Bei Astra und Grandland

Opel bringt den GSe zurück

Ulla Ellmer

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26.1.2023, 22:18 Uhr
Opel Astra GSe: Aus "Grand Sport Einspritzung" wird "Grand Sport electric".

© Hersteller Opel Astra GSe: Aus "Grand Sport Einspritzung" wird "Grand Sport electric".

Um den Ursprung der drei Buchstaben „GSe“ zu ergründen, muss man tief in die Opel-Historie abtauchen: Schon 1968 rief Rüsselsheim den Commodore GS/E zum Dienst, dessen Reihensechszylinder für damalige Verhältnisse durchaus reputierliche 150 PS entwickelte. 1983 debütierte der Monza GSE, auch er trug einen Sechszylinder unter der Haube, 179 PS bot er auf.

„GS/E“, das stand für „Grand Sport Einspritzung“, ein etwas hölzerner Begriff, der später zu „Grand Sport Injection“ internationalisiert wurde und ab 1984 den Kadett GSi schmückte; sein Auftrag war es, dem VW Golf GTI Paroli zu bieten. Auch einen Corsa GSi, einen Manta GSi oder einen Insignia GSi sollte die automobile Welt noch kennenlernen.

Der GSe ist der stärkste Astra. Seine Systemleistung beträgt 225 PS.

Der GSe ist der stärkste Astra. Seine Systemleistung beträgt 225 PS. © Hersteller

Anno 2023 ist das Sportabzeichen zurück und sogar zum Status einer Submarke aufgestiegen. Angepasst an die neuen Zeitläufte schreibt sich „GSe“ jetzt mit kleinem e, ausformuliert bedeutet das „Grand Sport electric“. Wie ehedem wird das Gütesiegel den extrasportlichen Topmodellen einer Baureihe angeheftet – stärker (und teurer) als die jeweilige GSe-Version ist kein anderer Astra und kein anderer Grandland, in beiden Fällen handelt es sich um Plug-in-Hybride.

64 Kilometer lokal emissionsfrei

Beim Astra resultiert die dynamische Performance aus dem Zusammenspiel eines 133 kW/180 PS starken 1,6-l-Vierzylinders mit einem Elektromotor, der 81,2 kW/110 PS beisteuert, in Addition erbringt das Duo eine Systemleistung von 165 kW/225 PS und ein Drehmoment von 360 Newtonmetern. Die elektrische Energie wird in einem 12,4-kWh-Lithium-Ionen-Akku abgespeichert, Opel verspricht eine E-Reichweite von bis zu 64 Kilometern. In zwei Stunden soll die Batterie voll aufzuladen sein, dazu braucht es aber erstens eine 22-kW-Wallbox und zweitens den leistungsfähigeren 7,4-kW-Onboardlader, der 500 Euro Aufpreis kostet.

GSe-Cockpit: Digitales Fahrerinstrumentarium, Touchscreen - und auch noch physische Bedienelemente.

GSe-Cockpit: Digitales Fahrerinstrumentarium, Touchscreen - und auch noch physische Bedienelemente. © Hersteller

Optisch transportiert der Astra GSe sein sportliches Wesen mithilfe besonderer 18-Zoll-Leichtmetallräder (adaptiert vom auf Elektroantrieb umgerüsteten Manta GSe ElektroMOD), außerdem fährt der Kompakte eine spezifisch gestaltete Front sowie einen Heckdiffusor spazieren. Das Interieur ist mit Alcantara-Performance-Sitzen samt AGR-Siegel (Aktion Gesunder Rücken) möbliert, zur Serienausstattung zählen unter anderem Multimedia-Navi, 360-Grad-Kamera, Sitz- und Lenkradheizung, Zweizonen-Klimatisierungsautomatik sowie ein umfangreiches Sortiment an Fahrassistenten.

An technischem Rüstzeug gibt Opel dem GSe zunächst ein um einen Zentimeter abgesenktes Fahrwerk mit, ferner eine dezidiert sportlich abgestimmte Lenkung sowie sogenannte „frequenzselektive Dämpfer“ von Koni, die sich bei ihrem Tun nach der Bewegungsfrequenz des Fahrzeugs und somit nach der Fahrsituation richten – auf sportliche Unternehmungen reagieren die FSD-Dämpfer mit Härte, eine komfortorientierte Fahrweise quittieren sie mit Milde.

Das funktioniert: Erkennbar hat der Astra GSe Freude am schnellen Gekurve über schlängeliges Geläuf, spaßig spurstabil absolviert er solche Flitzereien. Wenn es der Fahrer andererseits eher gemütlich angehen lässt, wird er zufrieden feststellen, dass Bodenunebenheiten mit angemessener Sorgfalt herausgefiltert werden. Die Interaktion zwischen Verbrenner und E-Motor erfolgt harmonisch, die Achtgang-Wandlerautomatik trifft stets die richtige Entscheidung. Sobald der Akku leer ist und der Benziner die alleinige Verantwortung trägt, steigt allerdings der Geräuschpegel und mangels elektrischer Unterstützung geht auch das dynamische Feeling etwas verloren. Nicht so recht trauen wollen wir dem E-Reichweiten-Versprechen, trotz vollgeladener Batterie stellte uns der Bordcomputer nur knapp 30 Kilometer in Aussicht. Hier wird eine ausführlichere Erprobung nähere Erkenntnisse bringen müssen, ebenso wie über den Verbrauch, die werksseitig angegebenen 1,2 l/100 km markieren den üblichen realitätsfernen Mondwert.

