Elektrisch ohne Stecker

Im Fahrbericht: Honda HR-V e:HEV

Ulla Ellmer

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2.10.2022, 15:14 Uhr
Im Fahrbericht: Honda HR-V e:HEV

© Hersteller

Wie er aussieht: Die dritte Generation des HR-V will Honda als Coupé-SUV verstanden wissen. Heißt: Der hohe Aufbau geht eine Verbindung mit einer schicken Dachschräge ein, die dem stämmigen Auftritt eine elegante Abschlussnote verleiht. Bei der Proportionierung hatten die Designer ein glückliches Händchen, der HR-V wirkt strahlt eine stimmige Ruhe aus, von der selbstbewussten Front über die in der C-Säule versteckten hinteren Türgriffe bis hin zum dekorativen Leuchtenband am Heck. Gleichzeitig sieht der Japaner größer aus, als er mit seinen 4,34 Metern Länge und 2,03 Metern Breite tatsächlich ist.

Wie er eingerichtet ist: Das Interieur wird allen gefallen, die es gern ordentlich haben. Was man so braucht an Bedienelementen, führt eine aufgeräumte und übersichtliche Koexistenz. Wie heutzutage üblich vermitteln animierte Rundinstrumente die Fahrinfos, der mittig auf dem Armaturenträger platzierte Touchscreen verkörpert mit seinen 9 Zoll kein XL-Format, zeigt aber ausreichend Größe. Gefreut haben wir uns über den aufgesetzten Knopf für die Lautstärke, nicht alles war früher schlecht, der haptische Dreh ist noch immer unschlagbar funktional. Auch die Klimatisierung lässt sich über klassische Bedienelemente regeln, Sitz- und Lenkradheizung eingeschlossen.

Zu Materialauswahl und -güte lässt sich sagen, dass sie eine stilsichere Solidität vermitteln, der verbaute Kunststoff trägt eine Narbenstruktur als Make-up, das befördert den Eindruck von Wertigkeit.

Im Fahrbericht: Honda HR-V e:HEV

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Wie viel Platz er hat: Hier gibt es von viel Licht und etwas Schatten zu berichten. Fangen wir mit dem Schatten an: Der Gepäckraum weist mit seinen 319 Litern ein eher bescheidenes Maß auf, der VW Golf 8 beispielsweise bringt es auf 381 Liter. Wenn man allerdings die Rücksitzlehnen umklappt, wächst das Volumen nicht nur auf 1289 Liter, sondern es ergibt sich – und da sind wir schon beim Licht – eine komplett ebene und daher bestens nutzbare Ladefläche von bis zu 1,90 Metern Länge. Überraschend üppig fällt auch die Knie- und Beinfreiheit für die Hinterbänkler aus, was dazu führt, dass selbst erwachsene Fondpassagiere Langstrecken ohne Ach und Weh überstehen.

Vor allem aber ist mit dem rückwärtigen Sitzmöbel in besonderer Art und Weise zu verfahren. „Magic Seats“ nennt Honda das Konzept: Die Sitzflächen lassen sich wie bei Kinosesseln kurzerhand hochklappen und eröffnen so eine Unterbringungsmöglichkeit für sperrigeres Frachtgut, das im Kofferraum nicht so ohne weiteres mitreisen könnte.

Anhängerbetrieb ist für den HR-V nicht vorgesehen, dementsprechend gibt es auch keine Anhängerkupplung. Wer Fahrräder transportieren möchte, kann aber aus dem Zubehörprogramm einen "Bicycle Carrier" bestellen.

Was ihn antreibt: Hier wird es interessant – und nicht ganz unkompliziert. Denn das Hybridsystem des HR-V e:HEV ist ein spezielles. Man kennt es bereits vom Honda Jazz, auch der neue Civic nutzt es. Wir versuchen eine Erklärung: Der 1,5-l-Benziner an Bord – 79 kW/107 PS stark – ist in den allermeisten Fahrsituationen gar nicht für den Vortrieb zuständig. Seine Aufgabe besteht vielmehr darin, einen kleinen Elektromotor anzutreiben, der wiederum als Generator dient und Strom produziert. Dieser Strom fließt über eine Batterie als Zwischenspeicher in einen zweiten, größeren Elektromotor. Er ist es dann, der die Vorderräder antreibt, seine 96 kW/131 PS definieren deshalb auch die Systemleistung.

Damit ist aber noch nicht alles gesagt. Denn wer wann tätig wird, hängt vom Antriebsmodus und der gefahrenen Geschwindigkeit ab. Im elektrischen Modus (EV) und im Hybridmodus – da bei niedriger bis mittlerer Geschwindigkeit – greift das oben geschilderte Prozedere. Wird ein gleichmäßig höheres Tempo vorgelegt, wechselt das System in den „Engine Drive“. Das bedeutet, dass die Überbrückungskupplung eine direkte Verbindung zwischen dem Benziner und den Antriebsrädern herstellt. Der Elektromotor macht dann Pause. Erst im oberen Geschwindigkeitsbereich erfolgt wieder der Switch zurück in den Hybridmodus, der dann der effizientere ist.

