Vögel, weiße Esel und viel Musik

Österreich ganz ohne Berge: Darum ist es am Neusiedlersee im Burgenland wie in Ungarns Puszta

Wolfgang Heilig-Achneck

Lokalredaktion

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23.5.2023, 08:00 Uhr
Frühling im Burgenland: Rust am Neusiedlersee mit Rathausplatz und Dreifaltigkeitskirche

© Wolfgang Heilig-Achneck, NNZ Frühling im Burgenland: Rust am Neusiedlersee mit Rathausplatz und Dreifaltigkeitskirche

Nur die Ohren spitzen heraus: Scheinbar seelenruhig hütet eine kleine Waldohreule ihr Häuschen. Dabei geht es unter ihr zu wie im Taubenschlag: Aber die Natur beginnt eben buchstäblich vor der Haustür, auch an der Martins Lodge - einer Kombination aus öffentlicher Therme und Hotel mit eigenen Rangern zur Erkundung von Flora und Fauna - vor allem der Vogelwelt.

Wer will, kann gleich frühmorgens starten: Nur ein paar Minuten von der Herberge entfernt, bietet ein gut getarnter Unterstand die Chance, in aller Ruhe und unbemerkt Tiere zu beobachten und vor allem Vögeln ganz nahe zu kommen. Mit Ferngläsern und großen Teleobjektiven gelingt das auch von verschiedenen Beobachtungsplattformen am Ufer des Neusiedlersees. Denn der ist ein wahres Vogelparadies. Vor allem, wenn hier im Frühjahr und im Herbst Abertausende von Zugvögeln rasten.

Deckung und Schutz bieten ihnen die für den See typischen ausgedehnten Schilfbestände. Was manch unbedarften Touristen enttäuschen mag: Das typische "Ufer-Gefühl" stellt sich nur in vergleichsweise wenigen Abschnitten ein, am ehesten im schmucken Badeort Podersdorf mit seinem markanten Leuchtturm. Doch auch wenn das Wasser im Sommer zum Baden, Surfen oder Kiten einlädt, spielt das Freizeitvergnügen am größten Binnengewässer Österreichs (ein südlicher Zipfel gehört freilich schon zu Ungarn) nur die zweite Geige.

Flach - und daher ideal fürs Radeln

Keine 70 Kilometer vom Schneeberg entfernt, dem östlichsten 2000er-Gipfel der Alpen, reichen die hügeligen Ausläufer bis ans Westufer des Neusiedler Sees. Wer auf die Ostseite wechselt, erlebt einen echten Szenewechsel: Hier erstreckt sich eine ungewöhnliche Steppenlandschaft - die ungarische Puszta lässt grüßen. Sie lässt sich am besten per Rad erkunden - und ist so flach, dass auch weniger trainierte Urlauber nicht aus der Puste kommen und die Streifzüge auch für Kinder leicht zu bewältigen sind. Und Anspruchsvolle können locker ein paar Kilometerpakete draufsatteln.

Ein Hauch von Meer: der Landungssteg mit Leuchtturm von Podersdorf am Ostufer des Neusiedler Sees

Ein Hauch von Meer: der Landungssteg mit Leuchtturm von Podersdorf am Ostufer des Neusiedler Sees © Wolfgang Heilig-Achneck, NN

Seit 30 Jahren erstreckt sich hier auf knapp 100 Quadratkilometern einer der sechs österreichischen Nationalparks. Wer hier auf die (Foto-) Pirsch geht, wird weder Löwen noch Antilopen oder Giraffen vor die Linse bekommen. Dafür aber zum Beispiel seltene Rinderarten und Pferderassen, weiße Esel – und wieder vor allem Federvieh bis hin zu Großtrappen und Seeadlern. Ganz typisch sind die über 40 salzhaltigen Lacken im sogenannten Seewinkel bei Apetlon. Sie sind höchstens einen Meter tief und von Austrocknung bedroht. Unbedingt zu empfehlen ist der Abstecher ins neue Nationalparkzentrum bei Illmitz, weil hier auch die Tier- und Pflanzenwelt von schwer zugänglichen Biotop-Bereichen anschaulich präsentiert wird.

Hier ist wenig los, man kommt wunderbar runter

Die besonderen Naturerlebnisse vermitteln dem gehetzten Zeitgenossen zugleich, was er sonst oft vergeblich sucht: Ruhe und Stille und eine Form von Entschleunigung, zumal in der Vor- und Nachsaison.

Kulturfreunden klingen unterdessen schon beim Namen Eisenstadt die Ohren. Die einstige Esterhazy-Residenz und heutige Landeshauptstadt dieses südöstlichsten österreichischen Bundeslands, dem die mittelalterlichen Trutzbauwerke den Namen gegeben haben, ist vor allem ein Mekka für Musikliebhaber. Denn was Mozart für Salzburg, ist hier dessen Zeitgenosse Joseph Haydn. Der ist auch heute fast allgegenwärtig: vom prächtigen Haydn-Saal im Schloss, sicher einem der stilvollsten historischen Klangräume überhaupt, bis zur Haydnkirche mit repräsentativer Grablege.

Drehen wir zum Abschied noch eine Runde durch das malerische Städtchen Rust am Westufer des Neusiedler Sees. Der gepflegten historischen Altstadt und ihrer Geschichte im Spannungsfeld der Mächte und Religion verdankt sie auch die Auszeichnung als Unesco-Weltkulturerbe. Hier lassen wir uns ein paar der guten Tropfen munden, wie sie auf ausgedehnten Rebflächen rund um den See gedeihen und ausgebaut werden.

Mehr Informationen:
www.burgenland.info, Tel.: (0043) 2682 633840
Anreise:
Von Nürnberg bis Eisenstadt per Zug oder Pkw rund 580 Kilometer. Nächster Flughafen: Wien.
Beste Reisezeit:
März bis Oktober.

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