Wohnmobil und Spiele erfunden, Strauße gezüchtet

Überhaupt nicht altbacken: Sie reisen in Oberschwaben von Genuss zu Genuss

Claudia Weinig

Roth-Hilpoltsteiner Volkszeitung/Hilpoltteiner Zeitung/Schwabacher Tagblatt/ Wochenanzeiger Roth-Sch

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1.8.2023, 08:00 Uhr
Auf die Idee muss man erst einmal kommen, nämlich statt Milchkühen, wie einst die Eltern, nun Strauße zu halten. Nebenerwerbs-Landwirt Wolfgang Schmid tut genau das in Waldburg (Landkreis Ravensburg). 300 Laufvögel stehen bei ihm in riesigen Gehegen. Denn Strauße sind vergleichsweise anspruchslos, was die Pflege angeht. Aber sie brauchen Platz. Und liefern bestes Fleisch, Leder und Federn.

© Claudia Weinig Auf die Idee muss man erst einmal kommen, nämlich statt Milchkühen, wie einst die Eltern, nun Strauße zu halten. Nebenerwerbs-Landwirt Wolfgang Schmid tut genau das in Waldburg (Landkreis Ravensburg). 300 Laufvögel stehen bei ihm in riesigen Gehegen. Denn Strauße sind vergleichsweise anspruchslos, was die Pflege angeht. Aber sie brauchen Platz. Und liefern bestes Fleisch, Leder und Federn.

Heimatverbunden, ohne provinziell zu sein. Bodenständig und doch innovativ. In Traditionen verhaftet – ohne an ihnen zu kleben. Ideenreich, aber mit einem gesunden Realitätsbewusstsein. Die Oberschwaben machen Vertrautes anders. Sie tun es mit Erfolg in einer Region, deren Menschenschlag und Charakter dem der Mittelfranken ziemlich ähnlich ist. Dabei leben sie im Schatten mächtiger Nachbarn wie dem Bodensee, dem Alpenvorland oder dem Schwarzwald.

Gerade weil hier so viel Innovation stattfindet, erleben hier Urlauber so viel, etwa in der weiten Welt der Ravensburger Spiele oder dort, wo Arist Dethleffs 1931 das erste "Wohnauto" für seine Familie baute und damit im Allgäu den Grundstein für die gleichnamige Wohnmobil-Schmiede legte. Doch es gibt noch so viel mehr.

Provinz, aber nicht provinziell

Hinter diesen Erfolgsgeschichten stehen Menschen, die nie verleugnen wollten, wo sie herkommen, was Großstädter mit "Provinz" charakterisieren würden. Aber: Diese Menschen handelten und dachten nicht provinziell. Dafür steht Farmer Wolfgang Schmid, der statt den immer weniger Gewinn abwerfenden Milchkühen nun 300 Strauße auf seinem Hof in Waldburg bei Ravensburg hält. Mit fünf Laufvögeln hat er 2009 angefangen. Von der Zucht über die Haltung bis hin zur Vermarktung des ausgesprochen mageren Fleisches in der eigenen Metzgerei machen sie hier alles selbst.

Zum Glück gezwungen wurden Angela (49) und Wolfgang Abler (51). Vor Jahren wurde in ihrer Heimatgemeinde Bodnegg ein neues Wasserschutzgebiet ausgewiesen – und mittendrin stand ihr elterlicher Hof. Hier noch konventionell zu wirtschaften? Unmöglich! Aufgeben oder weitermachen war die existenzielle Frage. Sie machten weiter. Nur anders. Gaben dafür ihre sicheren Jobs in Hotelmanagement und IT-Branche auf und rüsteten um auf Biohof und Hofladen, betreiben ein Kochstudio und beraten zu Biolandwirtschaft. Die Eltern von drei Kindern wollen gar nicht abstreiten, dass die Angestellten-Jobs deutlich weniger Arbeit bedeutet haben. Doch glücklicher und zufriedener seien sie jetzt, weil "wir das machen, von dem wir selbst überzeugt sind."

Wie die Genussbäckerei Leutkirch von Bäcker Leonhard Menig. Sie bringt es gerade mal auf zehn Brotsorten, maximal acht verschiedenen Kleingebäckrezepte und höchsten zwei unterschiedliche "süße Teilchen". Statt auf die üblichen 120 bis 140 verschiedenen Bäckereiprodukte, wie sie noch in vielen Dorfbäckereien zu finden sind.

Alte Brauerei ist jetzt Genussmanufaktur

Begeisterung für die eigene Sache. Das lebt der rhetorisch geschulte und bestens in Politik und Wirtschaft vernetzte Werbefachmann Christian Skrodzki, der fast alle im 900-Seelen-Dorf Urlach bei Leutkirch überzeugte, in eine seit 27 Jahren leerstehende Brauerei zu investieren. Um daraus als ehrenamtlich geführte Genossenschaft 2015 die "Genussmanufaktur" zu schaffen. Ein Konglomerat von Direktvermarktern, Handwerkern und Kunsthandwerkern, das mittlerweile als Vorzeigebeispiel für original regionale Vermarktung gilt.

