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Wendet sich mit anderen SPD-Größen gegen die Sicherheitspolitik der eigenen Regierung: Rolf Mützenich.
© Kay Nietfeld/pa
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Wendet sich mit anderen SPD-Größen gegen die Sicherheitspolitik der eigenen Regierung: Rolf Mützenich.

Kommentar

Das Russland-Manifest: Ein Teil der SPD fällt in alte Verhaltensmuster und knickt ein

Fast alle Fachleute sind sich darüber einig, dass Deutschland im Verteidigungsfalle dringend auf bewaffnete Drohnen angewiesen wäre, von denen wir noch über viel zu wenige verfügen. 2020, gut ein Jahr vor dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, verhinderten SPD-Kreise innerhalb der Regierung mit ihrem Veto die Anschaffung solcher Waffen für die Bundeswehr. Maßgeblich beteiligt waren damals Fraktionschef Rolf Mützenich und Parteivorsitzender Norbert Walter-Borjans.

Jetzt ist innerhalb der Sozialdemokratie ein Manifest veröffentlicht worden, in dem vor zu viel Aufrüstung gewarnt wird. Und wer zählt zu den Autoren? Richtig: Mützenich, Walter-Borjans und andere einschlägig bekannte Genossen wie Ralf Stegner. Letzterer überraschte, obwohl ohne Auftrag durch Partei oder Regierung, durch die Teilnahme an Geheimverhandlungen mit den Russen.

Der Kreis schließt sich

Obwohl alle Unterzeichner des Manifests wissen, was Russland in seinem Eroberungskrieg an Verbrechen und Völkerrechtsverletzungen begeht (Bombenangriffe auf Krankenhäuser und Kraftwerke, Vergewaltigungen, Kindesentführungen), fordern sie eine Kehrtwende in der deutschen Sicherheitspolitik. Ausgerechnet jetzt, wo man sich in Deutschland mühsam darauf verständigt hat, Versäumtes nachzuholen.

Der Kreis schließt sich also. Eine alte, innerparteiliche Strömung macht sich wieder bemerkbar, die gegenüber einem imperialistisch auftretenden Russland erstaunlich viel Nachsicht zeigt. Ex-Kanzler Gerhard Schröder war ihr markantester Vertreter. Er bleibt nach wie vor stur in dieser Frage. Bei den anderen hatte man die Hoffnung, die Jahre der Zeitenwende hätten sie eines Besseren gelehrt. Offensichtlich vergebens.

Die Forderung nach Gesprächen und Diplomatie ist berechtigt. Aber wenn man sieht, wie Wladimir Putin den weit mächtigeren US-Präsidenten Donald Trump regelmäßig auflaufen lässt und zu überhaupt keinen Kompromissen bereit ist, dann sollte man sich von einem Vorstoß Europas nicht allzu viel erhoffen.

Das Verhalten der Verfasser des Russland-Manifests erinnert an den Witz vom Geisterfahrer, der auf der Autobahn anmerkt, heute seien ja wieder mal alle in die verkehrte Richtung unterwegs. Jetzt ist es so, dass sich die meisten Nato-Staaten auf ein Nachholen der sträflich vernachlässigten Verteidigungsfähigkeit geeinigt haben. Aber einige prominente SPD-Mitglieder, darunter etliche schon im Ruhestand, wissen es angeblich besser.

Sie schwächen den eigenen Minister

Was sie damit ihrem eigenen Verteidigungsminister Boris Pistorius, der Parteiführung und der Koalitionsregierung antun, das kümmert sie offensichtlich wenig. Sie nennen ihren Vorstoß einen „Debattenbeitrag“ und wissen doch ganz genau, dass er alte Gräben innerhalb der Sozialdemokratie wieder aufreißen wird. Schon hat sich der außenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Adis Ahmetovic, zu Wort gemeldet und das Papier „in weiten Teilen“ als „fragwürdig“ bezeichnet. Und das ist erst der Anfang.

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