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Brandgefahr bei Elektroautos: Das sollten Sie im Fall eines Feuers wissen

Ulla Ellmer

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2.8.2023, 12:00 Uhr
Ob Verbrenner- oder Elektroauto: Ein Fahrzeugbrand ist für die Betroffenen immer ein Schockerlebnis.

© imago images/Fotostand Ob Verbrenner- oder Elektroauto: Ein Fahrzeugbrand ist für die Betroffenen immer ein Schockerlebnis.

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"Aus unseren Statistiken gibt es keinerlei Hinweise, dass Elektrofahrzeuge häufiger brennen als Autos mit Verbrennungsmotor", sagt Christian Ponzel, Sprecher beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Ähnlich äußert sich Dennis Heldt vom ADAC Nordbayern: "Elektroautos neigen nicht mehr zum Brennen als Autos mit Verbrennungsmotor, Angst ist absolut unbegründet". Und auch Carsten-Michael Pix, Referent für Feuerwehrthemen beim Deutschen Feuerwehrverband (DFV), nimmt kein besonderes Problem wahr. "Es ist nicht so, dass nun an jeder Ecke ein brennendes Elektroauto steht", formuliert er zugespitzt.

Die Fremantle Highway (Foto) ist nicht der erste Autofrachter, der mutmaßlich wegen eines brennenden Feuer gefangen hat. Schon Anfang 2022 hatte sich ein ähnlicher Vorfall mit der "Felicity Ace" ereignet.

Die Fremantle Highway (Foto) ist nicht der erste Autofrachter, der mutmaßlich wegen eines brennenden Feuer gefangen hat. Schon Anfang 2022 hatte sich ein ähnlicher Vorfall mit der "Felicity Ace" ereignet. © IMAGO/ANP

Prinzipiell sehr. "Keines der aktuellen Elektroautos ist bislang bei einem Crashtest negativ aufgefallen", heißt es vonseiten des ADAC. Aufgrund der optimierten Crashstruktur sei die Sicherheit oft sogar besser als bei herkömmlich angetriebenen Pkw. Hoher Aufwand wird betrieben, um das im Unterboden verbaute Batteriepack vor den Folgen eines Unfalls zu schützen.

Außerdem sind die elektrischen Komponenten eigensicher ausgelegt, wie Dennis Heldt erklärt: "Der Stromfluss der Batterie muss automatisch unterbunden werden, sobald ein Defekt auftritt. Kommt es zu einem Unfall oder wird die Elektrik extern beschädigt und angegriffen, wird die Batterie automatisch von Hochvoltkomponenten und Hochvoltkabeln getrennt".

Zunächst einmal auf ähnliche Weise, wie es bei einem konventionellen Fahrzeug geschieht. Technische Defekte und Verarbeitungsfehler können ebenso eine Rolle spielen wie Versäumnisse oder unsachgemäßes Vorgehen bei der Wartung.

Kritisch wird es dann, wenn die Schutzmechanismen der Antriebsbatterie durch die Wucht eines unfallbedingten Aufpralls beschädigt und verformt werden. Durch die daraus resultierende Hitzeentwicklung entzünden sich womöglich die Batteriezellen, der Akku brennt. Schlimmstenfalls droht der sogenannte "Thermal Runway", das "thermische Durchgehen" – eine Kettenreaktion, bei der eine Batteriezelle die nächste in Brand setzt, selbst wenn sie eigentlich schon gelöscht war. Dadurch vervielfacht sich die Stärke des Feuers nicht nur, sondern es wird immer wieder aufs Neue entfacht.

Eine Selbstentzündung ohne externen Einfluss kommt sehr selten vor. Dass derartiges aufgrund eines Defekts passiere, könne zwar "grundsätzlich nie ganz ausgeschlossen werden", wie Heldt sagt. Doch das gelte für alle Antriebsarten und sei kein spezifisches Problem von Elektroautos.

Letztlich unterliegen Verbrenner und E-Autos schlicht unterschiedlich gearteten Brandrisiken. Bei konventionellen Fahrzeugen kann es zum Beispiel vorkommen, dass Benzin oder Öl auslaufen und mit heißen Fahrzeugteilen in Kontakt geraten, an denen sich die Betriebsflüssigkeiten dann entzünden. Dieser Gefahr ist das E-Auto nicht ausgesetzt.

"Wenn das Elektroauto im Innenraum oder im Kofferraum in Brand gerät, kann ganz normal gelöscht werden, da gibt es keinen Unterschied zu einem anderen Fahrzeug", erläutert Fachmann Pix vom Feuerwehrverband, "der Knackpunkt ist vielmehr der Akku". Wenn er anfängt zu brennen, entsteht – siehe thermisches Durchgehen – eine Eigendynamik. "Weil die Akkus quasi ihren eigenen Sauerstoff mitbringen, lassen sie sich nicht so einfach löschen wie beispielsweise ein Lagerfeuer", sagt Pix. "Wasser drauf, Decke drauf, Feuer aus – das funktioniert so nicht".

