knallen! Tat es auch, als Susanne Matthiessen 1987 aus der norddeutschen Provinz in die Stadt kam - und sich gleich punkig Penatencreme ins Haar schmierte. Sie fuhr nie wieder weg. Das ist der autobiografische Kern von dem hochkomischen Roman "Lass uns noch mal los", in dem die Autorin zurückblickt und kritisch Bilanz zieht: Was blieb von den wilden, frauenbewegten Zeiten? Ist Kreuzberg noch relevant, das auf einem Mauerstreifen errichtete Frauenwohnhaus nötig? Matthiessen schildert satirisch die eigene Weibs-Kommune (Veronika: "Wo steht das Klavier?") wie den Verfall der Hauptstadt, sogar ein Krimi spielt makaber hinein! (Ullstein, 23,99 Euro) Wolf Ebersberger
3 / 13

Zum ersten Mal in Berlin, und dann gleich an einem 1. Mai: Das kann knallen! Tat es auch, als Susanne Matthiessen 1987 aus der norddeutschen Provinz in die Stadt kam - und sich gleich punkig Penatencreme ins Haar schmierte. Sie fuhr nie wieder weg. Das ist der autobiografische Kern von dem hochkomischen Roman "Lass uns noch mal los", in dem die Autorin zurückblickt und kritisch Bilanz zieht: Was blieb von den wilden, frauenbewegten Zeiten? Ist Kreuzberg noch relevant, das auf einem Mauerstreifen errichtete Frauenwohnhaus nötig? Matthiessen schildert satirisch die eigene Weibs-Kommune (Veronika: "Wo steht das Klavier?") wie den Verfall der Hauptstadt, sogar ein Krimi spielt makaber hinein! (Ullstein, 23,99 Euro) Wolf Ebersberger © Ullstein; Bernd Schray/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Seinem bewährten Rhythmus bleibt T.C. Boyle auch diesmal treu: Auf einen Roman - zuletzt "Blue Skies" - folgt zuverlässig ein Erzählungsband. 13 mit routinierter Süffigkeit geschriebene Kurzgeschichten hat der US-Bestsellerautor in "I Walk Between the Raindrops" versammelt. Sie spielen in den unterschiedlichsten Settings und handeln von Begegnungen und Ereignissen, die sich - aus der Vergangenheit, der Zukunft oder dem Hinterhalt - in den nicht immer ganz normalen Alltag einschleichen. Als verstörendes Strohfeuer - wie das Zusammentreffen einer Reisenden mit einem Incel-Mann - oder als Katastrophe: der Corona-Ausbruch auf einem Kreuzfahrtschiff. Einen passenden Twist findet Boyle immer. (Hanser, 25 Euro) Birgit Nüchterlein
4 / 13

Seinem bewährten Rhythmus bleibt T.C. Boyle auch diesmal treu: Auf einen Roman - zuletzt "Blue Skies" - folgt zuverlässig ein Erzählungsband. 13 mit routinierter Süffigkeit geschriebene Kurzgeschichten hat der US-Bestsellerautor in "I Walk Between the Raindrops" versammelt. Sie spielen in den unterschiedlichsten Settings und handeln von Begegnungen und Ereignissen, die sich - aus der Vergangenheit, der Zukunft oder dem Hinterhalt - in den nicht immer ganz normalen Alltag einschleichen. Als verstörendes Strohfeuer - wie das Zusammentreffen einer Reisenden mit einem Incel-Mann - oder als Katastrophe: der Corona-Ausbruch auf einem Kreuzfahrtschiff. Einen passenden Twist findet Boyle immer. (Hanser, 25 Euro) Birgit Nüchterlein © Hanser; Krzysztof Pluta/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Definitiv keine Strandlektüre: Wer es schön und unbeschwert will, möge auf "Das späte Leben" im Urlaubsgepäck verzichten. Wer hingegen dem Tod, der uns alle ereilen wird, ins Auge sehen möchte, muss Bernhard Schlink lesen. Es geht um die letzten Wochen im Leben eines 76-Jährigen. Die Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs lässt nur eines zu: Gewissheit über das nahende Ende. Schlink zerlegt dieses Ende in drei Phasen, seit seinem Welterfolg "Der Vorleser" ein bewährtes Konzept. Der Rest sei nicht verraten, nur so viel: Der Todgeweihte, der seinem jungen Sohn möglichst viel mitgeben will und von seiner Frau betrogen wird, hat noch viel zu tun... Übrigens: Schlink wird im Juli 80. Glückwunsch! (Diogenes, 26 Euro) Michael Husarek
5 / 13

