Politiker räumen Fehler ein

Corona: Aufarbeitung drängt - bevor die nächste Pandemie kommt

Alexander Jungkunz

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8.3.2024, 15:39 Uhr
Diese Auftritte gab es damals regelmäßig: Jens Spahn mit Lothar Wieler vor der Bundespressekonferenz.

© via www.imago-images.de, imago images/Political-Moments Diese Auftritte gab es damals regelmäßig: Jens Spahn mit Lothar Wieler vor der Bundespressekonferenz.

"Wir werden in ein paar Monaten wahrscheinlich viel einander verzeihen müssen." Diesen Satz sagte der damalige Gesundheitsminister Jens Spahn schon in der Anfangsphase der Corona-Pandemie. Denn noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik hätten Politiker "mit so vielen Unwägbarkeiten so tiefgehende Entscheidungen treffen müssen".

So war es, in der Tat. Und die Beschlüsse der Politik waren teils radikal, teils zögerlich, teils überstürzt, teils nicht ausreichend, teils überzogen, teils anmaßend autoritär - oft richtig, in vielen Punkten aber auch falsch. Wie soll das auch anders sein in einer Pandemie, für die es so kein Vorbild gab? Wenn der Satz mal wirklich zutrifft, dass Politik "auf Sicht fahren" muss, dann während der Corona-Krise.

Wer anderen verzeihen will, muss wissen, wofür

Der Satz von Spahn - den er auch einem Buch über die Pandemie und den Umgang der Politik mit ihr als Titel gab - ist ja auch ein Auftrag: Wer anderen verzeihen will, der muss wissen, wofür. Das heißt: Es braucht eine umfassende Aufarbeitung, was in dieser so einschneidenden Phase gut und was schlecht lief.

Das wurde oft gefordert, vor allem von den Kritikern der Corona-Politik. Zu Recht. Und so eine Sichtung und Analyse der Beschlüsse muss auch im Sinne der damals Verantwortlichen sein. Denn sie brauchen ebenfalls eine Rechtfertigung für ihr Handeln - oder auch deutliche Kritik, wenn sich herausstellt, dass manche Schritte schlichtweg falsch waren. Dass nun einzelne der damals Verantwortlichen klare Selbstkritik üben, das könnte - und kann nur - ein Anfang dieser Aufarbeitung sein.

Auch wir tappten oft im Dunkeln

Die sollte auch andere Bereiche umfassen. Zum Beispiel die Arbeit der Medien: Auch für uns war das, was da geschah, unbekanntes Terrain. Wir mussten einordnen, was uns Experten erklärten - und tappten da, wie viele, oft im Dunkeln. Das zeigte sich auch daran, wie wir die Beschlüsse kommentierten - manchmal mit Kritik, dass sie zu restriktiv sind, oft mit Zustimmung zur Politik. Die ging - etwa in meinen Kommentaren - im Rückblick teils zu weit, mein Kollege Husarek war da kritischer, wir lieferten uns da auch einige Pro & Contra-Artikel.

Die entscheidenden Worte dabei sind: "im Rückblick". Denn das meiste war ambivalent - es war nicht klar, ob Entscheidungen richtig oder falsch waren. Offensichtlicher Unsinn - Polizeieinsatz beim Sitzen auf einer Parkbank etwa - wurde als solcher erkannt, andere Fehler bereits während der Pandemie angesprochen. Der menschenunwürdige Umgang mit Alten, Kranken und Kindern vor allem, der tiefe, langwierige Narben hinterließ.

Eine Art Drehbuch

Wenn es gelingt, mit kühler Analyse Lehren aus der Pandemie zu ziehen, entsteht daraus im Idealfall eine Art Drehbuch, wie man es besser machen kann - in der nächsten Pandemie. Und die, das sagen alle Experten, kommt. Offen ist nur, wann. Es lohnt sich, gut gewappnet zu sein.

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