Mal was anderes als immer nur auf die Piste

Schneespuren durchs Chiemgau ziehen: So schön ist Winterwandern in Reit im Winkl

Clara Grau

Lokalredaktion Nürnberg

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21.3.2023, 08:00 Uhr
Wenn es frisch geschneit hat, ist eine Schneeschuhwanderung auf der Hemmersuppen-Alm bei Reit im Winkl ein herrliches Vergnügen. 

© Eisele Hein, Tourist-Info Reit im Winkl Wenn es frisch geschneit hat, ist eine Schneeschuhwanderung auf der Hemmersuppen-Alm bei Reit im Winkl ein herrliches Vergnügen. 

Während andernorts in Bayern im Winter viele grün-braun und oft matschig ist, haben starke Schneefälle die Tannen und Fichten auf der Hemmersuppen-Alm in ein dickes, weißes Kleid gesteckt. Die Äste hängen tief unter der Last. Die Landschaft wirkt, als halte sie Winterschlaf unter einer dicken, gemütlichen Daunendecke. Die weiße Pracht schluckt alle Geräusche. „Reit im Winkl ist ein echtes Schneeloch“, sagt Sepp Haslberger, der an diesem Wintertag Wanderer auf dem Panoramaweg oberhalb der Gemeinde in Oberbayern führt.

Warum die Gegend mehr Schnee abbekommt als andere Orte im Chiemgau, erklärt der frühere Lehrer, der seit seiner Pensionierung Gäste durch die Bergwelt führt, an einem Aussichtspunkt. „Wir liegen hier tatsächlich in einer Art Winkel. Rundherum sind Berge, die verhindern, dass warme Luft ankommt. Das Tal ist nur nach Westen in Richtung Kaisergebirge offen.“ Die paar Grad Celsius Unterschied geben oft den Ausschlag zwischen Regen und Schnee.

Auf fast 1300 Metern geht es eben über Almen dahin

Die Winterlandschaft zieht Langläufer, Skitourengeher, Schneeschuhwanderer und Winterwanderer ins relativ ebene Almgebiet auf 1270 Metern. Die ersten 500 Höhenmeter legen die meisten mit einem Allrad-Shuttle-Bus zurück, der teilweise im Halbstundentakt zwischen dem Ort und der Hindenburg-Hütte verkehrt.

Von dort führen zahlreiche Loipen und Wanderwege in die Umgebung. Langläufer nehmen die rot ausgeschilderten Routen, für Schneeschuhwanderer gibt es grüne Tafeln und Winterwanderer orientieren sich an den blauen Hinweisschildern. Nur die gelben Wegweiser sollte man ignorieren, "sie sind nur für den Sommer", erklärt der Wanderführer, der mit seinen 87 Jahren weitaus fitter ist, als mancher Jungspund.

Sepp Haslberger führt auch noch mit 87 Jahren Gäste auf den Winterwanderwegen rund um Reit im Winkl.

Sepp Haslberger führt auch noch mit 87 Jahren Gäste auf den Winterwanderwegen rund um Reit im Winkl. © Clara Grau, NN

6,5 Kilometer lang, mit nur 150 Metern Höhenunterschied und auf stets frisch gewalztem Schnee, führt der Panorama-Wanderweg, der als einer der erster Premium-Winterwanderwege in Deutschland ausgezeichnet wurde, durch abwechslungsreiches Gelände. Über freie Flächen, durch Latschenkiefer-Hänge und durch Wäldchen schlängelt sich die Route, auf der man sich kaum verlaufen kann. Spezielle Ausrüstung braucht man nicht, Wanderschuhe, warme Kleidung, vielleicht ein Rucksack mit einer Thermoskanne Tee und ein paar Wanderstöcke reichen für das winterliche Kurzabenteuer.

80 Kilometer Winterwanderwege

Insgesamt 80 Kilometer ausgeschilderte Winterwanderwege bietet die Gemeinde an. Neben dem Panorama-Weg führt mit dem sechs Kilometer langen „Kaiserblick“ ein weiterer Premium-Wanderweg im Tal durch eine wildromantische Landschaft mit Ausblicken auf Wilden und Zahmen Kaiser. Zu allen Wegen gibt es auf der Internetseite von Reit im Winkl detaillierte Beschreibungen und Daten zum Herunterladen.

Tourenvorschläge gibt es auch für Schneeschuhwanderer, die sich abseits der gewalzten Wege durch den Tiefschnee bewegen . Hier sollte man sich aber an Regeln halten, um sich nicht in Gefahr zu bringen. Außerdem sind Teile der höher gelegenen Bergwelt Schutzzonen für Wildtiere: Rehe, Rauhfußhühner und andere Tiere müssen mangels Nahrung im Winter ihren Stoffwechsel herunterfahren. "Werden sie von Menschen aufgeschreckt, verbrauchen sie zu viel Energie", erklärt Wanderführer Haslberger die Betretungsverbote.

An der St. Anna-Kapelle ist Zeit für eine Rast. Wie an nahezu jedem markanten Punkt hat der 87-jährige Guide Wissenswertes, nette Anekdoten und manchmal sogar ein Gedicht für seine Gäste. Weil die Sennerinnen – Kühe hüten war früher Frauenarbeit – etwa 100 Tage im Jahr ohne geistliche Erbauung auf der Alm arbeiteten, baute man ihnen das schlichte Kirchlein. Dort konnten sie beten und sich nach der harten Arbeit auf einen kleinen Plausch mit anderen Sennerinnen treffen. Bis heute finden hier Berggottesdienste statt.

Nach zwei Stunden in gemächlichem Tempo und mit aussichtsreichen Pausen ist der Winterspaziergang beendet und der Essens-Duft aus der urigen Hindenburghütte lockt zum Einkehren. In den 1920er Jahren wurde das Haus für militärische Zwecke gebaut. Heute treffen sich hier neben Touristen auch viele Einheimische.

Mit dem Schlitten rasant ins Tal

Wenn genug Schnee liegt, lockt noch ein Abenteuer zum Schluss. Der Hüttenwirt verleiht Schlitten, mit denen man auf einer vier Kilometer langen Naturrodelbahn ins Tal sausen kann. Wem das zu aufregend ist, nimmt wieder den Allrad-Bus. „Wir fahren, solange Gäste da sind“, sagt Wirt und Fuhrunternehmer Günter Dirnhofer.

Mehr Informationen:
Chiemgau Tourismus e. V., www.chiemsee-chiemgau.info, Tel.: 0861 90 95 90-0
Tourist Info Reit im Winkl, www.reitimwinkl.de, 08640 800 20

Anreise: Mit dem Auto in etwas über drei Stunden und gut 280 Kilometer über München. Mit Bahn und Bus erreicht man Reit im Winkl über die Bahnhöfe Prien am Chiemsee oder Ruhpolding, weiter mit den Linienbussen 9505 und 9506. Vor Ort verkehren zusätzlich Shuttle-Busse.

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