Damals begann die enge Kooperation zwischen den USA und dem Westen Europas: der britische Premierminister Winston Churchill, der amerikanische Präsident Harry S. Truman und der sowjetische Diktator Josef Stalin bei der Potsdamer Konferenz im Sommer 1945.
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Damals begann die enge Kooperation zwischen den USA und dem Westen Europas: der britische Premierminister Winston Churchill, der amerikanische Präsident Harry S. Truman und der sowjetische Diktator Josef Stalin bei der Potsdamer Konferenz im Sommer 1945.

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Amerika wendet sich ab, wieder mal: Die selbst gewählte Isolation der USA ist nichts Neues

Ach, Amerika! Gerade für uns Deutsche waren und sind die USA ein Land, das gemischte Gefühle auslöst. Erinnerungen an „die Amis“, die uns - vor nun bald 80 Jahren - vom Hitler-Regime befreiten. An Kaugummis und Coca-Cola, mitgebracht von den bestaunten GI’s. An Marshallplan und Rosinenbomber, an die Unterstützung für den Westen des geteilten Deutschland und Berlins.

Geliebt - und verhasst: Die Amerika-Feindlichkeit vieler Deutscher ist ähnlich stark ausgeprägt wie die Sehnsucht nach diesem fernen und doch auch nahen Land. Es gab und gibt Gründe, die USA skeptisch zu sehen. Viele Kriege, Unterstützung von Diktatoren - die Liste der Verfehlungen ist lang. Doch immer noch ist Amerika eine altehrwürdige Demokratie.

Man muss hoffen, dass die Demokraten in den USA erfolgreich protestieren

Wie lange noch? Trumps radikaler, rücksichtsloser und immer offensichtlicherer Umbau des Landes in eine Autokratie ist alarmierend. Gut, dass er Rückschläge erlebt. Gut, dass nun immer mehr Demokraten in den USA - nicht nur die gleichnamige Partei - protestieren, so lange es (noch?) geht.

Aber ist es eigentlich selbstverständlich, dass Amerika an unserer Seite steht? Seit wann gibt es diesen „Westen“, dessen Ende wir nun womöglich erleben? Also die enge Partnerschaft zwischen den USA (plus Kanada) und Europas Demokratien?

So alt ist dieser Westen gar nicht. Die USA verstanden sich lange als Gegenpol zu jenem Kontinent der Aristokratien, denen Amerikas von dort emigrierte Gründerväter den Rücken gekehrt hatten. Amerika wollte nichts gemeinsam haben mit all den autoritären Herrschern im „alten Europa“.

1823 erklärte die Monroe-Doktrin des damaligen Präsidenten den Isolationismus zum Staatsziel: Sie setzte aufs Prinzip der Nichteinmischung der USA in Europa.

Die beiden Weltkriege zogen Amerika nach Europa

Lange hielt sich Amerika daran. Erst die beiden Weltkriege zogen die USA wieder hinein in ursprünglich europäische Konflikte: 1917 traten sie in den Ersten Weltkrieg ein, ähnlich kriegsentscheidend wie 1941 beim Zweiten Weltkrieg - dem eine neue Phase der Abschottung samt verhängnisvollem Zollkrieg voranging.

Ab 1945 entstand die Nato - parallel zum Warschauer Pakt. Die Blöcke der geteilten Welt formierten sich im Kalten Krieg. Als die Sowjetunion und ihr Machtbereich 1989/91 kollabierten - aus eigener Schwäche und wegen der Rüstung des Westens -, da begann die allmähliche Entfremdung zwischen den USA und den Westeuropäern. Schon vor Trump war klar, dass der Blick Washingtons sich gen China richtet, auf Asien.

Nun liegt es auch an uns, ob die alte Bindung - wohl erst nach Trump - wieder Kraft gewinnt. Wir sind gut gefahren mit den USA als Partner - politisch, wirtschaftlich, kulturell. Nun müssen wir versuchen, auf allen Ebenen möglichst viel Autonomie zu erreichen - die digitale Abhängigkeit von den Big-Tech-Imperien ist gefährlich groß.

Für ein „Farewell, America“ ist es zu früh. Aber man muss den USA momentan wünschen: „Wake up“ - damit aus dem amerikanischen Traum kein Albtraum wird.

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