V12 mit 725 PS – Ab 390.000 Euro

Superstark und superteuer: Ferrari bringt sein erstes SUV

Ulla Ellmer

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14.9.2022, 16:09 Uhr
Superstark und superteuer: Ferrari bringt sein erstes SUV

© Hersteller

Schadstoffemissionen, CO2-Grenzwerte, Downsizing beim Antrieb: Wer einen Ferrari fährt oder die Marke aus Maranello zumindest aus der preislich bedingten Ferne anbetet, lässt sich von solchen Störfaktoren nur selten in seiner Faszination stören.

Wirklich ein SUV?

Auch der Purosangue – zu deutsch „Vollblut“ – enttäuscht die Petrolheads nicht. Pünktlich zum 75. Geburtstag hat Ferrari sich und seinen Fans das gegönnt, um das man lange Zeit herummanövriert ist: Ein erstes SUV. Wobei die drei Buchstaben das Wesen des Viertürers eigentlich nicht wirklich treffen und auch gar nicht treffen sollen. Anders als der klotzige Lamborghini Urus oder der nicht minder wuchtige Rolls Royce Cullinan ist der Purosangue von standesgemäß sportlichem Zuschnitt, wenn überhaupt, ließe er sich eher als Crossover klassifizieren, ein eleganter und 4,97 Meter langer Mix aus Sportcoupé und, nun ja, dann halt doch einem SUV, immerhin gibt es Allradantrieb und eine Bodenfreiheit von 18,5 Zentimetern.

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Voluminös präsentieren sich die Lufteinlässe an der Front, lang streckt sich die Schnauze, von mächtigem Format sind die Räder, vorne 22, hinten 23 Zoll. Besonderheit: Die Türen öffnen elektrisch und gegenläufig, die B-Säule aber bleibt, der Stabilität wegen.

So ganz hat auch Ferrari die Zeichen der Zeit irgendwann nicht mehr ignorieren können, vier Hybride führen die Italiener schon im Programm, bis 2030 sollen alle Modelle aus Maranello zumindest einen Elektromotor an Bord haben, für 2025 ist der erste vollelektrische Ferrari angekündigt.

Von Strom keine Spur

Beim Purosangue gibt es aber von Strom keine Spur. Ihn befeuert ein 533 kW/725 PS starker 6,5-l-V12, kein Turbo, sondern ein mehr oder weniger komplett überarbeiteter Saugmotor aus der F140-Reihe, Codenummer F140IA. Er befähigt das 2033-Kilogramm-Vollblut zu einer Topspeed von 310 km/h und dem 0-auf-100-Sprint binnen 3,3 Sekunden. Nach 10,6 Sekunden fällt die 200er-Marke. Ferraristi werden die Augen glänzen, anderen dürften sich die Haare sträuben.

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Das maximale Drehmoment von 716 Newtonmetern liegt bei 6250 Touren an, aber schon ab 2100 U/min, sagt Ferrari, stehen 80 Prozent zur Verfügung. Der V12 sitzt als Front-Mittelmotor hinter der Vorderachse, die Antriebskräfte werden über ein nach Transaxle-Prinzip verbautes Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe – sieben Sportgänge, ein lang ausgelegter achter Gang für die Langstrecke – an die Hinterachse transferiert. Zumindest im Regelfall. Denn die vor dem V12 angekoppelte Power Transfer Unit (PTU) kann über einen zweiten Kurbelwellenausgang ein separates Zweigang-Dopelkuppplungsgetriebe antreiben, das wiederum für die mit Torque Vectoring ausgestattete Vorderachse zuständig ist.

Als erster Ferrari überhaupt verfügt der Purosangue über eine Hill Descent Control (HDC) für steile Bergabfahrstrecken mit voreingestellter Geschwindigkeit. Außerdem gibt es Vierradlenkung sowie ein aktives Federungssystem, das die Wankbewegungen der Karosserie in Kurven kontrolliert.

Blick nach drinnen: Das Cockpit bietet für Fahrer(in) und Beifahrer(in) jeweils eine Bildschirm-Einheit, im Lenkrad sitzt der unerlässliche Manettino-Schalter, über den sich verschiedene Parameter ansteuern, um vom Sport- in den Racemodus zu wechseln oder das Fahrverhalten an nasse Straßen anzupassen. Statt einer Dreier-Rückbank stellt der Fond zwei beheizbare Einzelsitze mit umklappbaren Lehnen bereit, so lässt sich der 473-Liter-Kofferraum erweitern.

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Über Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen äußert sich Ferrari unter Verweis auf die laufende Homologation noch nicht. Vorsorglich hat man dem Purosangue aber einen 100-Liter-Tank mitgegeben. Und ein bisschen Öko kommt doch vor: Der Dachhimmel, so lässt Ferrari wissen, bestehe aus recyceltem Polyester, der Teppich aus Polyamid, das aus Fischernetzen aus den Weltmeeren recycelt wurde, auch das Alcantara weise einen 68-prozentigen Anteil recycelten Polyesters auf. Dass anstelle des traditionellen Teppichs oder Leders für den Bodenbelag ein kugelsicheres, ballistisches Gewebe gewählt werden kann, wirft ein beredtes Licht auf die Zielgruppen, die man (auch) anspricht.

Mit Luxus-SUVs lässt sich gutes Geld verdienen. Neben Lamborghini Urus oder Rolls Royce beweisen das auch Bentley Bentayga oder Aston Martin DBX707. Ferrari wird dies aufmerksam registriert haben. Dominanz über die eigentlichen Renner des Hauses will man dem Purosangue aber nicht zubilligen. Deshalb wird er eingebremst - mehr als 20 Prozent des Verkaufsvolumens soll er nicht tragen dürfen. Eine tapfere Entscheidung: Denn trotz eines Preises von mindestens 390.000 Euro könnten die Italiener schon jetzt weit mehr Vollblüter verkaufen, als es die Quote hergibt.

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