Der Nürnberger Michael P. ist seit mehr als zehn Jahren auf einen Rollstuhl angewiesen und kämpft mit der Kasse um einen Neuen.
© Wolfgang Heilig-Achneck, NNZ
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Der Nürnberger Michael P. ist seit mehr als zehn Jahren auf einen Rollstuhl angewiesen und kämpft mit der Kasse um einen Neuen.

Fall 14 von "Freude für alle"

Trotz Rezept: Der unglaubliche Rollstuhl-Kampf von Michael P. aus Nürnberg mit seiner Krankenkasse

Zwei Zimmer, Bad, eine wenn auch winzige Küche, alles mit breiten Türen und ohne Stufen oder Schwellen: Michael P. hat es gut erwischt und in einem Anwesen mit betreutem Wohnen ein Zuhause gefunden, in dem er sich geborgen fühlen kann - für viele Menschen, die in ihren Bewegungsmöglichkeiten stark eingeschränkt sind, alles andere als selbstverständlich. Was ihm allerdings schwer zusetzt und fast buchstäblich an die Nieren geht, ist ein ärgerliches Tauziehen mit seiner Krankenkasse.

Die will zwar lieber Gesundheitskasse genannt werden, doch für Michael P. klingt das wie Hohn. Denn die verweigere ihm, so beschwert er sich, was er sich nicht nur wünscht, sondern braucht: einfach einen neuen Rollstuhl. Allerdings kein Billigmodell, sondern einen sogenannten Aktiv-Rollstuhl. Der schlägt freilich mit einigen tausend Euro zu Buche. Aber schließlich sitzt der gut 50-Jährige Tag für Tag darin, von früh bis spät - nur für die wenigen Besorgungen außer Haus nimmt er den E-Rolli. Der ist wesentlich schwerer und würde in der Wohnung im Nu alle Böden ramponieren.

Noch der erste Rollstuhl

"Eigentlich hätte ich schon nach fünf Jahren einen neuen beantragen können", erklärt der Nürnberger mit deutlich gehemmter Stimme - Folge eines Eingriffs an der Luftröhre. Laut werden kann er trotzdem. "Aber das hört sich dann oft gleich an wie schimpfen - und das will ich gar nicht", bedauert er. Wenn es um seinen Rolli geht, könnte er allerdings schon aus der Haut fahren. Denn sein Gefährt ist noch immer sein erstes - und nun seit zehn Jahren in Gebrauch.

So lange muss er schon mit einer schweren Lähmung leben. Zuvor hatte er kurz nacheinander zwei schwere Schlaganfälle erlitten. In einer intensiven Reha konnte er vieles wieder neu lernen und üben, aber an eine vollständige Regeneration war nicht mehr zu denken. Und damit platzten auch viele private Träume.

Der alte Rolli geht "aus dem Leim"

Dabei wusste er nur zu gut, was Pflege bedeutet. Denn er kommt vom Fach: Nach einer ersten Ausbildung im Handwerk hatte er noch den Beruf gewechselt und war in verschiedenen Heimen als Altenpfleger tätig - bis ihn eben die folgenreiche Erkrankung aus der Bahn warf. Mit seinem Schicksal will er dennoch nicht hadern, auch wenn er nicht viel unternehmen kann und nur gelegentlich Besuch erhält. "Die meiste Zeit verbringe ich doch vor dem Fernseher."

Da der alte Rolli "jetzt einfach aus dem Leim geht", wie er sagt, hat ihm sein Arzt auch anstandslos das nötige Rezept ausgestellt - schon vor über einem Jahr. Ein Sanitätshaus wollte sich drum kümmern, meldete sich aber nach einer Weile, weil die Kasse ein detaillierteres Rezept verlangte. Doch als auch das eingereicht war, kam wieder eine Ablehnung. Ein Widerspruch half ebenso wenig. Zwischendurch wurde ihm zwar ein Rollstuhl geliefert, aber eine unpassende Leichtlauf-Version, die er zurückgehen ließ.

Wochen und Monate gingen ins Land, mal wurde P. persönlich bei der Kasse vorstellig, mal erhielt er Besuch von zwei Vertretern der Kasse. Die ihm schon beim ersten Augenschein auf Anhieb auch bestätigten, dass er einen Aktiv-Rollstuhl benötigt. Dennoch wartet der Nürnberger bis heute auf den passenden Rollstuhl - und ist genervt. Mit der Erfahrung, dass wichtige Leistungen erst mal abgelehnt werden, steht er allerdings nicht allein - auch deshalb hat der Sozialdienst beim Amt für Existenzsicherung Michael P. der Weihnachtsaktion empfohlen.

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