Elektrisches Kompakt-SUV

Audi Q4 40 e-tron im Test

3.1.2022, 22:27 Uhr
Audi Q4 40 e-tron im Test

© Hersteller

Wie er aussieht: Audi hat dem Q4 e-tron jenen Anzug übergestreift, der im Augenblick das modische Geschmacksempfinden der Autokäufer am besten trifft: Den eines Kompakt-SUVs. Das Bullige der Gattung wird von muskulösen Flanken unterstrichen und erfährt durch kurze Karosserieüberhänge, schmale Scheinwerfer-Augen (auf Wunsch mit individualisierbarer Tagfahrlichtsignatur), ein durchgehendes Leuchtenband am Heck sowie einen schicken Dachspoiler sportliche Akzentuierung. Dem, der sich in der Audi-Modellpalette auskennt, sei als Information an die Hand gegeben, dass der Q4 mit seinen 4,59 Metern Länge die Lücke zwischen den Verbrenner-SUVs Q3 und Q5 besetzt.

Die technische Basis stellt der Modulare Elektrobaukasten des Volkswagen-Konzerns, den VW für ID.3 und ID.4, Skoda für den Enyaq und Seats sportliche Submarke Cupra für den Born verwendet. Alternativ zum klassischen Q4 kann der Kunde auf eine coupéhaftere Sportback-Variante zugreifen.

Wie er eingerichtet ist: Audi hat innerhalb des Konzerns einen Premium-Anspruch zu verteidigen. Also macht die Marke mit den vier Ringen im Interieur seines elektrischen Kompakt-SUVs manches anders als der Rest der Truppe. Auch wenn das kritische Auge an dem einen oder anderen schlichten Hartplastikteil hängenbleibt: Insgesamt entsprechen Verarbeitungsqualität, Materialgüte und Haptik dem gewohnt hohen Audi-Level, wobei auf einen ökologisch angemessenen Anteil an Recyclaten geachtet wurde.

Vor allem aber wollte man sich in Ingolstadt nicht dem anschließen, was die hausinternen Mitbewerber beim Armaturen-Layout angestellt haben. Kein kleines Fahrerdisplay also, das nur die wichtigsten Basics vermittelt, sondern ein vollwertiger Bildschirm hinterm Lenkrad, der sich als Teil des Virtual Cockpits auf Wunsch vielfältig konfigurieren lässt und auch die Navi-Karte anzeigt. Rechts daneben wendet sich dem Fahrer beziehungsweise der Fahrerin ein großer Info-Screen zu, darunter haben die Innenarchitekten eine Reihe von Direkttasten für die Klimatisierung angeordnet. Denn vor allem hat Audi den digitalen Overkill der Verwandtschaft bleiben lassen, einschließlich der vielkritisierten unbeleuchteten Lautstärke-Slider, stattdessen wird die Soundstärke über einen berührungsempfindlichen Drehregler justiert. Der Mini-Shifter für die Fahrstufen findet sich elegant in eine gleichsam freischwebend in den Raum gebaute Bedieninsel integriert.

Audi Q4 40 e-tron im Test

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Teil der teuren MMI Navigation pro (2930 Euro) ist das Head-up-Display mit Augmented-Reality Funktionen (AR), die sich dann so darstellen, dass Abbiegepfeile über die Fahrbahn zu tanzen scheinen und die echten Fahrbahnmarkierungen von einer virtuellen roten Linie überlagert werden, wenn der Q4 vom rechten Wege abzukommen droht.

Wie viel Platz er hat: Reichlich - ein Resultat dessen, was die Elektro-Architektur möglich macht, die keine Rücksicht auf Platzfresser wie einen Kardantunnel nehmen muss. Der Q4 bietet auch im rückwärtigen Abteil viel luftige Bewegungsfreiheit, zahlreiche Ablagen nehmen mehr als nur Krimskrams auf, in die Türverkleidungen beispielsweise passen auch Wasserflaschen vom Einliter-Format. Hinzu kommt ein üppig dimensioniertes Gepäckabteil (520 bis 1490 Liter) mit Extra-Fach unterm Ladeboden, das sinnvollerweise von den Ladekabeln bewohnt wird.