Beim E-Auto dauert die Brandbekämpfung verhältnismäßig lang – und es muss reichlich Wasser aufgewendet werden. Dabei geht es nicht um klassische Löscharbeit. "Tatsächlicher Sinn ist das Kühlen", erklärt der Experte, "erst wenn ich vielleicht über eine halbe Stunde hinweg eine Temperatur von 50 bis 60 Grad habe, kann ich davon ausgehen, dass der chemische Prozess unterbrochen wurde".

Prinzipiell ist das Batteriepack zwar wasserdicht verpackt. Das bedeute aber nicht, dass es "unantastbar verkapselt" sei, sagt Pix. Renault stattet E-Auto-Batterien mit einem sogenannten "Fireman Access" aus, einem Art Einfüllstutzen für Löschwasser. Mitunter arbeiten die Feuerwehrleute auch mit sogenannten Löschlanzen, die direkt ins Akkugehäuse eingeschlagen werden. Bei dieser drastischen Maßnahme sei er aber gegenwärtig noch skeptisch, meint Pix: "So ein Akku hat schließlich ein bisschen ein Eigenleben, manchmal ist er nicht ganz freundlich".

"Dass sich Dinge wieder entzünden, ist in der Feuerwehrwelt ganz normal und kann gerade beim Elektroauto immer wieder der Fall sein", erklärt DFV-Fachmann Pix. Für die Feuerwehr ist der Einsatz nach erfolgreicher Brandbekämpfung aber beendet. In aller Regel übernimmt im Anschluss ein Abschleppunternehmen, dem eine gewisse Wachsamkeit empfohlen wird – etwa, indem es das E-Auto etwas abseits abstellt und Brandsensoren sowie eine Überwachungskamera nutzt.

Ja – aber die Gefahr liegt nicht höher als bei Verbrennerfahrzeugen. Dennis Heldt vom ADAC Nordbayern verweist auf "Experimente und Tests, die verdeutlicht haben, dass Explosionen und Brandintensität nicht von der Antriebsart, sondern von den verbauten Materialien, vor allem Kunststoffen, abhängen."

Grundsätzlich genauso wie bei jedem anderen Fahrzeugbrand. Das bedeutet: Machen sich während der Fahrt Rauchentwicklung, Brandgeruch, Funkenflug oder gar Stichflammen bemerkbar, umgehend an den Straßenrand fahren und anhalten. Falls möglich, das Fahrzeug in sicherem Abstand zu anderen Autos, Gebäuden und vor allem brennbaren Gegenständen abstellen. Warnweste überstreifen, das Fahrzeug mitsamt aller Insassen schnellstmöglich verlassen und sich in ausreichende Entfernung begeben. Das bedeutet auch, saubere Luft atmen zu können. Das Warndreieck aufstellen und über die Notrufnummer 112 die Feuerwehr alarmieren, dies unter dem Hinweis, dass es um ein brennendes Elektroauto geht.

Von eigenhändigen Löschversuchen, die ja eine gewisse Nähe zum entflammten Auto bedingen, ist aus Sicherheitsgründen abzuraten. "Man selbst sollte die Hände weglassen und den Profis der Feuerwehr das Löschen überlassen", warnt ADAC-Experte Heldt. Beim Elektroauto erfordert die Brandbekämpfung – siehe oben – besonders viel Wasser. "Ein kleiner Feuerlöscher wird nicht ausreichen, wenn das Auto erst einmal Feuer gefangen hat", sagt Heldt. Ähnlich sieht es auch Carsten-Michael Pix vom Feuerwehrverband: "Gerade an der Autobahn, wo möglicherweise noch die anderen Autos vorbeirasen, kann es nur ins Auge gehen, wenn Sie da mit so einem kleinen Feuerlöscher anfangen".

Wichtige Hinweise liefert die sogenannte Rettungskarte. "Sie beschreibt exakt, wo die Feuerwehr Schneidewerkzeuge am besten ansetzt oder wie das Hochvoltsystem manuell deaktiviert werden kann", erklärt Dennis Heldt und empfiehlt, einen Ausdruck hinter die Sonnenblende zu klemmen, wo die Helfer oft zuerst nachsehen.

Womöglich ist das Fahrzeug an der betreffenden Stelle aber bereits beschädigt oder brennt lichterloh. DFV-Mann Pix verweist auf eine andere, modernere Möglichkeit, die Rettungskräften vielfach bereits offensteht: Im Rahmen der sogenannten Kennzeichenabfrage erhalten sie von der Rettungsleitstelle das Rettungsdatenblatt, dem die wichtigsten Daten und Informationen zu entnehmen sind. Oft wird deshalb schon beim Notruf nach dem Kennzeichen gefragt. So können sich die Einsatzkräfte bereits während der Anfahrt informieren. Nicht vermerkt sind übrigens die persönlichen Daten des Halters.

