Ein Lastwagen mit humanitärer Hilfe für den Gazastreifen fährt am Grenzübergang Kerem Shalom im Süden Israels.
© Maya Alleruzzo/AP/dpa
Ein Lastwagen mit humanitärer Hilfe für den Gazastreifen fährt am Grenzübergang Kerem Shalom im Süden Israels.

Kommentar

Es geht nicht um „große Politik“, es geht ums Überleben: Lasst Hilfsgüter nach Gaza!

Die Lage im Gaza-Streifen ist desaströs. Hungernde Menschen, sterbende Kinder, kurzum: eine humanitäre Katastrophe. Ob es die Vereinten Nationen sind oder die Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ - an Warnhinweisen mangelt es nicht. Seit Monaten wird auf die prekäre Situation der palästinensischen Bevölkerung hingewiesen.

Israels Regierung ficht das nicht an. Im Gegenteil: Premier Benjamin Netanjahu ist wild entschlossen, den Militäreinsatz fortzusetzen, er setzt weiterhin auf einen Erfolg mit allen Mitteln. Ab und an werden ein paar Lastwagen mit Hilfsgütern über die Grenze gelassen, Linderung verspricht dies nicht ansatzweise. Die Folgen sind greifbar: Einerseits für die Zivilisten im Gaza-Streifen, denen es an allem mangelt. Andererseits auch in der internationalen Staatengemeinschaft, innerhalb derer die Unterstützung für Israel erodiert.

Das Wegbrechen der Unterstützer müsste Israel zu denken geben

Jüngste Beispiele: 17 der 27 EU-Mitglieder und somit eine klare Mehrheit votierten vergangene Woche dafür, den Fortbestand des Assoziierungsabkommen mit Israel zu prüfen. Weil es das Prinzip der Einstimmigkeit gibt, hat die Initiative keine unmittelbaren Folgen. Spanien fordert ein internationales Waffenembargo gegen Israel. Und: mehrere SPD-Politiker wollen Waffenexporte nach Israel stoppen. Es verschiebt sich derzeit zweierlei: Die Front der Unterstützer Israels bröckelt und die Stimmen der Kritiker werden immer lauter.

Für die deutsche Außenpolitik wird die Nahostpolitik zunehmend zu einer kaum zu meisternden Herausforderung: Zwar darf es (und daran rüttelt innerhalb der Koalition in Berlin auch niemand) keine Zweifel geben, dass die Sicherheit Israels Teil der deutschen Staatsräson ist und bleibt. Nur: Was ist dieses Bekenntnis wert, wenn Tag für Tag Verstöße gegen das Völkerrecht sehenden Auges übersehen werden (müssen)?

Das deutsch-israelische Verhältnis gerät zum diplomatischen Eiertanz. Kanzler Friedrich Merz (CDU) weiß das, eine Lösung hat auch er nicht zu bieten. Es hat lange gedauert bis Merz sich konkret zu Israels von vielen Experten als völkerrechtswidrig eingestuftem Vorgehen geäußert hat, umso klarer seine jüngste Aussage: „Die Zivilbevölkerung derart in Mitleidenschaft zu ziehen(...)lässt sich nicht mehr mit dem Kampf gegen die Hamas begründen.“ So ist es!

Die Folgen der Katastrophe haben auch unsere Region längst erreicht

Auch unsere Region haben die Folgen der humanitären Katastrophe längst erreicht: Kaum eine Demonstration, auf der sich beide Lager - Anhänger der Palästinenser und Freunde Israels - nicht unversöhnlich gegenüberstehen. Kaum eine politische Debatte, die um die Lage in Gaza herumkommt.

Auch wenn es auf wenig Verständnis stoßen dürfte: Derzeit geht es mit Blick auf den Gaza-Streifen nicht um „große Politik“, es geht auch nicht um Antisemitismus, es geht vielmehr um Menschenleben. Tausenden Kindern droht der Tod, wenn nicht endlich Hilfsgüter, seien es Lebensmittel oder medizinische Produkte in ausreichender Menge ihren Weg zu den Menschen finden.