Steuergelder zweckentfremdet

Der fragwürdige Trick mit der Elektroauto-Prämie

10.3.2023, 15:58 Uhr
Bei Tesla (im Bild das Model 3) ist die Diskrepanz zwischen Neuzulassungen und Bestandszuwachs besonders auffällig.

© Tesla Bei Tesla (im Bild das Model 3) ist die Diskrepanz zwischen Neuzulassungen und Bestandszuwachs besonders auffällig.

Um die Elektromobilität in Fahrt zu bringen, hat sich der deutsche Staat spendabel gezeigt. Käufer von E-Autos wurden – und werden – mit großzügigen Kaufprämien unterstützt.

Einträgliche Einnahmequelle

Darin haben Geschäftemacher aber ziemlich schnell eine einträgliche Einnahmequelle entdeckt. Der Trick geht so: Das Auto wird gekauft und in Deutschland zugelassen, die Prämie von bis zu 9000 Euro dabei eingestrichen. Nach Ablauf der Mindesthaltedauer von sechs Monaten erfolgt dann der Weiterverkauf ins Ausland. Gewinnbringend ist das deshalb, weil gebrauchte Stromer andernorts oft stark nachgefragt sind und deshalb zu höheren Preisen gehandelt werden als in Deutschland. Denn manche Länder legen Förderprogramme für Second-Hand-„Elektriker“ auf. In Dänemark beispielsweise fällt ab einer Laufleistung von 6000 Kilometern keine Luxussteuer bei der Zulassung mehr an.

Es gibt Händler, die sich auf dieses Geschäftsmodell spezialisiert haben und ganz offen damit werben. Denn die Verkaufs-Praktik ist zwar fragwürdig, aber völlig legal. Trotzdem konterkariert sie das, was der Staat eigentlich mit dem Umwelt-Bonus erreichen wollte. Und richtet im deutschen Steuerhaushalt einen hohen Schaden an. „Allein im Jahr 2022 könnte dieses lukrative Geschäft in etwa 380 Millionen Euro an Steuergeldern gekostet haben“, heißt es beim Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach.

Mysteriöser Schwund

Dass an dem Verdacht der vielfach ausgeübten Trickserei etwas dran sein dürfte, kann das CAM mit einer verhältnismäßig einfachen Rechenoperation belegen. So sind von Januar bis Dezember 2022 etwas mehr als 470.000 vollelektrische Autos (sogenannte BEVS) neu in Deutschland zugelassen worden. Gleichzeitig ist der Fahrzeugbestand aber nur um knapp 400.000 Einheiten gestiegen. Daraus ergibt sich eine Differenz von rund 76.000 Autos. Die CAM-Experten gehen davon aus, dass ein Großteil dieser Fahrzeuge nach Einzug der Förderprämie und Ablauf der Mindesthaltedauer ins Ausland verkauft worden ist.

Besonders interessant scheint das Geschäftsmodell im Falle teurer Premium-Stromer zu sein. Bei Tesla betrifft der mysteriöse Schwund nahezu jedes dritte Auto, bei Audi, BMW und Porsche fehlt laut der Studie rund jedes fünfte BEV im deutschen Fahrzeugbestand.

Weniger häufig scheinen preiswertere Elektroautos wieder aus Deutschland zu verschwinden. Beim Renault Zoe beträgt die Quote nur gut neun Prozent, bei VW knapp 14 und bei Hyundai rund 15 Prozent.

Verschärfte Förderregeln

Aus mehreren Gründen ist der legale Trick mit den gebrauchten Elektroautos inzwischen aber weniger lukrativ geworden. Im Zuge der neuen, seit 1. Januar 2023 gültigen Förderrichtlinien hat sich die Mindesthaltedauer von sechs auf zwölf Monate erhöht. Gleichzeitig wurde die maximale Förderprämie von 9000 auf 6750 Euro reduziert. Schon jetzt gehen BEVs, deren Nettolistenpreis 65.000 Euro überschreitet, leer aus. Und ab dem 1. April 2024 sinkt die Fördergrenze auf 45.000 Euro.

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