Es sind handwerkliche Fehler, die CSU-Chef Söder (rechts) und CDU-Chef Merz im Umgang mit den Grünen um Robert Habeck (links) machen. Sie verprellen ausgerechnet jene Partei, die ihnen im Bundestag eine Mehrheit verschaffen sollen.
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Es sind handwerkliche Fehler, die CSU-Chef Söder (rechts) und CDU-Chef Merz im Umgang mit den Grünen um Robert Habeck (links) machen. Sie verprellen ausgerechnet jene Partei, die ihnen im Bundestag eine Mehrheit verschaffen sollen.

Kommentar

Merz und Söder gegen die Grünen: Wenn zu viel Testosteron das Handeln bestimmt

Markus Söder und Friedrich Merz: Da können gerade zwei vor Kraft kaum laufen. Vor allem Söder wirft sich mächtig in die Brust und zieht rote Linien, als ob es keine Kompromisse geben muss. Die SPD wird sich bedanken.

Merz wiederum ist von partieller Amnesie befallen - und hat Söder infiziert. Über Wochen und Monate hatten SPD und Grüne ihnen eine Reform der Schuldenbremse angeboten und auf die Notlage verwiesen, in der Deutschland steckt. Beide haben das als absurd ausgeschlagen.

Ohne die Grünen wird es nicht gehen

Jetzt holt ihr Nein sie ein. In atemberaubenden Tempo haben Söder und Merz am Tag nach der Wahl eine Kehrtwende hingelegt und ein Schuldenpaket vereinbart, das es noch nie gegeben hat. Dumm nur, dass die SPD mit im Boot sitzt, die Grünen aber nicht. Ohne sie wird der ambitionierte Plan scheitern, weil er im Bundestag eine Zwei-Drittel-Mehrheit braucht.

Ausgerechnet jene Grünen also, die CSU-Chef Markus Söder im Wahlkampf zum Staatsfeind Nummer eins stilisiert hat. Dass er seine konservative CSU-Wählerschaft beruhigen wollte, ist nachvollziehbar. Für sie sind die Grünen ein rotes Tuch. Doch Söder hat die teils irrationale Aversion nach Kräften befeuert.

Klar, der CSU-Chef ist flexibel genug für Kurskorrekturen; das ist nicht verwerflich. Politik muss sich den Gegebenheiten anpassen, sich hinterfragen und auf das reagieren, was der Mehrheitswille im Land ist. Dass aber die USA als verlässlicher Partner ausfallen werden, dass die Bundeswehr wie die deutsche Infrastruktur kaputt gespart sind, das sind keine neuen Erkenntnisse.

Wer einen radikalen Kurswechsel anstrebt, und CDU, CSU und SPD tun das gerade, der muss seine Partner einbinden, alle Partner, auch die Grünen. Er muss notwendige Mehrheiten vorab organisieren - und dafür notfalls über seinen Schatten springen.

Söder hätte sich auch die AfD vornehmen können

Dass die Grünen erst aus den Nachrichten erfahren haben, was Union und SPD planen, verärgert sie deshalb durchaus zurecht. So wie sie einigermaßen verblüfft miterleben mussten, wie die CSU sie zwar in wenigen Tagen als Mehrheitsbeschaffer braucht, sie gleichwohl am Aschermittwoch in Passau noch einmal abwatscht und ihre Niederlage feiert.

Passau folgt seinen eigenen Regeln, keine Frage. Und Söder hat sich vor allem an jenen grünen Promis abgearbeitet, die im Bund keine Rolle mehr spielen werden. Er hätte sich freilich zur Abwechslung auch auf die AfD einschießen und jene schonen können, die er bald brauchen wird. Hat er nicht.

Die Vermutung liegt nahe, dass CDU und CSU auf zwei Dinge spekulieren: Sie hoffen, dass die SPD die Grünen noch einfangen wird; und sie setzen darauf, dass die Grünen aus staatspolitischer Verantwortung den Schritt mitgehen, zumal er ihren Überzeugungen entspricht.

Unwahrscheinlich ist das nicht. Allerdings werden die Grünen sich ihr Ja-Wort jetzt teuer abkaufen lassen mit Zugeständnissen etwa in der Umweltpolitik. Manchmal ist etwas weniger Testosteron und mehr Diplomatie die bessere Wahl.

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