Ein Auftritt ganz in der Nähe des Reichstagsgebäudes: Lars Klingbeil vor dem Brandenburger Tor.
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Ein Auftritt ganz in der Nähe des Reichstagsgebäudes: Lars Klingbeil vor dem Brandenburger Tor.

Kommentar

Lars Klingbeil: der Mann, mit dem die neue Regierung steht und fällt

Lars Klingbeil hat etwas beinahe Unglaubliches geschafft. Unter seinem Vorsitz (und dem von Saskia Esken) holte die SPD zwar das schlechteste Ergebnis bei einer Bundestagswahl in der gesamten Nachkriegszeit, aber unmittelbar nach diesem 23. Februar setzte er zu einer steilen Karriere an. Er wurde übergangsweise Fraktionsvorsitzender und nun warten schon die beiden nächsten, noch bedeutenderen Ämter auf ihn: Vizekanzler und Bundesfinanzminister.

Man muss einige Zeit zurückdenken, ehe man eine Persönlichkeit findet, die innerhalb der SPD so stark war wie Lars Klingbeil. Olaf Scholz war es jedenfalls nicht, denn der hatte auf der Ebene der Partei kaum etwas zu sagen. Sigmar Gabriel fällt einem ein, der Anfang 2018 unfreiwillig aus allen Ämtern ausgeschieden ist. Er hatte eine ähnlich beeindruckende Titelsammlung aufzubieten: SPD-Chef, Vizekanzler und Wirtschaftsminister.

Lars Klingbeil: Die beste Wahl für die SPD

Ist es nun gut und gerecht, dass sich Klingbeil unmittelbar aus der schlimmen Niederlage heraus nach oben befördern ließ? Gerechtigkeit ist letztlich kein entscheidendes Kriterium in den Sphären der Spitzenpolitik. Da gilt es eben, sich durchzusetzen. Das haben auch ein Kohl, ein Schröder, eine Merkel beweisen müssen.

Die andere Frage ist leichter zu beantworten: Gut ist es vermutlich schon für die SPD, dass Klingbeil jetzt ganz oben steht. Der 47-jährige Niedersachse hat in den Koalitionsgesprächen die Union schwindelig verhandelt und das Optimale an Inhalten sowie an Posten für die SPD herausgeholt. Nur deswegen war der Mitgliederentscheid eine solch sichere Angelegenheit und endete mit 84 Prozent Zustimmung.

Nur einer hat in der gegenwärtigen Sozialdemokratie eine ähnliche große Autorität. Das ist Verteidigungsminister Boris Pistorius. Aber der ist 18 Jahre älter als Klingbeil und geht nach der nächsten Wahl auf seinen 70. Geburtstag zu. Er kann für Partei und Republik noch sehr wertvoll sein, ein Zukunftsmodell für die 2030er ist er vermutlich nicht.

Schwierige Zeiten werden kommen

Sonst aber ist weit und breit niemand in Sicht, der die Autorität hätte, die Koalition auch durch schwierige Zeiten zu bringen. Die wird es bestimmt geben und in dieser Situation braucht einen Stabilisator. Wenn Klingbeil und Merz zusammenhalten und sich als Dritter im Bunde auch noch Markus Söder etwas beherrscht, dann kann erst mal wenig passieren. Scholz, Habeck und Lindner haben das in der Ampel-Regierung nicht geschafft.

Am 6. Mai wird es unmittelbar nach der Vereidigung des neuen Bundeskanzlers losgehen mit der GroKo, mit Schwarz-Rot oder wie immer man die neue Koalition auch nennen will. Gott sei Dank. Dann kann man auf die Arbeit der neuen Ministerinnen und Minister blicken und muss nicht mehr nur viele Jahre alte Zitate von ihnen ausgraben, um damit ihre mangelnde Eignung schon vor Amtsantritt nachzuweisen.

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