Anschläge von 2001

20 Jahre nach 9/11: Der Krieg geht in die nächste Runde

10.9.2021, 05:48 Uhr
Ein Bild, das eine Zeitenwende markierte: Rauchschwaden ziehen am 11. September 2001 über New York, kurz bevor die Twin Towers einstürzen. 

© Patrick Sison, dpa Ein Bild, das eine Zeitenwende markierte: Rauchschwaden ziehen am 11. September 2001 über New York, kurz bevor die Twin Towers einstürzen. 

Wissen Sie noch, was Sie an jenem unglückseligen 11. September vor 20 Jahren gemacht haben? Ich schon und so geht es vielen Menschen. Denn die Terroranschläge von New York, Washington und Shanksville markierten eine Zeitenwende und sie haben sich individuell und kollektiv in unser Gedächtnis eingebrannt.

Damals riefen die USA den "war on terror" aus, den Krieg gegen den internationalen Terrorismus, der bis heute nicht beendet ist. Ein Krieg, der mit 2996 Toten in den USA begann - und denen Hunderttausende weitere Opfer folgen sollten. Allein in Afghanistan sind in den vergangenen 20 Jahren 240.000 Menschen ums Leben gekommen. Im Irak, dem Land, das nach Afghanistan ins Visier des Anti-Terror-Kampfes geriet, sollen es sogar 500.000 Menschen sein.

Krieg gegen den Terror: Amerikanische Einheiten in Kandahar im Süden Afghanistans.

Krieg gegen den Terror: Amerikanische Einheiten in Kandahar im Süden Afghanistans. © Rodrigo Abd, dpa

Eine verheerende Bilanz. Und dennoch hat dieses hunderttausendfache Leid - man muss es leider so zynisch sagen - mehr Sicherheit gebracht. Jedenfalls für die USA und auch für uns hier in Europa. In den USA gab es seit dem 11. September 2001 keine Anschläge ausländischer Terroristen mehr. Und in Europa wurden zwar zahlreiche Attentate verübt, vor allem in Frankreich, aber sie erreichten nie die Dimension von "9/11". Die Zahl der Terroropfer in den USA und Europa blieb im dreistelligen Bereich.

War es also doch richtig, der Hydra namens Terror die Köpfe mit allen erlaubten und auch nicht-erlaubten (militärischen) Mitteln abzuschlagen? Nein, und das nicht nur, weil mehrere Hunderttausend Menschenleben ein viel zu hoher Preis sind.

Auch das Chaos nach dem Abzug der internationalen Truppen aus Afghanistan, die Rückkehr der Taliban und die Jubelstürme der Islamisten weltweit machen deutlich, dass die Hydra noch immer höchst lebendig ist. Den USA und ihren Alliierten ist es weder gelungen, den Terror zu besiegen, noch eine höchst instabile Weltregion zu festigen.

Werte verraten

Mehr noch: Der sogenannte Westen hat seine Werte, für deren Durchsetzung er doch eigentlich kämpfte, mannigfach verraten: in Guantanamo, im irakischen Foltergefängnis von Abu Ghoreib und durch die Einschränkung bürgerlicher Freiheiten in den USA und Europa.

Am schlimmsten wiegt aber vielleicht, dass in den vom Anti-Terror-Krieg betroffenen Ländern in diesen 20 Jahren eine ganze Generation junger Muslime unter ständiger Bedrohung, Armut und Perspektivlosigkeit herangewachsen ist. Es dürfte ein Leichtes für die Hydra sein, unter ihnen neue Anhänger zu rekrutieren.

Hätte man es besser machen können? Vielleicht. Al Qaida beispielsweise war schon lange bevor es die USA ins Visier nahm im Nahen und Mittleren Osten aktiv. Eine vorausschauende, präventive und auf Deeskalation ausgerichtet Sicherheits- und Entwicklungspolitik in den 90er-Jahren hätte das folgende Desaster vielleicht verhindern können.

Am 11. September 2001 war es dafür zu spät.

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