Definitiv keine Strandlektüre: Wer es schön und unbeschwert will, möge auf "Das späte Leben" im Urlaubsgepäck verzichten. Wer hingegen dem Tod, der uns alle ereilen wird, ins Auge sehen möchte, muss Bernhard Schlink lesen. Es geht um die letzten Wochen im Leben eines 76-Jährigen. Die Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs lässt nur eines zu: Gewissheit über das nahende Ende. Schlink zerlegt dieses Ende in drei Phasen, seit seinem Welterfolg "Der Vorleser" ein bewährtes Konzept. Der Rest sei nicht verraten, nur so viel: Der Todgeweihte, der seinem jungen Sohn möglichst viel mitgeben will und von seiner Frau betrogen wird, hat noch viel zu tun... Übrigens: Schlink wird im Juli 80. Glückwunsch! (Diogenes, 26 Euro) Michael Husarek © Diogenes; Stefan Schweihofer/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Eine Guerilla-Gardening-Gruppe namens Birnam Wood schnappt sich für ihr neuestes Projekt eine durch einen Erdrutsch eingeschlossene verlassene Farm: Lange liest sich "Der Wald", der dritte Roman der Booker-Prize-Gewinnerin Eleanor Catton, wie eine bissige Abrechnung mit den Anmaßungen und Blauäugigkeiten ebenso wohlmeinender wie verbohrter Aktivistinnen und Aktivisten. Doch mit dem verführerischen Billionär Robert Lemoine und seinen dunklen Machenschaften schleicht sich schlängelnd eiskalter, ja beklemmender Thrill in die aus diversen Perspektiven zusammengesetzte Geschichte ein. Bis zum buchstäblich explosiven Finale. Ein aufregendes Lesevergnügen! (btb Verlag, 25 Euro) Andreas Frane
6 / 13

Eine Guerilla-Gardening-Gruppe namens Birnam Wood schnappt sich für ihr neuestes Projekt eine durch einen Erdrutsch eingeschlossene verlassene Farm: Lange liest sich "Der Wald", der dritte Roman der Booker-Prize-Gewinnerin Eleanor Catton, wie eine bissige Abrechnung mit den Anmaßungen und Blauäugigkeiten ebenso wohlmeinender wie verbohrter Aktivistinnen und Aktivisten. Doch mit dem verführerischen Billionär Robert Lemoine und seinen dunklen Machenschaften schleicht sich schlängelnd eiskalter, ja beklemmender Thrill in die aus diversen Perspektiven zusammengesetzte Geschichte ein. Bis zum buchstäblich explosiven Finale. Ein aufregendes Lesevergnügen! (btb Verlag, 25 Euro) Andreas Frane © btb; Mirko Fabian/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Ein halbes Jahr war der Romancier Ingo Schulze "Zu Gast im Westen" - so der Titel seines neuen Buches. Als Stadtschreiber von Mühlheim ging der sonst in Berlin lebende Autor denkbar unsystematisch vor: "Wenn mich jemand einlud, bin ich hingegangen." 18 unterhaltsame Betrachtungen und Porträts sind 2022/23 auf diese Weise entstanden. In einem besonders interessanten Kapitel trifft Schulze den früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Marco Bülow aus Dortmund, der 2018 aus der Partei austrat: ein Lehrbeispiel, wie Parteiendemokratie funktioniert. Das liest sich auch weitaus anregender, als es der sachliche Untertitel "Aufzeichnungen aus dem Ruhrgebiet" suggeriert... (Wallstein, 24 Euro) Marco Puschner
7 / 13

