Trauer um Grünen-Politikerin

Unvergessen: Für ihre Ziele sprang Sophie Rieger sogar in voller Montur ins kühle Nass

Wolfgang Heilig-Achneck

Lokalredaktion

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8.2.2022, 17:40 Uhr
Sophie Rieger springt im Juli 1987 ins frisch sanierte Becken des Naturgartenbads - links ihr Konkurrent im OB-Wahlkampf und spätere Wahlsieger Peter Schönlein.

© Thomas Geiger/VNP, NNZ Sophie Rieger springt im Juli 1987 ins frisch sanierte Becken des Naturgartenbads - links ihr Konkurrent im OB-Wahlkampf und spätere Wahlsieger Peter Schönlein.

Es war bestimmt nicht ihr wichtigster Auftritt, aber vielleicht ihr spektakulärster: Bei der Wiedereröffnung des Naturgartenbades in Erlenstegen sprang Sophie Rieger spontan und beherzt ins Wasser - in voller Bekleidung. Das war im Sommer 1987, die freischaffende Architektin hatte sich in der Stadt unter anderem durch ihr Engagement für Frieden, für Grund- und vor allem Frauenrechte einen Namen gemacht und steckte mitten im Wahlkampf um das höchste Amt in der Stadt. Nun ist sie im Alter von 88 Jahren gestorben.

Als OB-Kandidatin waren ihre Chancen damals freilich noch denkbar gering, trat sie doch für die Grünen an - die noch junge Partei konnte damals der CSU wie der SPD noch nicht das Wasser reichen. Am Ende hatte der damalige SPD-Fraktionschef Peter Schönlein vor CSU-Mann Günther Beckstein die Nase vorn. Doch im Nürnberger Stadtrat sorgten die Grünen allemal für frischen Wind. Seit 1981 waren sie dort vertreten - Sophie Rieger gehörte dann ab 1984 im Stadtrat immer noch zu den Grünen der ersten Stunde.

Echte Humanistin

"Sie war, auch fachlich, sehr geschätzt, eine großartige Liberale und Humanistin durch und durch", würdigt Klaus-Peter Murawski die Politikerin, die sich denn auch bei der Humanistischen Union zuhause fühlte. In der Stadtpolitik bleibt ihr beharrliches Eintreten für die damals erforderliche, grundlegende Sanierung des Naturgartenbads unvergessen - andernfalls wäre es wohl aufgegeben worden. Zu der Episode bei der Wiedereröffnung sei es - jedenfalls nach Murawskis Erinnerungen - auch aus Protest gekommen: "Sie war einfach erbost, als andere die Rettung des Bades als ihren Erfolg ausgaben. Klar, es war Wahlkampf."

Unvergessen: Für ihre Ziele sprang Sophie Rieger sogar in voller Montur ins kühle Nass

© Horst Linke, NN

Ebenso energisch und streitbar legte sie sich für die Erhaltung - und gegen die fortschreitende Zersiedlung - des Knoblauchslands ins Zeug. "Sie konnte sehr temperamentvoll sein, wirkte aber insgesamt eher gelassen", beschreibt Hiltrud Gödelmann, die damals zum Nachwuchs gehörte, die schon erfahrenere Weggefährtin. Typisch für Rieger sei auch ein Auftritt mit einem Metermaß gewesen: Weil sie den Vorlagen nicht traute, brachte sie zu einem Planungstermin selbst ein Maßband mit, um an Ort und Stelle die Angaben der Verwaltung zu überprüfen.

Gegen Kriegseinsatz

Nach sechs Jahren im Stadtrat wurde Rieger 1990 in den Landtag gewählt, wo sie zwei Wahlperioden lang für grüne Positionen und Nürnberger Interessen focht. Doch als der Kosovo-Konflikt Ende der 1990er-Jahre zur Zerreißprobe für die Grünen wurde, blieb Rieger standhaft bei ihren pazifistischen Überzeugungen, wetterte gegen Opportunismus und Machthunger - und kehrte den Grünen den Rücken. Für eine Bunte Internationale Liste trat sie 2002 noch einmal bei der Kommunalwahl an, aber es blieb bei der Kandidatur. Es gelte, war immer schon ihre Überzeugung, "unten anzufangen", um das Miteinander und die Verständigung zu fördern.

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