Fall 14 der Weihnachtsaktion

Gitarre liegt im Leihhaus: Krankheit zwingt Nürnberger Musiker zum Abschied von der Bühne

Wolfgang Heilig-Achneck

Lokalredaktion

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28.11.2022, 09:50 Uhr
Ein Symbolbild: Jahrzehntelang brachte Chris P. (Name geändert) mit seiner Musik die Menschen zum Tanzen und Feiern. Jetzt ist er zum Zuhören verdammt. Mit der hier erkennbaren Band  (den Störzelbachern) hatte Chris P. indes nichts zu tun.

© Christian Pohler Ein Symbolbild: Jahrzehntelang brachte Chris P. (Name geändert) mit seiner Musik die Menschen zum Tanzen und Feiern. Jetzt ist er zum Zuhören verdammt. Mit der hier erkennbaren Band  (den Störzelbachern) hatte Chris P. indes nichts zu tun.

Es ist erst ein paar Tage her: Urplötzlich erlitt Christian P. (Name geändert) einen Zusammenbruch im Bad. Und das so unglücklich, dass er in der Badewanne landete. Er war eine Weile wie weggetreten, wie lange genau, kann er gar nicht sagen. Und als er wieder zu Bewusstsein kam, konnte er sich nur mit größter Mühe aus seiner misslichen Lage befreien. Da er alleinstehend ist, waren Hilferufe sinnlos - und das Telefon war außer Reichweite.

"Das erste, was wir jetzt dringend einrichten müssen, ist ein Hausnotruf", schärft seine gesetzliche Betreuerin dem bald 74-Jährigen ein. Dass er auf eine solche Unterstützung angewiesen ist, hat mit einem früheren, viel schwereren Sturz im Frühjahr 2021 zu tun. Auch davon weiß er fast nichts mehr. Klar ist nur, dass Chris - wie er sich selbst gerne nennt - über viele Wochen hinweg in einem Krankenhaus im künstlichen Koma lag. Vier Rippen hatten sich in die Lunge hineingebohrt, am Herzen entdeckten die Ärzte eine Zyste.

In dieser Zeit häufte sich die Post und blieb er Zahlungen schuldig, sodass die dann bestellte Betreuerin alle Hände voll zu tun hatte, seine Angelegenheiten wieder ins Lot zu bringen - und vor allem seine kleine, bescheidene Wohnung zu sichern. Schon ein flüchtiger Blick lässt hier erkennen, was dem Nürnberger am Herzen liegt, ja was sein Leben ausmacht: Neben Plakaten und Bildern hängt eine Gitarre mit "Elvis"-Schriftzug an der Wand, den kleinen Schreibtisch füllt ein Mischpult.

Pop, Rock und Country

Noch immer sitzt er jeden Tag davor, spielt Bänder und CD's ab und träumt davon, noch einmal ein paar Songs einzuspielen. "Aber ich kann einfach nicht mehr", seufzt er. Sich damit abzufinden, fällt ihm freilich unendlich schwer. Jahrzehntelang war er auf Dorf- und Stadtfesten unterwegs, sorgte vor allem in den 70er- bis 90er-Jahren für Stimmung auch in großen Bierzelten. "Pop, Rock und Country, das war mein Ding", sagt er. Und neben Coverversionen komponierte er auch eigene Lieder, und was er konnte, hatte er sich als Autodidakt angeeignet.

Begonnen, erzählt er, hatte alles noch während seiner Lehrzeit in einem Metallberuf. Bei einem Ausflug mit einem Freund nach München kam er damals an einem Lokal vorbei, in dem gerade ein Wettbewerb für Hobbymusiker veranstaltet wurde. Kurz entschlossen wagte auch der junge Bursche aus Franken einen Auftritt - und gewann. Das brachte den Stein ins Rollen, spornte ihn an, sich ein Repertoire zu erarbeiten, an der Technik zu feilen - und brachte ihm ein Engagement nach dem anderen ein.

Bis zur Pandemie noch aktiv

Von da an widmete er nahezu seine ganze Freizeit, also vor allem die Wochenenden, der Musik. Auch im Radio war er mal zu hören, und er spielte ein paar Platten ein. Bis er seinen Brotberuf aufgeben und allein von seinen Auftritten leben konnte, sollte es allerdings viele Jahre dauern - und für große Ersparnisse reichte es nie. Den ersten Schlag hatte ihm freilich Corona versetzt - mit der Absage aller Feste und damit aller Auftrittsmöglichkeiten. Obwohl formal schon im Ruhestandsalter, war er da noch aktiv. Der Zusammenbruch zwang dann jäh zum endgültigen Abschied von der Bühne.

"Mehrfach schon musste er seine Gitarre ins Pfandleihhaus bringen, um über die Runden zu kommen", berichtet die Betreuerin. Da er lange selbstständig war, fällt seine gesetzliche Rente äußerst knapp aus. Immerhin wurde dem früheren Musiker inzwischen ein Pflegegrad zuerkannt. Dabei bräuchte er derzeit vor allem Unterstützung im Haushalt - die aber bieten Dienste selten ohne gleichzeitige Pflegeleistungen an.


Am Beispiel von Chris P. bittet „Freude für alle“ um Spenden für Mitbürger, die durch Schicksalsschläge in Not geraten. Die Spendenkonten: Sparkasse Nürnberg: DE63 7605 0101 0001 1011 11; Sparkasse Erlangen: DE28 7635 0000 0000 0639 99; Sparkasse Fürth: DE96 7625 0000 0000 2777 72. Barspenden werden gerne in den Geschäftsstellen des Verlags in der Nürnberger Mauthalle, in Fürth (Schwabacher Straße 106) und Erlangen (Hauptstraße 38) an.

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