"Die Batterie entzündet sich nur bei sehr seltenen oder bei schweren Unfällen, daher besteht in der Regel keine Brandgefahr", sagt ADAC-Experte Heldt. Durch die sofortige Unterbrechung des Stromflusses sei Erste Hilfe auch bei einem Elektroauto ohne erhöhte Eigengefährdung möglich. Helfer sollten sich deshalb nicht abschrecken lassen und eingreifen.

Personen aus einem bereits brennenden Wagen zu retten, ist immer eine Heldentat, aber beim E-Auto nicht gefährlicher als bei einem anderen Fahrzeug.

Das kommt auf den Defekt an. Keinesfalls sollte man an die elektrischen Bauteile und die orangefarbenen Kabel herangehen. Besser ist es, professionelle Hilfe anzufordern. Die Pannenhelfer des ADAC etwa kennen sich mit dem Aufbau von Elektrofahrzeugen aus, wissen, wo welche Hochvoltleitung verläuft und wie mit dem Auto umzugehen ist.

"Nein", sagt Dennis Heldt, "die Bedenken vor allem auch gegen Tiefgaragen sind unbegründet". Sinnvoll sei es aber, dafür zu sorgen, dass diese Parkplätze im Notfall gut von den Rettungskräften erreicht werden können. Ladesäulen beispielsweise sind oft in der Ein- und Ausfahrtebene installiert.

Geschlossene Räume wie Tiefgaragen seien "immer ganz schwierige Einsatzorte", erklärt Carsten-Michael Pix vom Feuerwehrverband dazu. "Die Einsatzkräfte haben mit viel Qualm und starker Hitze zu rechnen, die nicht entweichen kann, zudem müssen sie schnell vorgehen und Wasser einsetzen, damit das Gebäude stabil bleibt". Dabei sei es aber "völlig egal", ob es sich beim Brandherd um ein Elektroauto oder ein konventionelles Fahrzeug handelt.

Auch der Versicherungsverband GDV hält einen Tiefgaragen-Platzverweis für E-Autos für unnötig. Die Stadt Kulmbach hat ein Einfahrverbot wieder zurückgenommen, nachdem die zuständige Feuerwehr eine Spezialausrüstung und eine Schulung zur Brandbekämpfung erhalten hat.

Eine sachgerechte und regelmäßige Wartung beugt potenziell gefährlichen Defekten vor. Zudem sollten keine beschädigten Ladekabel verwendet werden und das Aufladen an einer geeigneten Stromquelle erfolgen. Die Schuko-Steckdose erfüllt diesen Anspruch eher nicht. "Befürchtete Risiken beim Laden sind unbegründet, sofern die Wallbox oder Ladeeinrichtung fachmännisch installiert und zertifiziert wurde", sagt ADAC-Experte Heldt. Sind die Ladekabel an einer öffentlichen "Stromtankstelle" augenscheinlich defekt oder gibt es sonstige Probleme mit der Einrichtung, sollte dies unverzüglich dem Betreiber gemeldet und die Ladestation bis zu deren Reparatur nicht genutzt werden.

Nicht unbedingt. Denn auf dem Wasser werden nicht nur fabrikneue E-Autos transportiert. Mit dem wachsenden Bestand nimmt auch die Zahl derjenigen Stromer zu, die ihre Besitzer auf einer Autofähre begleiten – sofern sie das dürfen: Die norwegische Reederei Havila Kystruten etwa erlaubt auf ihren Küstenkreuzfahrtschiffen keine batterieelektrischen-, Hybrid- und Wasserstoffautos mehr und verweist auf die Problematik der Brandbekämpfung, die speziell an Bord zwar bei Verbrennern, nicht aber bei E-Autos zu leisten sei. Für die Reederei sei es "unmöglich, den Zustand einer Autobatterie zu überwachen oder zu wissen, ob sie beschädigt wurde, bevor ein Auto an Bord geht", sagt Havila-Sprecher Marius Riebandt.

Die schwedische TT-Line hingegen hat ihre "Green Ships" sogar mit vorbuchbaren Ladestationen ausgerüstet. "Nach aktueller Studien- und Forschungslage ist die Wahrscheinlichkeit des Brandes eines Elektroautos gleich oder geringer als die eines Fahrzeugs mit Verbrennungsmotor", teilt TT-Line-Sprecherin Sharon Fasch mit; die Brandbekämpfungsmaßen an Bord stünden "im Einklang mit den Empfehlungen zum Umgang insbesondere mit alternativ betriebenen Fahrzeugen", zudem hätten alle Besatzungsmitglieder eine spezielle Ausbildung.

Weil sich die Sichtweisen der Reedereien unterscheiden, sollten E-Mobilisten bei ihrer Reiseplanung auch die Transportbedingungen genau studieren. Nicht auszuschließen ist es sonst, dass das Elektroauto im Hafen zurückbleiben muss.