Florian Angele ist Brauer - er fing in einer alten Metzgerei mit dem Bierbrauen an und betreibt heute die Schlossbrauerei Aulendorf samt Biergarten und selbst gegründeter Kleinkunstbühne. Die Namen seiner Biere: allesamt Reminiszenzen an Familie und Freunde. Neue Trends wie Craft-Biere brauen? Nicht mit "Flo". "Das brauch‘ ich hier meinen Leuten nicht vorsetzen", meint er im schönsten Schwäbisch. Und findet`s selbst gut und richtig.

Informationen:

Oberschwaben Tourismus: www.oberschwaben-tourismus.de; Instagram: #visitoberschwaben; #oberschwabenallgaeu; #wirsindbarock; Tel.: (07583) 926380

Besuchs- und Genussziele:

Straußenfarm Waldburg (Führungen nach Absprache möglich)): www.straussenfarm-waldburg.de

Bio-Hof mit Hofladen "Fruchtbares"/Familie Abler (Kochkurse und Seminaufenthalte auf Anfrage): www.fruchtbares.de

Genussbäckerei Menig, Leutkirch: www.allgäuer-genussbaecker.de

Allgäuer GenussManufaktur, Leutkirch-Urlau: www.allgäeuer-genussmanufaktur.de

Schlossbrauerei Aulendorf mit Kleinkunstbühne (Brauereiführungen nach Absprache mit Flo Angele): www.schlossbrauerei-aulendorf.de

Restaurant Esszimmer/Familie Kaiser: www.restaurantesszimmer.de

"Stilvol"/Obstbrände und Liköre von schwäbischen Kleinbrennereien: www.stilvol.de

Anreise:

Mit dem Auto: Nürnberg-Ravensburg, ca. 3,5h (275 km)

Mit dem Zug: Nürnberg-Ravensburg, ca. 3,5h.

Beste Reisezeit:

Oberschwaben und das baden-wüttembergische Allgäu sind ein Ganzjahresziel. Für Wanderer und Radfahrer bieten sich vor allem die Monate Mai bis September an. Auch die regionale Küche kann in diesen Monaten aus dem Vollen schöpfen.

Rezept für Oberschwäbische Seelen

Zutaten (reicht für ca. 5 Seelen):

500g Mehl (Type 550 oder 405)

10g Hefe, frisch oder 1/ 2Pck. Trockenhefe

10g Salz

300mI Wasser

10g grobes Salz zum Bestreuen

etwas Kümmel

evtl. Sesam oder Mohn

Mehl für die Arbeitsfläche

Im Vergleich zu seinen Zunftkollegen bietet Bäckermeister Leonhard Menig in seiner "Genussbäckerei" samt angeschlossenem Café wirklich wenig unterschiedliche Produkte an. Einwandfreie Zutaten aus der Region, bewusst und mit Zeit zum "Reifen" verarbeitet - das ist das "Genussrezept", das Menig und sein Team konsequent jeden Tag (und jede Nacht) umsetzen. Man schmeckt`s!

Im Vergleich zu seinen Zunftkollegen bietet Bäckermeister Leonhard Menig in seiner "Genussbäckerei" samt angeschlossenem Café wirklich wenig unterschiedliche Produkte an. Einwandfreie Zutaten aus der Region, bewusst und mit Zeit zum "Reifen" verarbeitet - das ist das "Genussrezept", das Menig und sein Team konsequent jeden Tag (und jede Nacht) umsetzen. Man schmeckt`s! © Claudia Weinig

Fett für das Blech

Zubereitung

Am Vorabend das Mehl mit Hefe, Wasser und Salz gut zu einem Teig verkneten. Hinweis: Der Teig ist etwas feuchter, als man es z.B. von Pizzateig kennt. Den Teig über Nacht ca. 10-12 Stunden im Kühlschrank gehen lassen.

Am nächsten Tag den Teig auf ein gut bemehltes Brett legen, etwas länglich formen und in fünf gleichmäßige Teile aufteilen. Dann diese Teile länglich auseinanderziehen (ca. 25 cm) und so auf ein eingefettetes oder mit Backpapier ausgelegtes Backblech legen, dass eine der Schnittstellen nach oben zeigt.

Anschließend die Seelen noch einmal 30 Minuten bei Zimmertemperatur ruhen lassen und dann nach Wunsch entweder klassisch mit grobem Salz und etwas Kümmel oder wahlweise mit Mohn bzw. Sesam bestreuen. Dann ca. 20 Minuten bei 240° C (Umluft) backen. Gutes Gelingen und guten Appetit!

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