Eine getrocknete Hanfknospe liegt in einer Metallschale. Eine mögliche Ampel-Koalition im Bund könnte den Besitz von Cannabis legalisieren.
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Eine getrocknete Hanfknospe liegt in einer Metallschale. Eine mögliche Ampel-Koalition im Bund könnte den Besitz von Cannabis legalisieren.

"Wirkung hängt sehr vom Alter ab"

Das sagt ein Nürnberger Suchtexperte zur möglichen Cannabis-Legalisierung

Als Psychiater und Experte für Suchtverhalten: Was denken Sie über das Vorhaben, Cannabis-Besitz und -Konsum in gewissen Grenzen künftig zu erlauben?

Prof. Dr. Hillemacher: Das Wort Legalisierung ist immer schwierig, da ist die Debatte sehr aufgeladen und man muss erstmal wissen, wie das genau umgesetzt werden soll. Aus wissenschaftlicher Sicht ist Cannabis eine schädliche Substanz, es ist ein Nervengift, das die Gehirnentwicklung beeinflusst.

Alkohol und Zigaretten sind allerdings auch nicht besonders gesund, aber dennoch nicht verboten.

Prof. Dr. Thomas Hillemacher ist Ärztlicher Leiter der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität am Klinikum Nürnberg. Seine Forschungsschwerpunkte sind biologische und klinische Suchtforschung

Prof. Dr. Thomas Hillemacher ist Ärztlicher Leiter der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität am Klinikum Nürnberg. Seine Forschungsschwerpunkte sind biologische und klinische Suchtforschung © Rudi Ott / Klinikum, NN

Hillemacher: Das ist richtig. Es ist natürlich auch eine gesellschaftliche Frage, welche Drogen wir für akzeptabel halten. Im arabischen Raum beispielsweise ist Khat weit verbreitet und der Konsum gilt als normal. Letztlich geht es bei der Schädlichkeit einer Droge immer um die Menge und das Konsummuster. Nicht nur der Stoff macht das Gift, sondern die Dosis.


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Wie schädlich ist speziell der Konsum von Cannabis aus Ihrer Sicht?

Hillemacher: Cannabis beeinflusst die Gehirnentwicklung und die negative Wirkung hängt deshalb sehr vom Alter ab. Ob jemand mit 13 Jahren oder mit 16 Jahren Cannabis konsumiert macht schon einen großen Unterschied. Abgeschlossen ist die Gehirnentwicklung erst mit etwa 25 Jahren. Unsere Hauptsorge ist deshalb auch, ob durch eine „Legalisierung“ nicht die Zahl junger Konsumenten steigt. Die Frage des Jugendschutzes ist hier ganz zentral.

Was kann Cannabis im Gehirn anrichten?

Hillemacher: Wir sehen verschiedene psychiatrische Krankheitsfolgen und hier steigt das Risiko, je früher solche Substanzen konsumiert werden. Das Risiko für Psychosen steigt an, es kann sich zum Beispiel eine Schizophrenie entwickeln, die im Extremfall auch nicht mehr weggeht. Depressionen gehören auch dazu, oder ein amotivationales Syndrom, bei Patienten, die lang und hochdosiert konsumiert haben. Die sind dann extrem antriebslos, brechen zum Beispiel die Lehre ab, das hat viele soziale Folgen.

Nehmen solche Fälle zu?

Hillemacher: Gefühlt würde ich sagen: ja. Wir sehen viele junge Patienten mit drogeninduzierten Psychosen, allerdings nicht nur wegen Cannabis.

Sind Sie also gegen eine Legalisierung?

Hillemacher: Es kommt aus meiner Sicht auf die Umstände an, vor allem wie der Jugendschutz sichergestellt wird. Es macht einen Unterschied, ob es in Apotheken oder auch in sogenannten „Coffee Shops“ abgegeben wird. Ich würde erstmal für Modellprojekte plädieren.

Kann man nicht auf die Erfahrungen anderer Länder zurückgreifen?

Hillemacher: Die Strukturen in anderen Ländern sind so unterschiedlich, die Studienergebnisse auch, da kann man pauschal keine Rückschlüsse auf die Situation in Deutschland ziehen. Viele sehen durch eine Legalisierung aber tatsächlich eine Zunahme beim Cannabis-Konsum junger Menschen.

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