Eine Reise an die Nordsee

Kinderstube der Kegelrobben: Was im Winter auf Helgoland abgeht

4.11.2023, 07:55 Uhr
Natürliche Geburt: Robbenjunges vor Helgoland.

© imago images/Westend61 Natürliche Geburt: Robbenjunges vor Helgoland.

Die ersten „Heuler“, wie sie auch genannt werden, erblicken schon Anfang November das Licht der Welt, richtig voll wird es dann im Dezember bis Februar an den Stränden. Um als Besucher dieses einmalige Naturschauspiel live zu erleben, ist eine gewisse Flexibilität gefragt.

Direkt in den Hafen

Die Wetterverhältnisse im Winter lassen eine genaue „Planung“ einer Reise nach Helgoland in vielen Fällen kaum zu. Hier ist man gut beraten, sich alternative Anreisewege offenzuhalten. Da das so genannte Bäderschiff ab Cuxhaven aufgrund seiner Bauweise sehr wellenanfällig ist, fällt es bei Windstärken ab 7 bis 8 oft aus. Vorteil des Schiffes ist andererseits, dass es bis direkt in den Helgoländer Hafen fährt und damit das umständliche „Ausbooten“ entfällt.

Seehund im Weltkulturerbe Wattenmeer.

Seehund im Weltkulturerbe Wattenmeer. © imago images/imagebroker

Als Alternative bietet sich eine Anreise per Flugzeug an: Ab dem nahe Cuxhaven gelegenen Flugplatz Nordholz klappt das erstaunlich gut, solange keine Sichtbehinderungen durch Wolken oder Nebel auftreten. Wartezeiten von einem oder auch zwei Tagen sind in dieser Jahreszeit nicht selten. Die kleine Überfahrt von Helgoland zur Insel Düne mit der Fähre hingegen klappt problemlos und ist in fünf Minuten erledigt. Vom Anleger aus sind Nord- und Südstrand mit ihren Kegelrobbenkolonien in wenigen Minuten erreicht.

Hotspot für Fotografen

Die Geburten-Saison ist immer auch ein Hotspot für Naturbeobachter und Fotografen, denn so nah wie hier kommt man den beeindruckenden Riesen nur selten. Dass das aber auch Gefahren birgt, weiß Ranger Rolf Blädel. „Kegelrobben sind keine Kuscheltiere und gerade während der Aufzucht sind die Elterntiere oft aggressiv“ weiß der Fachmann. Wer als Besucher einen Mindestabstand von etwa 30 Metern zu den Tieren unterschreitet, stört die Robben und läuft Gefahr, attackiert zu werden.

Ein Warnzeichen für Beobachter ist das laute „Fauchen“ der Robbenmütter, sobald man ihnen zu nahekommt. Dann wird es höchste Zeit, Abstand zu nehmen. Um den Robbenfamilien eine ungestörte Kinderstube zu ermöglichen, hat man jüngst direkt entlang des Dünenrandes einen gut erreichbaren Holzbohlenweg angelegt. Dieser Weg ist sowohl vom Strand als auch von den Dünen aus bequem begehbar.

Fellbündel neben dem Bohlenweg

Von ihm aus hat man einen tollen Überblick über die Kolonie, ohne zu stören. Oft liegen die Mütter mit ihren weißen Fellbündeln unmittelbar neben dem Bohlenweg. Nachdem die Kegelrobben aufgrund intensiver Bejagung zeitweise gänzlich aus dem Wattenmeer an der deutschen Nordseeküste verschwunden waren, setzte die Rückkehr der Raubtiere Mitte des 20. Jahrhunderts wieder ein.

Seit etwa zehn Jahren zählen die Mitarbeiter des Vereins Jordsand, der sich für den Schutz der Robben einsetzt, stetig steigende Populationen. Heute kommen auf der Helgoländer Düne alljährlich bis zu 300 Kegelrobben-Babys zur Welt. Neben Helgoland gibt es aktuell weitere Kolonien der Tiere auf Sandbänken vor den Inseln Juist und Amrum. Diese geschützten Rückzugsorte der Kegelrobben sind besonders für die Neugeborenen wichtig, denn ihr auffällig weißes Fell ist in den ersten Lebenswochen noch nicht wasserabweisend.

Tückischer Plastikmüll

Mit dem ersten Ausflug ins offene Wasser haben die Jungrobben in der sechsten bis achten Lebenswoche die wohl gefährlichste Lebensphase überstanden. Trotzdem werden in den letzten Jahren immer wieder junge Kegelrobben tot am Strand aufgefunden: Sie haben sich entweder in Resten von abgerissenen Fischernetzen verfangen oder sind schlicht verhungert, weil Plastikmüll aus dem Meer ihren Magen füllt.

Auf Helgoland selbst laden eine Reihe gut ausgebauter Rundwanderwege zur Erkundung der Insel ein. Etwa zur „Langen Anna“ und zu den bekannten Vogelfelsen, die allerdings im Winter eher spärlich besiedelt sind. Dafür bieten die winterlichen Lichtstimmungen ganz besondere Eindrücke.

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