"Green Goose"

Geschlossener Kult-Club in Nürnberg: Jetzt spricht die Chefin

Gabi Eisenack

Lokalredaktion

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4.4.2022, 13:40 Uhr

Auf Facebook ist die Liste der User lang, die ihr Bedauern äußern. Viele von ihnen haben ihr zweites Wohnzimmer verloren. Der Club "Green Goose" in der Vorderen Sterngasse 25 genoss unter seinen Fans und Stammgästen Kultstatus. Jetzt musste er schließen. Das schmerzt auch die Chefin sehr: 38 Jahre lang hat Erika Hawly die "Goose" betrieben. Auch für sie geht ein Stück Heimat verloren. "Da blutet einem das Herz."

Überraschendes Aus

Gemeinsam mit ihrem damaligen Mann, einem US-Soldaten, der in Deutschland stationiert war, hat sie den Laden aus der Taufe gehoben - und nicht nur den in Nürnberg. Die "Goose" gab es auch in Bamberg, Amberg, Ansbach, Würzburg, Kitzingen, Schweinfurt. "Die Nürnberger Goose war die erste, die wir eröffnet haben und die letzte, die jetzt geschlossen wurde", erzählt sie.

Auch für Erika Hawly kam das Aus überraschend. "Ich hatte immer relativ kurzfristige Mietverträge", sagt sie. Nun sei der Vertrag nicht mehr verlängert worden, ein Nachmieter scharre schon mit den Füßen. "Das war ein Schock, den man erst einmal verarbeiten muss. Corona haben wir überlebt. Und jetzt das." Dabei hätte sie vor gar nicht langer Zeit noch die Toiletten und die Bar renovieren lassen.

Metallica und Bon Jovi

Seit den frühen 80er Jahren traf sich in der "Green Goose", wer Musik laut und heavy mochte. Bands wie Metallica, Bon Jovi oder Aerosmith kamen vorbei, wenn sie in der Gegend auf Tour waren.

Viele Tränen

Am letzten Wochenende vor der endgültigen Schließung war der Andrang noch einmal riesig, wie Flo Jung vom "Goose"-Team berichtet. "Ich kann gar nicht sagen, wie viele Leute ich abweisen musste, weil es einfach schon voll war." Manche hätten zwei bis drei Stunden gewartet, bis sie in die Disco eingelassen werden konnten. Doch sie hätten das geduldig auf sich genommen. "Sie sagten mir, dass sich das Warten auf jeden Fall gelohnt hat."

Bei der Abschiedsparty seien viele Tränen geflossen, erzählt Erika Hawly. Es war bereits die zweite Generation, die hier Party machte, junge Leute darunter, deren Eltern sich in der "Goose" kennengelernt hatten. "Für viele war die Goose eine zweite Heimat."

Mancher US-Soldat nahm seine Erinnerungen an die fränkische Disco mit in die Vereinigten Staaten. Einmal, erzählt Erika Hawly, sei sie in ihrem "Goose"-T-Shirt in Florida mit Jubel begrüßt worden. Ein ehemaliger GI erinnerte sich an einen Ort, an dem er glückliche Zeiten verbracht hatte.

Hier haben viele Menschen glückliche Zeiten verbracht. Jetzt musste die Diskothek "Green Goose" schließen.

Hier haben viele Menschen glückliche Zeiten verbracht. Jetzt musste die Diskothek "Green Goose" schließen. © Michael Matejka, NNZ

"Euer Ernst? Kann man ne Petition starten? Die Nachricht macht mich echt traurig", schreibt ein "Goose"-Fan auf Facebook. "So traurig, ich habe von 1985 bis Ende 1987 jeden Tag dort gefeiert. War mein 2. Zuhause. Es war eine super tolle Zeit mit vielen amerikanischen Freunden", heißt es dort weiter. "Some of my best memories that I can’t remember happened there. I’m saddened to see that it’s over", notiert ein ehemaliger GI.

Zur Abschiedsparty pilgerten die Fans in Scharen.

Zur Abschiedsparty pilgerten die Fans in Scharen. © Flo Jung

Nun hoffen die Gäste wie das Team, dass sich bald eine Ersatz-Location finden wird. Erika Hawly ist längst auf der Suche. Angebote hat sie schon bekommen. Aber eine normale Kneipe nütze ihr nichts, sagt sie. "Unsere Leute wollen rocken". Die "Goose" brauche einen Standort, wo keine Nachbarn durch die Lautstärke gestört werden können. "Wir benötigen einen Ort, der für eine Disco geeignet ist", fügt Flo Jung hinzu.

Für die neue "Goose" hat die Chefin auf jeden Fall das alte "Herzstück" gerettet. Die Stiche, die Barhocker. "Unsere Leute sollen sich wieder zu Hause fühlen."

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