
Kommentar
Merz-Besuch ohne Zwischenfall im Weißen Haus: Doch wie lange bleibt Trump wohlgestimmt?
Unfallfrei. So kann man den Besuch von Bundeskanzler Friedrich Merz bei US-Präsident Donald Trump einordnen. Und das ist durchaus als Lob für den CDU-Vorsitzenden zu verstehen. Merz war gut beraten, er ließ Trump labern (Redeanteil 90 Prozent) und widersprach nur einmal, als er es tun musste (Ukraine).
Ansonsten wurde Trump von Anfang an milde gestimmt mit der goldgerahmten Geburtsurkunde seines Großvaters. Das passt zur seltsam schillernden Devotionaliensammlung des Egozentrikers.
Friedrich Merz: Solidere Figur als Scholz
So funktioniert Diplomatie. Die Außenpolitik von Kanzler Merz hat somit einen durchaus gelungenen Start hingelegt. Schon jetzt, nach wenigen Monaten im Amt, geben der Sauerländer und sein Außenminister Johann Wadephul (CDU) eine solidere und gewichtigere Figur ab als dies unter Ex-Kanzler Olaf Scholz und seiner Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) der Fall gewesen war.
Der neue Außenamtschef hat beispielsweise den durchaus heiklen Spagat beim Besuch des israelischen Außenministers in Berlin souverän gemeistert. Deutschland, so lautet das Zwischenfazit der schwarz-roten Regierung findet, wieder offenbar seine Rolle auf der internationalen Bühne, das hat Respekt verdient.
Zurück zum Trump-Besuch von Merz: Was diese Visite tatsächlich wert ist, muss sich erst noch zeigen. Denn wenn der US-Milliardär im Oval Office eines ist, dann von schwankendem Gemüt. Heute hui, morgen pfui, so regiert der Chef der Supermacht USA.
Bestes Beispiel: Sein Verhältnis zum Tech-Milliardär Elon Musk galt bis vor kurzem als eng. Beide feierten sich gegenseitig, Musk durfte sogar seinen jüngsten Sprössling mit ins Weiße Haus bringen. Der mit der Kettensäge hantierende Behördenabwickler und der auf Deals jeglicher Art spezialisierte Präsident schienen ein unzertrennliches Paar.
Kurz nach Musks Abschied kippte das Verhältnis ins Gegenteil: Mittlerweile beschimpfen sich beide Alpha-Tiere, die Schlammschlacht ist eröffnet. Musk stört sich an Trumps Schuldenpolitik, die er wenig charmant als „widerliche Abscheulichkeit“ einstuft. Trump schlägt zurück, indem er Subventionen für Musks Konzerne stoppen will. Die Geschichte ließe sich verlängern...
Nicht in Sicherheit wiegen
Merz und seine Berater sollten sich also keineswegs in Sicherheit wiegen. Der US-Präsident ist nur in einem kalkulierbar: Er ist stets für unkalkulierbare Reaktionen gut. Wie soll, diese Frage beschäftigt Diplomaten weltweit, mit einem solchen Menschen verlässlich Politik gemacht werden?
Merz, das muss betont werden, hat sich zumindest mit den richtgien Leuten umgeben, um eine Antwort zu finden. Sein Regierungssprecher und ständiger Reisebegleiter Stefan Kornelius beispielsweise ist ein absoluter Profi, wenn es um außenpolitische Fragen geht. Ein weiteres unfallfreies Agieren auf der Weltbühne kann dem Kanzler also gelingen. In Zeiten wie diesen wäre dies nicht das Schlechteste!
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