Was es hingegen nicht gibt, ist ein Frunk – ein zusätzliches Staufach unter der Fronthaube also. Auch die MEB-Geschwister halten ihn nicht vor. Aber: Die Aufpreisliste enthält den Posten „Anhängervorrichtung“ (950 Euro), bis zu 1000 Kilogramm können in Schlepp genommen werden, die Stützlast liegt – was vor allem E-Biker interessieren dürfte - bei 75 Kilogramm.

Was ihn antreibt: Ein 150 kW/204 PS starker Elektromotor, der ein Drehmoment von 310 Newtonmetern bereitstellt. Die Antriebskräfte wirken auf die Hinterachse. Seine Energie bezieht der Motor aus einem 500 Kilogramm schweren Akku der Kapazität 82 kWh (netto 76,6 kWh).

Wer Allradantrieb wünscht, kann beim 45 e-tron quattro (195 kW/265 PS) oder beim Topmodell 50 e-tron quattro (220 kW/299 PS) zugreifen. Die Basisvariante heißt Q4 35 e-tron, leistet 125 kW/170 PS und beschränkt sich auf einen kleinen Akku (55 kWh brutto/51,5 kWh netto).

Audi Q4 40 e-tron im Test

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Wie er sich fährt: Bestens. Sensoren im Fahrersitz melden dem Q4, dass es nun losgehen kann, das erspart die Betätigung des Startknopfes. Es genügt, die Fahrstufe einzulegen - eine sehr elegante Lösung, auf die Audi zwar kein Monopol hat, die aber trotzdem immer wieder überzeugt. Beim Beschleunigen ist das Elektro-SUV sofort hellwach, in 8,5 Sekunden erfolgt die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h, Überholen auf der Landstraße ist ein Kinderspiel. Bei 160 km/h regelt die Elektronik, auch im Sinne des Reichweitenerhalts, ab. Die direkte Lenkung und das straff abgestimmte Fahrwerk erlauben eine sportliche Fahrweise, ohne Komforteinbußen zuzumuten – denn gleichzeitig lässt der immerhin 2,1 Tonnen schwere Q4 eine ausgesprochen relaxte, souveräne Art des Reisens zu.

Die Elektro-Architektur erlaubt es, die Vorderräder besonders weit einzuschlagen. Daraus ergibt sich ein Wendekreis, der mit 10,2 Metern sogar unter dem eines Audi A1 liegt.

Rekuperiert wird über die Fahrstufe B (Brake), die allerdings nicht fürs One-Pedal-Driving reicht, bei dem das Fahrzeug ohne Druck aufs Bremspedal bis zum Stillstand abbremst. Um eine solche Intensivierung zu erreichen, braucht es die Option der Lenkradwippen (100 Euro), über die sich dann drei manuelle Rekuperationsstufen anwählen lassen. Man kann aber auch den „Prädiktiven Effizienzassistenten“ tätig werden lassen, der den Q4 mithilfe der Navidaten und der Verkehrszeichenerkennung situationsbedingt und automatisch segeln oder rekuperieren lässt – und dem Fahrer/der Fahrerin vor Ortseinfahrten oder tempolimitierten Streckenabschnitten beizeiten empfiehlt, den Fuß vom Fahrpedal zu nehmen.

Wie weit er kommt: Mit 521 Kilometern nach Norm ist der heckgetriebene 40 e-tron der Reichweitenkönig im Q4-Programm, übertroffen wird er nur von der Sportback-Variante, die 534 Kilometer schafft. Von dem, was das Papier verheißt, bleibt die Praxis eine ganze Ecke entfernt. Aber: Einigermaßen weit haben auch wir es gebracht, bei milden – und idealen – Außentemperaturen um die 20 Grad waren gut 400 Kilometer verlässlich drin. Die Erfahrungen mit anderen Elektroautos lassen allerdings erwarten, dass sich die Situation bei winterlicher Kälte anders darstellt.

Was er verbraucht: Im Schnitt 18,3 kWh. Darüber darf man sich nicht beschweren.

Wie er lädt: Der Wechselstrom-AC-Wallbox oder -Ladesäule entnimmt der Q4 40 e-tron „Saft“ mit bis zu 11 kW. Das Laden von Gleichstrom (DC) ist mit bis zu 125 kW möglich. Das ist ordentlich, aber nicht überragend. Im günstigsten Fall reicht ein zehnminütiger Ladestopp aus, um Strom für etwa 130 Kilometer Strecke nachzufassen. Der Ladeanschluss folgt dem CCS-System.

