Sehnsucht nach Sonne und Meer
Im Frühling flott auf die warme Insel: So schnell sind Sie in Grado an der Adria
27.5.2023, 06:00 UhrDie ganze Schönheit der Città vecchia, der Altstadt von Grado, erschließt sich einem auf der Stadtmauer. Am Horizont schimmert silbern das Mittelmeer. Tritt man die Stufen von der wehrhaften Mauer herab, die die Stadt vor den Gewalten der Adria schützen soll, dann treibt man durch ein zauberhaftes Labyrinth aus Wasserkanälen, engen Gassen, Kapellen, urigen Trattorien und der Markthalle. In der stapeln sich wagenradgroße Mortadella-Wurst, duftende Schinkenlaibe, Berge von appetitlichem Obst und frisches Gemüse.
Das kleine Grado ist weniger überlaufen als seine prominenten Nachbarn, denn vom Massentourismus ist die Adria-Insel bisher verschont geblieben - obwohl wir sie in nur sieben Stunden ab Nürnberg erreichen.
Während in Venedig und Triest Kreuzfahrtschiffe jeden Tag tausende Touristen in die Gassen spülen, herrscht auf Grado meist himmlische Ruhe, vor allem jetzt. Denn auch für die allermeisten Deutschen ist das Eiland der kürzeste Weg ans Mittelmeer, liegt sie doch im nördlichsten Zipfel der Adria.
Hier ist im Mai schon lange Sommer
Wenn an Nord- und Ostsee noch die Frühjahrsstürme über die Strände fegen, dann haben ab März und somit schon seit Wochen auf Grado die Straßencafés geöffnet. Die Kellner tragen herrlich duftenden Kaffee zu Tisch und die Sonne entfaltet voll ihre Kraft - jetzt im Mai ist es auch zum Baden warm genug.
Sieben Kilometer lang, zwei Kilometer breit und gerade mal 8000 Einwohner: Die winzige Insel liegt am östlichen Rand der Laguna di Grado inmitten einer wunderschönen Wasserlandschaft. Um die privilegierte Lage wussten schon die Römer. Bereits im zweiten Jahrhundert vor Christus gründeten sie die Stadt als Seehafen des zehn Kilometer entfernten Aquileia. Vom späten Mittelalter an bis ins Jahr 1797 und erneut ab 1815 gehörte Grado den habsburgischen Kaisern in Wien. Ende des 19. Jahrhunderts bauten sie Grado zum Seebad aus - als Teil der so genannten österreichischen Riviera. 1892 unterzeichnete Kaiser Franz Joseph I. einen Erlass zur Gründung der „Kur- und Badeanstalt Grado“. Nach dem Untergang der Habsburgermonarchie im Ersten Weltkrieg wurde die Insel 1919 Italien zugesprochen.
Lange ein sehr abgeschiedenes Städtchen
Die so genannten „Hausmeisterstrände“ von Bibione, Caorle und Lignano sind nicht weit entfernt. Doch Grado tickt anders. Noch bis vor 80 Jahren war die Insel nur mit dem Schiff erreichbar. Seit 1936 führt der Weg auf die Insel über eine vier Kilometer lange Dammstraße. Vor allem Familien finden an den drei mehrere Kilometer langen, feinsandigen und flach in die Adria abfallenden Stränden ihre Erfüllung. Aber auch Surfer und Kite-Surfer lieben den Ort.
Im Osten der Insel lockt zudem die Lagune Tagesausflügler aus der gesamten Region an. Die Laguna di Grado ist ein grünes Ensemble aus Kanälen, Inseln und Wasserflächen, auf denen mehr als 150 Vogelarten beheimatet sind. Rund 100 Inseln gibt es hier. Von den Einheimischen werden sie als „motas“ bezeichnet. Die berühmteste befindet sich im Norden der Lagune: die Insel Barbana mit der uralten Marien-Wallfahrtskirche, dem Santuario di Barbana. Spannend ist auch die Insel Safon: Hier drehte der italienische Regisseur Pier Paolo Pasolini 1969 mit der Opernsängerin Maria Callas Teile seines Films „Medea“.
An Kultur mangelt es auf Grado ohnehin nicht, denn etwas Großartiges liegt quasi unmittelbar vor der Haustür. Völlig unscheinbar von außen steht in dem nur zehn Kilometer entfernten Städtchen Aquileia eines der größten Kulturdenkmäler weit und breit. Im Hauptschiff der zum Weltkulturerbe der Unesco gehörenden Basilika Santa Maria Assunta ist das bedeutendste frühchristliche Fußbodenmosaik Italiens zu bestaunen: Es wird auf das frühe vierte Jahrhundert datiert und misst 750 Quadratmeter Fläche. Und das ist längst nicht alles: Die Apsis der Basilika ist mit meisterhaft ausgeführten Fresken aus dem elften Jahrhundert ausgeschmückt. Sie gehören zu den besterhaltenen ihrer Zeit.
Natürlich: Auch Venedig mit seinen Kanälen, dem Markusplatz und der Rialto-Brücke und Triest mit seiner einem Amphitheater gleichenden Altstadt sind einen Besuch wert. Von Grado nach Venedig sind es mit dem Auto 60 Minuten, nach Triest gerade 45. Aber wie angenehm ist es, nach einem Tagesausflug zurück nach Grado kommen und in den ruhigen Gassen zu entspannen. Ohne Massentourismus, ohne üble Abzocke, ohne anderen auf die Füße zu treten.
Mehr Informationen:
Tourismus Grado
Tel.: 00 39 / 04 31 / 87 71 11
www.turismofvg.it
grado.it/de
Anreise:
Mit dem Auto ab Nürnberg nur 660 Kilometer oder 7 Stunden über die Tauernautobahn Salzburg-Villach-Udine. Mit dem Zug und Bus gut 10 1/2 Stunden via München, Salzburg, Villach Udine oder Ljubljana.
Beste Jahreszeit:
Frühling bis Herbst.