Ein halbes Jahr war der Romancier Ingo Schulze "Zu Gast im Westen" - so der Titel seines neuen Buches. Als Stadtschreiber von Mühlheim ging der sonst in Berlin lebende Autor denkbar unsystematisch vor: "Wenn mich jemand einlud, bin ich hingegangen." 18 unterhaltsame Betrachtungen und Porträts sind 2022/23 auf diese Weise entstanden. In einem besonders interessanten Kapitel trifft Schulze den früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Marco Bülow aus Dortmund, der 2018 aus der Partei austrat: ein Lehrbeispiel, wie Parteiendemokratie funktioniert. Das liest sich auch weitaus anregender, als es der sachliche Untertitel "Aufzeichnungen aus dem Ruhrgebiet" suggeriert... (Wallstein, 24 Euro) Marco Puschner © Wallstein; Christian Lüpke/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Paula Irmschler, die seit ihrem Debüt "Superbusen" als neue Stimme der ostdeutschen und feministischen Literatur gilt, hat mit "Alles immer wegen damals" nachgelegt. Sie zu lesen, lobt Margarete Stokowski, sei wie "Saufen mit der besten Freundin, aber ohne Kater". Das Buch erzählt die Geschichte von zwei Frauen, die Mutter und Tochter sind, aber sonst nicht viel gemeinsam haben. Die kein inniges Verhältnis haben, sich aber auch nicht hassen. Und ja, wie beim Suff mit einer Freundin ist das Buch nah an der Lebensrealität. Aber wie bei betrunkenen Unterhaltungen sollte man keine Geschichte mit Anfang und Ende erwarten... Ein intimer Einblick in das Leben von zwei Frauen. Nicht mehr, nicht weniger. (dtv, 24 Euro) Marlene Weyerer
8 / 13

Paula Irmschler, die seit ihrem Debüt "Superbusen" als neue Stimme der ostdeutschen und feministischen Literatur gilt, hat mit "Alles immer wegen damals" nachgelegt. Sie zu lesen, lobt Margarete Stokowski, sei wie "Saufen mit der besten Freundin, aber ohne Kater". Das Buch erzählt die Geschichte von zwei Frauen, die Mutter und Tochter sind, aber sonst nicht viel gemeinsam haben. Die kein inniges Verhältnis haben, sich aber auch nicht hassen. Und ja, wie beim Suff mit einer Freundin ist das Buch nah an der Lebensrealität. Aber wie bei betrunkenen Unterhaltungen sollte man keine Geschichte mit Anfang und Ende erwarten... Ein intimer Einblick in das Leben von zwei Frauen. Nicht mehr, nicht weniger. (dtv, 24 Euro) Marlene Weyerer © dtv; fradellafra/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Es muss nicht immer Neuschwanstein sein: Jochen Reiss' und Rüdiger Liedtkes königstreuer Reiseführer "111 Orte Ludwigs II, die man gesehen haben muss" führt sogar nach Franken. Er erinnert an das Engagement des Monarchen für die bayerischen Juden und eine wichtige Begegnung in Fürth... Das wussten wir noch nicht! Die Autoren betonen in vielen Tipps auch zurecht, wie aufgeschlossen Ludwig selbst als Romantiker für modernste Technik war und als Bauherr bereits den Umweltschutz pflegte. Die alte Linde von Schloss Linderhof, sie durfte stehenbleiben: Man dankt es ihm noch heute. (Emons, 18 Euro) Wolf Ebersberger
9 / 13