Im Fahrbericht: Honda HR-V e:HEV

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Auch via Rekuperation wird die Batterie geladen. Dazu stellt der HR-V die Fahrstufe „B“ bereit. Der Grad der Energierückgewinnung lässt sich über Schaltwippen am Lenkrad variieren.

Wie er sich fährt: Relaxt, vor allem in der Stadt und beim gemütlichen Cruisen über die Landstraße. Angefahren wird immer elektrisch, das Wechselspiel zwischen EV- und Hybridmodus erfolgt unauffällig und weitgehend unbemerkt, wer genau wissen möchte, was sich tut, kann die Energieflussanzeige im Fahrerdisplay konsultieren. So weit, so gut und erfreulich. Doch wenn es ans stärkere Beschleunigen mit entsprechendem Tritt aufs Gaspedal geht, hält es der HR-V mit Jennifer Lopez, die da einst „Let’s get loud“ gesungen hat. Die vormalige Ruhe an Bord weicht einer, vorsichtig formuliert, ziemlich herzhaften Geräuschkulisse. Die – ohnehin nicht sehr hohe – Topspeed von 170 km/h haben wir deshalb nur selten ausgereizt und uns auf der Autobahn auf die entspannte Richtgeschwindigkeit 130 verlegt.

Das Fahrwerk ist von den Honda-Ingenieuren ausgewogen, tendenziell aber eher straff abgestimmt worden, auf Störstellen im Asphalt reagiert es mitunter etwas harsch.

Was er verbraucht: Der HR-V ist ein sparsames Auto, vor allem in der Stadt, wo es sich effektiv rekuperieren lässt. Den Normwert von 5,4 l/100 km kann man nicht nur einhalten, sondern auch unterbieten. Auf unserer Sparrunde haben wir 4,1 l verbraucht, die Autobahnfahrt schlug mit 6,4 l zu Buche. Als Schnitt hielten wir 5,6 l fest.

Was er bietet: Das Basismodell heißt „Elegance“ und bietet mehr als nur Magerkost. Zur sehr umfangreichen Serienausstattung gehören neben Navi, Infotainment, Rückfahrkamera, Sitzheizung und Klimaautomatik auch die Magic-Seats, 18-Zoll-Leichtmetallfelgen sowie ein breit angelegtes Sortiment an Assistenzsystemen, das vom Adaptivtempomat mit Stauassistent über den Fernlicht- und Spurhalteassistenten bis hin zur Verkehrszeichenerkennung sowie dem Kollisionswarnsystem mit Fußgängererkennung und Bremseingriff reicht. Sieht man einmal vom Totwinkelassistenten ab, bringen auch die beiden höher positionierten Ausstattungsvarianten „Advance“ und „Advance Style“ nicht mehr Fahrhelfer mit. Ansonsten haben sie dem Einstiegsmodell unter anderem eine elektrische Heckklappe, Zweizonen-Klimaautomatik, Lederlenkrad sowie (Advance Style) Zweifarblackierung, Dachreling und kabelloses Smartphone-Laden voraus.

Im Fahrbericht: Honda HR-V e:HEV

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Was er kostet: Ab 31.300 Euro. In den „Advance“ sind 33.600, in den „Advance Style“ 36.400 Euro zu investieren.

Was wir meinen: Der Honda HR-V e:HEV hat es verdient, bei SUV-Käufern in den engeren Bewerberkreis aufgenommen zu werden. Nicht nur, weil er optisch wohlgeraten ist. Sondern vor allem, weil er mit seinen praktischen Magic Seats und dem gleichermaßen speziellen wie sparsamen Hybridsystem Alleinstellungsmerkmale bietet. Dass er nicht zu den extern aufladbaren Plug-in-Hybriden zählt, wäre vor Jahresfrist womöglich noch als Minuspunkt gewertet worden. Angesichts der absehbar endenden staatlichen Förderung ist das heute aber kein Schaden mehr, sondern eher ein Vorzug.

Die Daten des Honda HR-V e:HEV

Antrieb Vollhybrid, Frontantrieb, e-CVT Direktantrieb

VERBRENNUNGSMOTOR:

Hubraum 1498 ccm

Zylinder 4

Leistung 79 kW/107 PS bei 6000 - 6400/min

max. Drehmoment 131 Nm bei 4500 - 5000/min

ELEKTROMOTOR:

Leistung 96 kW/131 PS

Max. Drehmoment 253 Nm


Höchstgeschwindigkeit 170 km/h

Beschleunigung 0 auf 100 km/h 10,6 sec


Normverbrauch WLTP 5,7 l S/100

Testverbrauch 5,6 l S pro 100 km

CO2-Emission 122 g/km

Schadstoffnorm Euro 6d

Energie-Effizienzklasse A+


Länge 4,34 m

Breite 2,03 m (mit Außenspiegeln)

Höhe 1,58 m

Sitzplätze 5

Kofferraum 319 bis 1298 l

Kraftstoff-Tank 40 l

Leergewicht 1452 kg

zulässiges Gesamtgewicht 1870 kg

Zuladung 518 kg


Versicherungs-Typklassen 17 (KH), 16 (TK), 13 (VK)

Preis ab 31.300 Euro

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