Nicht versäumen wollen wir den Hinweis auf die Fahrleistungen: Den Sprint von 0 auf 100 schafft der Astra GSe in 7,5 Sekunden, in der Spitze rennt er 235 km/h, rein elektrisch sind 135 km/h möglich.

Den Astra GSe gibt es auch als Kombi "Sports Tourer".

Den Astra GSe gibt es auch als Kombi "Sports Tourer". © Hersteller

Opel bietet den Astra GSe nicht nur als Fünftürer, sondern auch als „Sports Tourer“ an. Der Kombi wird allerdings erst ab Frühjahr bestellbar sein und nicht vor Ende 2023/Anfang 2024 ausgeliefert. Deshalb gibt es auch noch keine Preise. Auszugehen ist aber davon, dass auf jene 45.510 Euro, die – mindestens – für den Fünftürer anfallen, noch einmal 1200 Euro draufgeschlagen werden.

Grandland als Flaggschiff

Eine noch höhere Investition erfordert naturgemäß der Grandland GSe, nach dem Hinscheiden des Insignia stellt das Kompakt-SUV ohnehin schon das Flaggschiff des Hauses Opel. Als „Grand Sport electric“ kostet der Grandland stolze 57.600 Euro, wie beim Astra bekommt der Kunde dafür eine generöse Ausstattung, die auch eine elektrische Heckklappe umfasst, ebenso wie ein schwarz abgesetztes Dach. Optional lässt sich auch die Motorhaube in schickem Schwarz ordern. Nach einem Head-up-Display durchsucht man die Preisliste allerdings vergeblich.

In Sachen Leistung toppt der Grandland den Astra noch: Gemeinsam schaffen ein 1,6-l-Turbobenziner mit 147 kW/200 PS sowie ein E-Motor an der Vorderachse (81,2 kW/110 PS) und ein weiterer (83 kW/113 PS) an der Hinterachse, daraus ergibt sich Allradantrieb, die Systemleistung liegt bei 221 kW/300 PS, das Drehmoment bei 520 Newtonmetern. An Akkukapazität stehen 14,2 kWh bereit, die rein elektrische Reichweite beträgt nach Norm bis zu 63 Kilometer, wir haben nur 36 geschafft.

Für die CO2-Bilanz

Im Stellantis-Konzern sind Astra und Grandland etwa mit den Peugeot-Modellen 308 beziehungsweise 3008 verschwistert. Wie die französische Konzernmarke hält auch Opel am Plug-in-Hybrid fest, dass der Staat keine Kaufprämie mehr spendiert, ficht die Treue nicht an. Die Teilzeitstromer seien nach wie vor ein gutes Angebot „für Menschen, die mit der E-Mobilität noch nicht so recht warm werden“, sagt Opel-Sprecher Patrick Munsch. Zudem zählt man auf Dienstwagenfahrer, denen die vergünstigte 0,5-Prozent-Versteuerung schließlich erhalten geblieben ist. Und nicht zuletzt braucht Opel – wie alle Hersteller - die Plug-in-Hybride, um seine CO2-Flottenbilanz zu drücken.

300 PS: Wer das in einem Kompakt-SUV braucht und bereit ist, mindestens 57.600 Euro zu bezahlen, wird beim Grandland GSe fündig.

300 PS: Wer das in einem Kompakt-SUV braucht und bereit ist, mindestens 57.600 Euro zu bezahlen, wird beim Grandland GSe fündig. © Hersteller

Ab 2028 wollen die Rüsselsheimer nurmehr rein elektrische Modelle neu ins Programm nehmen. Bedeutet das dann schon wieder das Ende der neuen Submarke GSe? Wohl nicht. Denn über kurz oder lang dürften auch Vollelektriker wie Corsa-e, Mokka-e oder der eben erst vorgestellte Astra-e das traditionsreiche Sportabzeichen tragen.

Opel Astra GSe und Opel Grandland GSe in Kürze:

Wann sie kommen: Astra GSe Fünftürer und Grandland GSe bereits konfigurierbar, Astra Sports Tourer GSe wird voraussichtlich ab April. Lieferzeiten unter Vorbehalt vier bis sechs Monate.

Wen sie ins Visier nehmen: Außer VW Golf GTE (derzeit nicht konfigurierbar) keine direkten Mitbewerber.

Was sie antreibt: Plug-in-Hybrid-Antrieb. Astra GSe mit 165 kW/225 PS, Grandland GSe mit 221 kW/300 PS Systemleistung.

Was sie kosten: Astra GSe ab 45.510 Euro, Grandland GSe ab 57.600 Euro.

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