Es muss nicht immer Neuschwanstein sein: Jochen Reiss' und Rüdiger Liedtkes königstreuer Reiseführer "111 Orte Ludwigs II, die man gesehen haben muss" führt sogar nach Franken. Er erinnert an das Engagement des Monarchen für die bayerischen Juden und eine wichtige Begegnung in Fürth... Das wussten wir noch nicht! Die Autoren betonen in vielen Tipps auch zurecht, wie aufgeschlossen Ludwig selbst als Romantiker für modernste Technik war und als Bauherr bereits den Umweltschutz pflegte. Die alte Linde von Schloss Linderhof, sie durfte stehenbleiben: Man dankt es ihm noch heute. (Emons, 18 Euro) Wolf Ebersberger © Emons; Regina Dautenhahn/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

London im Jahr 1905: Die Herrschaften leben ein feines Leben, während die Bediensteten sich für sie abschuften. Eine Gruppe von Frauen will sich damit nicht mehr zufrieden geben und plant einen großen Coup: Die Dienstmädchen wollen die prachtvollste Villa der Stadt ausrauben, und zwar während ein großer Ball stattfindet. Wer die Historien-Serie "Downtown Abbey" liebt, aber auch ein Herz für Ganovinnen-Geschichten hat, wird bei "Mayfair House" von Alex Hay fündig. Es ist ein schönes Geplänkel, den Ausgang kennt man von Anfang an. Hin und wieder verliert sich der Autor in den persönlichen Verstrickungen der Charaktere, aber insgesamt ein tolles Buch für den Sommer. Nett, ohne langweilig zu sein. (Insel, 20 Euro) Marlene Weyerer
10 / 13

London im Jahr 1905: Die Herrschaften leben ein feines Leben, während die Bediensteten sich für sie abschuften. Eine Gruppe von Frauen will sich damit nicht mehr zufrieden geben und plant einen großen Coup: Die Dienstmädchen wollen die prachtvollste Villa der Stadt ausrauben, und zwar während ein großer Ball stattfindet. Wer die Historien-Serie "Downtown Abbey" liebt, aber auch ein Herz für Ganovinnen-Geschichten hat, wird bei "Mayfair House" von Alex Hay fündig. Es ist ein schönes Geplänkel, den Ausgang kennt man von Anfang an. Hin und wieder verliert sich der Autor in den persönlichen Verstrickungen der Charaktere, aber insgesamt ein tolles Buch für den Sommer. Nett, ohne langweilig zu sein. (Insel, 20 Euro) Marlene Weyerer © Insel Verlag; Werner Weisser/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Gut, dass es Miranda July gibt: Ohne die Bücher und Filme (zuletzt "Kajillionaire") der bizarren Künstlerin wäre die amerikanische Kultur ärmer. Auch in ihrem zweiten Roman "Auf allen Vieren" finden sich anfangs tolle Sätze und Szenen, die den modernen US-Alltag absurd enthüllen. Die Story um eine bisexuelle 45-Jährige, die Mann (nichtssagend) und Kind (natürlich nonbinär) kurzzeitig verlässt, um im Auto entspannt aus Los Angeles Richtung New York zu fahren (und schon im nächsten Vorort bei einem viel jüngeren Typen erotische Kicks zu finden), verliert aber bald an Drive. Ein weiblicher Wechseljahr-Porno? Als Zeit-Satire leider ohne Zunder. (Kiepenheuer & Witsch, 25 Euro) Wolf Ebersberger
11 / 13

