BayernCloud

Der Freistaat hat ein Web-Portal - doch Nürnberger Schulen bleiben bei Microsoft

Kathrin Walther

Ressort Kinder, Familie und Bildung

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16.3.2023, 13:24 Uhr
Tablets statt Hefte und Bücher: Unterrichtszene aus dem Nürnberger Dürer-Gymnasium. Bis 2028 soll jedes Schulkind mit einem PC ausgestattet werden.

© Stefan Hippel, NNZ Tablets statt Hefte und Bücher: Unterrichtszene aus dem Nürnberger Dürer-Gymnasium. Bis 2028 soll jedes Schulkind mit einem PC ausgestattet werden.

Die Lernplattform Mebis überlastet, Videoplattformen nicht verfügbar: Eltern und Lehrkräften krampft sich der Magen zusammen bei der Erinnerung an das digitale Chaos in Schulen zu Beginn der Pandemie. Seither hat das bayerische Kultusministerium - zwangsläufig - nachgeholt. Und stellt seinen rund 6000 Schulen "BayernCloud Schule" zur Verfügung, das zentrale Software-Portfolio. Das System beinhaltet Anwendungen wie Mail-Postfächer für Lehrkräfte, das Videokonferenzsystem Visavid oder die pädagogische Plattform Mebis.

Der Vorteil für die kommunalen Sachaufwandsträger: Der Freistaat kümmert sich um Software, Betreuung, Wartung und Pflege der Systeme. Über 3300 Schulen in Bayern haben sich mittlerweile laut Auskunft des Kultusministeriums für das Web-Portal angemeldet. Die 146 öffentlichen Schulen in Nürnberg gehören - bislang - nicht dazu. Sie setzen weiter auf das Office365-Paket des US-Giganten Microsoft. Gerade erst hat die Stadt die Lizenzen bis Januar 2025 verlängert. Die Kosten kann Schulreferentin Cornelia Trinkl "aus vertragsrechtlichen Gründen" nicht sagen. Nur soviel: Es handle sich um "eine ordentliche Summe".

Dass bislang keine öffentliche Nürnberger Schule auf das BayernCloud-Angebot des Freistaats umswitchte, hat einen pragmatischen Grund: 5500 Lehrkräfte sowie 65.000 Schülerinnen und Schüler plus deren Eltern - sie alle sind jetzt auf das Microsoft-Universum eingestellt. Ein Systemwechsel ist enorm aufwendig und wäre eine weitere Herausforderung für Schulen, die durch Lehrkräftemangel und das sinkende Leistungsniveau der Schülerinnen und Schüler in einer Krise stecken. Eine Rolle spielt auch ein praktischer Grund: Die Arbeitswelt basiert zum größten Teil auf der Microsoft-Umgebung. Unternehmen und Universitäten gehen davon aus, dass junge Menschen mit Excel, Powerpoint, Word und Co. umgehen können. "Der Leiter einer Berufsschule sagte zu mir: 'Nehmen Sie uns das bloß nicht weg!'", erzählt Cornelia Trinkl.

Die Stadt entschied sich bereits 2017 für MS365. Noch unter Schulbürgermeister Klemens Gsell beschloss der Stadtrat eine IT-Strategie für Schulen, die Vernetzung, Ausstattung sowie Fortbildungen für Lehrkräfte beinhaltet. "Als zweitgrößte Kommune Bayerns mit dieser riesigen digitalen Schul-Infrastruktur mussten wir professioneller denken und Standards einrichten", argumentiert die jetzige Schulreferentin. Denn: Der digitale Wildwuchs nahm zu, das kostete Zeit und Geld. "Wir haben einheitliche Mail-Adressen für unsere städtischen Lehrkräfte gebraucht und wollten die Installationen auf den Rechnern in der Schule nicht mehr einzeln kaufen", erklärt Frank Wüst, der das 47-köpfige Team Digitale Schule leitet.

Umgang mit dem Datenschutz

Dass zum MS-Office365-Paket die Videokonferenzsoftware Teams gehört, wurde mit Beginn der Corona-Krise zur glücklichen Win-Situation, betont Wüsts Stellvertreter Andreas Hecker. "Weil das IT-Management etwa mit Mailadressen schon vorhanden war, konnten wir so schnell umschalten", erklärt Trinkl. "Sonst wären wir zu Beginn der Pandemie dagestanden wie viele andere Kommunen: mit leeren Händen."

Und was ist mit dem Datenschutz? Frank Wüst: "Wir haben die Nutzungsordnung so restriktiv wie möglich eingestellt. Alle Apps, die die Stadt freigibt, wurden geprüft. Der Server ist in Europa und nicht in Amerika." Grundsätzlich werden alle personenbezogenen Daten verschlüsselt gespeichert. Trotzdem: Eine theoretische Sicherheitslücke bleibt bestehen. Es gibt nach wie vor kein Datenschutzabkommen zwischen Europa und den USA. Auf Basis der Cloud Act könnten US-Behörden auf gespeicherte Daten im Internet zugreifen. Bislang sei das nicht der Fall. Trotzdem liegt die Beschwerde einer Nürnberger Lehrkraft beim Landesbeauftragten für Datenschutz vor.

"BayernCloud" Schule ist ein freiwilliges Angebot, auf das Schulen zugreifen können. Das Team Digitale Schule hofft, in Nürnberg bei einer gemeinsamen Lösung bleiben zu können - auch aus Sicherheitsgründen. 5500 ausgegebene Lehrerdienstgeräte wurden einheitlich mit den gleichen geprüften Anwendungen bespielt und können so besser kontrolliert werden.

Der Freistaat will nun bis 2028 alle 65.000 Schülerinnen und Schüler mit einem Gerät ausstatten. "Da brauchen Kommunen auf jeden Fall finanzielle Unterstützung", sagt Cornelia Trinkl. Frank Wüst macht sich vor allem Gedanken um die Sicherheit: Bekommen die Kinder zentral gemanagte Computer? Oder bekommen die Eltern Geld, damit sie ein Gerät kaufen können? "Dann würde privat genutztes Internet in unser geschütztes städtisches System gelangen. Das macht uns ein bisschen Bauchschmerzen."

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