Verteidigungsminister und CDU einig

Immer mehr politische Kräfte fordern es: Kommt die Wehrpflicht zurück?

Harald Baumer

Korrespondent Berlin

E-Mail zur Autorenseite

8.5.2024, 12:54 Uhr
Friedrich Merz bei der Abstimmung zur Wehrpflicht.

© Kay Nietfeld/dpa Friedrich Merz bei der Abstimmung zur Wehrpflicht.

Die Wehrpflicht ist in Deutschland nie abgeschafft worden, auch wenn das manche Menschen denken. Sie wurde vor 13 Jahren lediglich ausgesetzt. Das mag ähnlich klingen, ist aber inhaltlich ein großer Unterschied. Das Aussetzen macht eine Rückkehr zur Wehrpflicht deutlich leichter.

Jetzt mehren sich die Forderungen, die Entscheidung von damals wieder zu korrigieren. Der Verteidigungsminister (SPD) hat sich schon vor längerer Zeit dafür ausgesprochen. CSU-Chef Markus Söder auch. Seit wenigen Tagen gibt es zudem noch einen Parteitagsbeschluss der CDU dazu - immerhin von der Partei, die möglicherweise die nächste Bundesregierung anführen wird.

Lage hat sich dramatisch geändert

Tatsächlich hat sich die sicherheitspolitische Situation der Bundesrepublik im Vergleich zum Jahr 2011 dramatisch geändert. In der Ukraine findet mit der russischen Invasion der größte Krieg seit 1945 auf europäischem Boden statt, der Iran könnte bald über einsatzfähige Atomwaffen verfügen, die Lage im Nahen Osten ist so bedrohlich wie schon lange nicht und China droht mit einer gewaltsamen Einverleibung Taiwans. Als ob das nicht schon reichen würde, könnte der Nato mit den USA bald ihr wichtigster Sicherheitsgarant abhanden kommen.

Sprach sich schon früh für die Wehrpflicht aus: Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD).

Sprach sich schon früh für die Wehrpflicht aus: Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD). © Britta Pedersen/dpa

Das sind alles gute Gründe, um ernsthaft über die bestmögliche verteidigungspolitische Aufstellung Deutschlands nachzudenken. Dazu kann, aber muss nicht zwingend die Inkraftsetzung der Wehrpflicht gehören.

Der Aufwand, junge Männer (und vielleicht auch Frauen) zu mustern und gegebenenfalls zum Wehrdienst einzuziehen, wäre gigantisch. Sie brauchen Unterkünfte, Ausbildung und Bezahlung. Der Ertrag wäre möglicherweise gering, weil für so komplexe Aufgaben wie heute kurzfristig angelernte Kräfte nicht unbedingt zu gebrauchen sind.

Zu früh für klares Ja oder Nein zur Wehrpflicht

Die Verankerung der Bundeswehr in der Gesellschaft wäre zweifellos intensiver, wenn jährlich Tausende von jungen Menschen ihren Dienst dort leisten würden. Auch könnte die Armee in Krisenzeiten rasch an zusätzliches Personal kommen, das für einfachere Aufgaben eingesetzt werden kann.

Noch ist es zu früh, eindeutig Ja oder Neun zur Inkraftsetzung der Wehrpflicht zu äußern. Es braucht unter anderem Berechnungen von Experten - zum Beispiel zu der Frage, was der Wiederaufbau der alten Strukturen kosten würde. Schließlich müsste überlegt werden, ob es gleichzeitig eine Art sozialer Dienstpflicht für junge Menschen geben soll.

Die Ampel sollte diese Diskussionen in geordnete Bahnen lenken. Noch in dieser Legislaturperiode könnten Regierung und Opposition eine große Debatte möglichst mit offener Abstimmung im Bundestag stattfinden lassen. Das ist ja nicht unbedingt eine Frage, die streng an den Parteilagern entlang entschieden werden sollte. Besser, als das Thema alle paar Monate in der Öffentlichkeit hochzukochen und dann wieder zu vergessen, wäre eine solche Debatte allemal.

0 Kommentare