Gut, dass es Miranda July gibt: Ohne die Bücher und Filme (zuletzt "Kajillionaire") der bizarren Künstlerin wäre die amerikanische Kultur ärmer. Auch in ihrem zweiten Roman "Auf allen Vieren" finden sich anfangs tolle Sätze und Szenen, die den modernen US-Alltag absurd enthüllen. Die Story um eine bisexuelle 45-Jährige, die Mann (nichtssagend) und Kind (natürlich nonbinär) kurzzeitig verlässt, um im Auto entspannt aus Los Angeles Richtung New York zu fahren (und schon im nächsten Vorort bei einem viel jüngeren Typen erotische Kicks zu finden), verliert aber bald an Drive. Ein weiblicher Wechseljahr-Porno? Als Zeit-Satire leider ohne Zunder. (Kiepenheuer & Witsch, 25 Euro) Wolf Ebersberger © Kiepenheuer & Witsch; misterfarmer/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Drei Generationen spielen in diesem Roman eine Rolle. An sich eine klassische Geschichte, aber doch auch wieder nicht. Denn die Konstellation ist ungewöhnlich, das Beziehungsgeflecht verschlungen und verstörend. "Das Jahr der Veränderungen" heißt das neue Buch der britischen Schriftstellerin Tessa Hadley, die gerne ungewöhnliche Liebesgeschichten erzählt. Diesmal geht es um eine Frau zwischen zwei Männern – Vater und Sohn. Kate kehrt in ihre Heimat zurück, um ihre alte Mutter zu pflegen. Die Vergangenheit holt sie ein, die Gegenwart reißt sie in ein Chaos der Gefühle und die Zukunft macht ihr ein unerwartetes Geschenk. Hadley erzählt mit feinem Humor, sanftem Tempo und Intensität. (Kampa, 25 Euro) Gabi Eisenack
12 / 13

Drei Generationen spielen in diesem Roman eine Rolle. An sich eine klassische Geschichte, aber doch auch wieder nicht. Denn die Konstellation ist ungewöhnlich, das Beziehungsgeflecht verschlungen und verstörend. "Das Jahr der Veränderungen" heißt das neue Buch der britischen Schriftstellerin Tessa Hadley, die gerne ungewöhnliche Liebesgeschichten erzählt. Diesmal geht es um eine Frau zwischen zwei Männern – Vater und Sohn. Kate kehrt in ihre Heimat zurück, um ihre alte Mutter zu pflegen. Die Vergangenheit holt sie ein, die Gegenwart reißt sie in ein Chaos der Gefühle und die Zukunft macht ihr ein unerwartetes Geschenk. Hadley erzählt mit feinem Humor, sanftem Tempo und Intensität. (Kampa, 25 Euro) Gabi Eisenack © Kampa; Giada Turola/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Sie ist immer noch ein Geheimtipp, und es ist ganz klar, warum: Fleur Jaeggy, die Schweizer Autorin, die auf Italienisch schreibt, stürzt den Leser auf wenigen Seiten schnurstracks in seltsame Szenerien, in schräge Bilder und schöne Gedankenrätsel. Das ist auch beim Band "Ich bin der Bruder von XX" so, in dem ein rhetorischer Ehestreit etwa damit endet, dass die Gattin plötzlich in einem Vogelkäfig sitzt. Der Mann ist begeistert: "Was für ein hübscher kleiner Vogel seine Frau doch ist." Und fliegen muss sie ja nicht. Auch der Dichter Joseph Brodsky (im Exil) oder Ingeborg Bachmann (am Sterbebett) werden von Jaeggy verehrend besucht. Kleine Nüsse zum Knacken. Nein, Mandeln: bittersüß! (Suhrkamp, 22 Euro) Wolf Ebersberger
13 / 13

Sie ist immer noch ein Geheimtipp, und es ist ganz klar, warum: Fleur Jaeggy, die Schweizer Autorin, die auf Italienisch schreibt, stürzt den Leser auf wenigen Seiten schnurstracks in seltsame Szenerien, in schräge Bilder und schöne Gedankenrätsel. Das ist auch beim Band "Ich bin der Bruder von XX" so, in dem ein rhetorischer Ehestreit etwa damit endet, dass die Gattin plötzlich in einem Vogelkäfig sitzt. Der Mann ist begeistert: "Was für ein hübscher kleiner Vogel seine Frau doch ist." Und fliegen muss sie ja nicht. Auch der Dichter Joseph Brodsky (im Exil) oder Ingeborg Bachmann (am Sterbebett) werden von Jaeggy verehrend besucht. Kleine Nüsse zum Knacken. Nein, Mandeln: bittersüß! (Suhrkamp, 22 Euro) Wolf Ebersberger © Suhrkamp; Pexels/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid