Diese Region ist Franken sehr ähnlich

Bier trinken und dann in die Therme - das geht so nur in Österreichs Innviertel

Matthias Oberth

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22.4.2023, 05:55 Uhr
Brauereichef Christof Scheriau ist nicht nur auf die komplett aus Kupfer bestehenden Sudkessel stolz. Gemeinsam mit seiner Frau Doris Scheriau-Raschhofer leitet er seit 1999 die Brauerei Raschhofer in Altheim.

© Matthias Oberth Brauereichef Christof Scheriau ist nicht nur auf die komplett aus Kupfer bestehenden Sudkessel stolz. Gemeinsam mit seiner Frau Doris Scheriau-Raschhofer leitet er seit 1999 die Brauerei Raschhofer in Altheim.

Der Inn ist, von Passau aus betrachtet, ein respektables Stück lang der Grenzfluss zwischen Deutschland und Österreich. Vom bayerischen Bäderdreieck ist es beispielsweise nur ein Katzensprung hinüber in einen Landstrich voller kulinarischer, kultureller und touristischer Höhepunkte. Bier bietet dazu den perfekten Einstieg.

Schließlich nimmt das Innviertel für sich in Anspruch, die höchste Brauereidichte Österreichs aufzuweisen. Klar, Oberfranken mit seinen rund 200 Braustätten blickt müde lächelnd auf die rund 60 Brauereien Oberösterreichs, aber was sich die dortige Brauerszene fernab von Zipfer und Gösser in den vergangenen Jahren einfallen hat lassen, ist aller Ehren wert.

Exemplarisch für die Vielfalt stehen zehn Privatbrauereien, die sich zu Vermarktungszwecken zusammengeschlossen haben und gleichzeitig durch ihre Individualität beeindrucken. Eine davon ist die von Martin Erlinger, der mit seinem Bruder Florian Treubach die Kleinstbrauerei Pfesch betreibt. Die Erlingers sind eigentlich eine klassische Bauernfamilie des Innviertels, die ihre Landwirtschaft auf Bio umgestellt haben. Heute empfangen die Besucher eine gackernde Hühnerschar mit stolzem Hahn, im Talgrund plätschert in sanften Windungen der Bach vorbei und - etwas überraschend - die hölzernen Stangen eines Hopfengartens ragen in den Himmel.

Allein das Einbrauen dauert acht Stunden

Wer sich hier zum Brauseminar angemeldet hat, der soll und muss Zeit mitbringen. "Das Schöne am Bierbrauen ist, es braucht acht Stunden - ob man will oder nicht", sagt Martin Erlinger. Die Zeit wird dort gut genutzt: Es wird viel erklärt, probiert und mitgeholfen. Natürlich ist es nicht zuletzt moderne Technik, die hilft, dass in den beiden Sudkesseln mit ihren lediglich 500 und 1.000 Fassungsvermögen am Ende die unterschiedlichsten Biersorten entstehen.

Während der Sud im Braukessel blubbert, sprechen Martin und Florian über Wasserqualität (eigener Brunnen, 60 Meter tief, etwas eisenhaltig), Jodprobe (ist die Stärke in der Maische vollständig in Zucker umgewandelt) und die lange Haltbarkeit von Bier (der Sud des Osterbocks wird nur zur Hälfte abgefüllt, die andere Hälfte bleibt bis zum nächsten Jahr im Lagertank). Und im Nebenraum führt Martins Ehefrau Johanna in die Kunst der "Bierstangerl-Produktion" ein, die anschließend im Holzbackofen fertiggestellt werden.

Statt Erdöl sprudelte heißes Wasser aus dem Bohrloch

Wer nach solch einem anstrengenden Tag Entspannung sucht, der kommt an der Therme Geinberg nicht vorbei. Hier wurde - wie vielerorts in Österreich - nach Erdöl gebohrt. Stattdessen stieß man auf 90 Grad heißes Wasser, das mit 20 Liter pro Sekunde aus dem Boden schießt. In den vergangenen fast 30 Jahren ist in der kleinen Gemeinde eine Thermenlandschaft mit 3.000 Quadratmetern Wasserfläche entstanden. Besonders stolz sind die Betreiber auf ihre "Oriental World". Ein Wellnessbereich, wo im Hammam der orientalischen Badekultur nachgespürt wird.

Nach der Erholung wird mit frischem Elan die Bierwelt des Innviertels weiter erkundet. Etwa in der Brauerei Raschhofer, die seit 1645 in Altheim Bier braut. Brauereichef Christof Scheriau ist nicht nur auf die komplett aus Vollkupfer bestehenden Sudkessel stolz. Wenn er durch den "Brauturm" führt, wird es gerne mal etwas philosophisch. Bier ist eben durchaus mehr als "Wasser, Hopfen und Malz". Regionale Wertschöpfung, bewusster Umgang mit den natürlichen Ressourcen, hohe Qualitätsstandards.

Er und seine Frau Doris waren einst erfolgreiche Banker in Wien. Der tragische Unfalltod des Bruders Doris Scheriau-Raschhofer lenkte die Karriere des Ehepaars in eine andere Richtung und das Ehepaar kehrte nach Altheim zurück. "Keine leichte Zeit", erinnert sich Christof Scheriau.

Dreifaltigkeit von Stammtisch, Frühschoppen und Sonntagsbraten

Neben den Raschhofers kann Altheim noch mit der Brauerei Wurmhöringer aufwarten. Im dazugehörigen Gasthof in der Ortsmitte wird die Dreifaltigkeit von Stammtisch, Frühschoppen und Sonntagsbraten gepflegt. Im Innviertel darf zudem der legendäre Knödel nicht fehlen. Ein Abstecher zum "Englwirt" in Altheim ist hier Pflicht. Ob im Biergarten oder der rustikal-modernen Wirtsstube, die Knödel gefüllt mit Grammeln, Geselchtem oder grünem Speck könnten deftiger nicht sein und verlangen trotzdem nach einem Nachschlag, der anschließend mit einem der feinen Brände aus den Früchten der umliegenden Streuobstwiesen heruntergespült werden muss.

Wer sich stattdessen eher in Richtung regionaler Hauben - also Sterneküche - bewegen möchte, der braucht das Inntal nicht verlassen. Kirchheim liegt nur wenige Kilometer von Altheim entfernt. Dort haben Sybille und Florian Schlöglmann im "Wirt z´Kraxenberg" sich zwischenzeitlich einen Stern erarbeitet. Die Stimmung im Restaurant ist gelöst, das Niveau der Küche hoch. Das Publikum ist bunt gemischt und keineswegs so steif, wie es sich für ein Haus der Spitzenküche erwarten lässt.

Von Bayern aus mit dem Rad das Innviertel erkunden

Wer das Innviertel in all´ seinen Facetten auskosten will, sollte auch den Bräuer-Altar von Thomas Schwanthaler in der Rieder Pfarrkirche besuchen, das Trappistenbier der Mönche im Stift Engelszell probieren, den Aussichtsturm in Obernberg besteigen oder das Augustiner-Chorherrenstift in Reichersberg erkunden. Dazu brauchen Sie ein Auto. Doch inzwischen nutzen immer mehr Radfahrer, die eigentlich auf der bayerischen Seite ihr Quartier aufgeschlagen haben, das kulinarische und kulturelle Angebot im Innviertel und kehren oftmals mit vollgepackten Satteltaschen zurück. Das E-Bike macht´s möglich - und einer kleinen Bierprobe steht so auch weniger mehr im Wege.

Mehr Informationen:
Tourismusverband s`Innviertel, Tel.: 00 43 / 77 23 / 85 55
www.innviertel-tourismus.at
Bierregion Innviertel: www.bierregion.at
Anreise:
Mit dem Auto von Nürnberg über die A3 Regensburg/Passau auf die A8 bis zur Ausfahrt Ort im Innkreis, dann den Schildern Richtung Braunau/Altheim folgen. Strecke rund 270 Kilometer.
Mit der Bahn: ICE Richtung Wien, umsteigen in Passau Richtung Neumarkt-Kallham, dann Regionalbahn Richtung Braunau, Haltestelle Geinberg. Fahrzeit ca. 3.45 Stunden.
Übernachtung:
Vom Hotelzimmer bis zur Spa-Villa:
Therme Geinberg
www.therme-geinberg.at
Historisches Ambiente:
Hotel zur Post in Obernberg,
www.gh-zurpost.at

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