Rechtsruck in Bayern
Machtkampf in der bayerischen Koalition: Es geht um sehr viel mehr als nur den guten Ton
13.9.2024, 15:22 UhrEs knirscht in der bayerischen Koalition. Die Freien Wähler sind genervt von den Seitenhieben ihres Partners - und drohen mit Revanche. Die könnte die Situation eskalieren lassen.
Tatsächlich reiben sich CSU und Freie Wähler seit Jahren aneinander, mit zunehmender Härte. Die Motive sind vielschichtig. Die einst als allein regierende erfolgsverwöhnte CSU sieht die Freien Wähler nicht auf Augenhöhe. Dass in einer Partnerschaft andere Regeln gelten, akzeptiert sie nicht.
Wer wedelt da mit wem`?
Nach ihrer Lesart muss die Aiwanger-Truppe froh sein, dass sie an den Kabinettstisch darf. Ein eigenes Profil ist für sie nicht vorgesehen. So stellen die Christsozialen für sich klar, wer der Hund ist und wer der Schwanz. Und wer da mit wem wedelt.
Beide Parteien sind konservativ; die Freien Wähler ziehen ihre Kraft aus denen, die der CSU nahestehen, mit ihr aber unzufrieden sind. Das war der Ursprung der einst kommunalen Bewegung. Das ist ihr Ziel auf Landes- wie auf Bundesebene: Sie wollen das konservativ-liberale Sammelbecken neben der Union werden.
Die CSU muss sie nicht als ernsthafte Konkurrenten fürchten. Nach aktuellem Stand werden es Aiwanger und seine Leute nicht in den Bundestag schaffen. Doch es wird reichen für harte Einbußen bei den Christsozialen, weil gerade in Bayern die Freien Wähler stark sind - zulasten der Söder-Truppe. Das wird dessen bundespolitischen Stellenwert schmälern.
Der legt sich folgerichtig mit Aiwanger an, spricht ihm wirtschaftspolitische Kompetenz wie Engagement ab und versucht, ihn kleinzuhalten. In der CSU sehen sie es als Fehler, dass das Wirtschaftsressort an die Freien Wähler ging - ein Haus, dessen Bedeutung in krisenhaften Zeiten gewaltig ist. Deshalb erklärt Söder die Wirtschaftspolitik zur Chefsache und düpiert gezielt den zuständigen Minister.
Es ist ein Machtkampf zweier Alphatiere. Und der zweier Populisten dazu. Aiwanger wie Söder zielen auf das rechte Lager; der eine hatte es schon immer im Blick, der andere, Söder, es zwischenzeitlich aus den Augen gelassen.
Söder rückt aktuell in der Migrationsfrage wieder deutlich nach rechts. Dort ist Aiwanger ihm weit voraus. Die Hemmungslosigkeit, wie er gerade für sämtliche Probleme in der Republik die illegale Migration verantwortlich macht, sucht ihresgleichen im demokratischen Spektrum. Er wirft alle in einen Topf, Ukrainer, Asylsuchende, Illegale, und etikettiert sie als böse. Aiwanger pfeift, wieder einmal, die Melodie der AfD.
So weit geht Söder nicht. Doch auch er verschiebt die Linie, setzt auf das Thema Migration. Söder will nichts den Rechtsextremen und Aiwanger überlassen. Dabei ist der Grat ungleich schmaler, auf dem er sich bewegt. Sollte die Union 2025 den Kanzler stellen, wird sie sich daran messen lassen müssen, was sie gefordert hat und was sie davon umsetzen kann.
Aiwanger plagen derlei Sorgen nicht. Deshalb liegt er im Rennen der Populisten vor Söder. Aber eben auch nur da.
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