
Kommentar
Der Anti-Trump im Vatikan: Leo XIV. steht für Hoffnung, ein Wunderheiler ist er nicht
Der Friedensstifter, der Anti-Trump, der Synodale und, und, und. An Superlativen mangelt es wahrlich nicht in den wenigen Tagen, seit der Nachfolger von Papst Franziskus feststeht. Eine Gewissheit für das nun beginnende Pontifikat Leos XIV. gibt es bereits: Niemals wird dieser Mensch - und sei er als Stellvertreter Christi auserkoren - all die Erwartungen erfüllen können, die in ihn gesetzt werden.
Und doch sollte die Freude über die Auswahl der 133 wahlberechtigten Kardinäle keinesfalls getrübt werden. Die Würdenträger haben klug entschieden. Sie haben all denjenigen, die einen Rückfall in konservative Zeiten herbeigesehnt haben, eine klare Absage erteilt. Denn eines ist das 69-jährige Oberhaupt der katholischen Kirche gewiss nicht: ein rückwärtsgewandter Anti-Reformer.
Wobei wie beim kürzlich verstorbenen Argentinier Jorge Mario Bergoglio auch für Robert Francis Prevost gilt: Wer einen liberalen Revoluzzer auf dem Stuhl Petri erwartet, dürfte enttäuscht werden. Wer im Vatikan in höchste Ämter aufsteigt, stellt das aus der Zeit gefallene System einer auf alte, weißhaarige Männer fixierten Führungsriege nicht grundsätzlich infrage.
Das tat weder Franziskus, noch ist das von Leo XIV. zu erwarten. Wobei: Der Mann ist Augustiner, auch Martin Luther hatte einst diesem Orden angehört, ehe er die Spaltung der Kirche zu seinem Lebenswerk machte. Leos programmatischer Ansatz lässt sich auf wenige Worte reduzieren: synodal und friedensstiftend.
Das sind zwei großartige Ziele, die auch jenseits der 1,4 Milliarden Menschen umfassenden Community der Katholiken auf Zustimmung stoßen dürften. Natürlich nicht bei allen: Donald Trumps Freude über die Wahl seines Landsmannes könnte von kurzer Dauer sein. Trump, wenn man so will ein anti-synodaler Präsident, hat wohl wenig gemein mit dem verbindenden Element des neuen Papstes.
Donald Trump und Leo XIV. sind zwei Antipoden
Leo XIV., dessen Namenswahl an Leo XIII. erinnert, der als Sozialethiker und „Armenpapst“ bis heute wirkende Maßstäbe gesetzt hatte, steht nach allem, was wir wissen, nicht für Spaltung, sondern für ein gewaltfreies Miteinander. Erste Aussagen des Papstes zum Aggressor Puten sind sehr deutlich. Der Pontifex meint es ernst!
Donald Trump und Leo XIV. sind zwei Antipoden: Hier der demokratisch gewählte Autokrat, der das wohl austarierte US-System der Checks and Balances vor eine große Herausforderung stellt. Dort der absolutistisch herrschende Papst, der auf mehr Demokratie und Frieden setzt.
Wie weit der Mut von Leo XIV. wirklich reicht, muss sich erst zeigen. Der Mut der Kardinäle, die in kurzer Zeit mit großer Mehrheit für den polyglotten Mann votiert haben, darf als Vertrauensvorschuss begriffen werden. Die Mühen des Alltags, wozu auch der entschiedene Kampf gegen Missbrauch in der katholischen Kirche zählt, werden erste Fingerzeige geben, ob der neue Papst den hohen Anforderungen genügen kann. Ein Wunderheiler ist Robert Francis Prevost nicht.
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