Audi Q4 40 e-tron im Test

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Der Batterie verhilft ein aufwendiges Thermomanagement zu idealer Temperierung. Eine Wärmepumpe, die auch die Abwärme von anderen Komponenten des Elektroantriebs zur Beheizung des Innenraums nutzt und so dazu beiträgt, die Resourcen der Antriebsbatterie zu schonen, kostet leider 990 Euro Aufpreis.

Bei der Planung von Langstrecken denkt das Navi mit: Ist das gewünschte Ziel mit der vorhandenen Akkuladung nicht zu erreichen, erfolgt ein entsprechender Hinweis, gleichzeitig schlägt das System sinnvolle Ladestopps vor, bevorzugt an High-Power-Chargern (HPC). In die Routenberechnung fließt dann auch die Dauer der Ladepausen mit ein. Die Navi-Karte ist mit Ladestationen gesprenkelt, auch welcher Art diese sind und welche Leistung sie bieten, wird aufgezeigt. Liegen sie direkt an der Wegstrecke – beispielsweise an einer Raststätte – poppen sie bei aktivierter Zielführung in einem separaten Fenster auf.

Was er bietet: Unter anderem Licht-/Regensensor, elektrisch einstell- und beheizbare Außenspiegel, Klimaautomatik, die einfachste Form des MMI-Multimediasystems, Geschwindigkeitsbegrenzer, Spurverlassenswarner oder das Mode-3-Ladekabel für öffentliches Laden.

Vieles, vieles kostet aber Aufpreis. Die für ein Elektroauto eigentlich unerlässliche Sitz- und Lenkradheizung etwa (340 bzw. 180 Euro), die elektrisch öffnende Heckklappe (490 Euro), das oben und unten abgeflachte Sportlenkrad mit Schaltwippen (300 Euro), die fabelhaften Matrix-LED-Scheinwerfer (1130 Euro), das Assistenzpaket advanced mit Adaptivtempomat und prädiktiver Regelung (1290 Euro), das Fahrwerk mit Dämpferregelung (980 Euro), die MMI Navigation pro mit Virtual Cockpit, Verkehrszeichenerkennung und AR-Head-up-Display (2930 Euro). Bei unserem Testwagen addierten sich allein die Extras auf 21.390 Euro.

Was er kostet: Ab 47.500 Euro. Abzugsfähig ist die volle Innovationsprämie in Höhe von 9570 Euro brutto.

Was wir meinen: Der Audi Q4 e-tron ist eines der besten Elektroautos, die es derzeit gibt. Er erfüllt die markentypischen Premium-Ansprüche, bietet viel Platz, lässt sich ebenso agil wie relaxt bewegen und stellt als Q4 40 e-tron eine langstreckenkonforme Reichweite bereit. Vieles, was anderswo serienmäßig ist, muss allerdings extra bezahlt werden. Und das führt unterm Strich zu einem doch sehr ambitionierten Preis.

Datenblatt: Audi Q4 40 e-tron

Leistung 150 kW/204 PS, max. Drehmoment 310 Nm, Batterietyp Lithium-Ionen, Kapazität 82 kW/h brutto, 76,6 kWh netto, Ladeanschluss Typ 2 (dreiphasig, bis 11 kW) und CCS (bis 125 kW), Spitze 160 km/h (elektronisch abgeregelt), Beschleunigung 0 auf 100 km/h in 8,5 sec, Reichweite WLTP 521 - 447 km, Normverbrauch 20,0 – 17,3 kWh/100 km, Testverbrauch 18,3 kWh, CO2-Emission 0 g/km, Energie-Effizienzklasse A+++. Länge 4,59 m, Breite 2,11 m (inklusive Außenspiegel), Höhe 1,63 m, Kofferraum 520 - 1490 l, Leergewicht (mit Fahrer) 2125 kg, zulässiges Gesamtgewicht 2640 kg, max. Anhängelast ungebremst 1000 kg, gebremst 750 kg. Automatisches 1-Gang-Getriebe, Heckantrieb. Versicherungs-Typklassen 16 (KH), 22 (VK), 22 (TK). Preis ab 47.500 Euro.

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