
Kommentar
Ein Papst, der gegen den politischen Zeitgeist kämpfte - wofür steht sein Nachfolger?
Selbst Kirchenkritiker konnten sich der Strahlkraft dieser Zeremonie kaum entziehen: Die Trauerfeier für den verstorbenen Papst war eine beeindruckende Inszenierung voller Farben, Symbolik - und sehr viel Politik.
Ein Gipfeltreffen der Mächtigen in der Welt - bei der Beerdigung eines Mächtigen im Glauben. Trump sprach mit Selenskyj - zumindest die Bilder des Treffens zeigten Austausch und ungewöhnliche Nachdenklichkeit. Wenige meinten, den Moment nutzen zu müssen, um sich selbst in Szene zu setzen - etwa Bayerns Ministerpräsident mit Selfies vom Petersplatz. Ein Kontrastprogramm zur Bescheidenheit dieses Papstes.
Dabei zeigte auch die Trauerfeier, wie anders Franziskus war, wie sehr er sich von seinen Vorgängern absetzte. Zu sehen waren auch im Sarg seine ausgelatschten Schuhe - nicht die teuren, roten Lederschuhe des Vorgängers. Franziskus wurde in einem schlichten Holzsarg beerdigt, die bisher traditionellen drei ineinander geschachtelten Särge aus Zypressenholz, Blei und Eiche hatte er abgeschafft.
Die Predigt von Kardinaldekan Giovanni Battista Re war dann eine Art Verlesung des politischen Vermächtnisses von Franziskus. Wenn die Staatschefs da zuhörten, mussten viele sich angesprochen, ja getroffen fühlen. Denn der 91-Jährige erinnerte an den Einsatz des verstorbenen Papstes für Flüchtlinge, an seine erste Reise nach Lampedusa und auch die Messe, die Franziskus an der Grenze der USA zu Mexiko hielt.
Brücken bauen, nicht mit Gewalt abreißen: Klare Worte in der Trauerpredigt
Giovanni Battista Re erhielt viel Beifall aus der Trauergemeinde, als er über die Barmherzigkeit von Franziskus sprach, von der Kultur der Solidarität und Brüderlichkeit. Und betonte, wie wichtig es sei, Brücken zu bauen. Klar: Das ist die Aufgabe eines Pontifex - was wörtlich übersetzt ja Brückenbauer heißt. Franziskus baute vor allem Brücken im Geiste Jesu, mit seinem Einsatz für Schwache, Arme, Behinderte, Trans-Menschen.
Gruppen, die vor allem Trump und seine Regierung teils massiv ins Visier nehmen, ausgrenzen. Der US-Präsident nannte Franziskus auf dem Hinflug einen „fantastischen Typen“. Dabei lässt sich kein größerer Gegensatz zwischen dem verstorbenen Papst und Trump denken, dessen Politik Brücken mit Gewalt und Menschenverachtung abreißt, statt sie zu bauen.
Und Trump ist nur die Vorhut einer wachsenden Reihe rechtspopulistischer Herrscher, die eher aufs Recht des Stärkeren setzen statt auf einen liberalen, sozialen Rechtsstaat. Der politische Zeitgeist gibt ihnen momentan Auftrieb.
Welche Richtung wird der Nachfolger von Franziskus einschlagen? Denkbar ist auch Rückendeckung für den Roll-Back-Kurs der Konservativ-Reaktionären - Kandidaten dafür gibt es. Die Trauerpredigt forderte ein anderes Profil ein: eine erneut starke Stimme der Schwachen, die gegenhält gegen Entmenschlichung und ein Stachel im Fleisch der Mächtigen ist. Die Kardinäle haben es in der Hand, wohin diese nach wie vor mächtige Kirche steuert.
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