
Kommentar
Nach dem Amoklauf von Graz: Zumindest eine Lehre lässt sich ziehen
Gibt es Schlimmeres? Kinder gehen morgens in die Schule - und einige von ihnen kommen nie mehr nach Hause.
Ein Massaker wie in Graz ist ein Albtraum. Aber leider ein realer. Amokläufe in Schulen sind keine Seltenheit. In den USA kommt es immer wieder zu solchen Taten, mit oft sehr vielen Opfern. In Deutschland gab es die Massenmorde in Erfurt (2002) und in Winnenden (2009), Androhungen von Schul-Gewalt sind viel zu häufig zu erleben.
Graz: Der zu leichte Zugang zu Waffen spielt sicher eine Rolle
Danach wird gerätselt über Motive und Hintergründe der Täter. Manche Schlussfolgerungen sind mehr oder weniger naheliegende Spekulationen - andere aber sollten Handlungsanweisungen an die Politik sein. Denn dass es zu solchen Verbrechen kommt, hat sicherlich auch mit dem (zu) leichten Zugang zu Waffen zu tun. Das ist in den USA offensichtlich, wo Gewehre und Pistolen quasi zur normalen Haushaltsausstattung gehören.
Die Vorschriften in Österreich sind deutlich lockerer als etwa in Deutschland, der Täter kam so offenbar selbst sehr leicht an die Waffen, mit denen er zehn Menschen und sich selbst tötete. Wieder einmal wird nun im Nachbarland über schärfere Gesetze diskutiert - man sollte sie rasch beschließen, um das Risiko solcher Verbrechen wenigstens etwas zu reduzieren.
Denn natürlich sind sie auch bei rigiden Verboten nicht komplett zu verhindern - wer Waffen will, wird sie sich besorgen können. Je schwerer das ist - umso besser. Und natürlich dürfen Schulen keine Hochsicherheitstrakte werden, abgesichert und bewacht.
Einige gemeinsame Auffälligkeiten bei den meisten Schul-Massakern werfen Fragen auf - unangenehme Fragen, die schwerer zu beantworten sind als die nach einem schärferen Waffenrecht. Es sind zum Beispiel nahezu immer junge Männer, die solche Taten verüben.
Was geht in ihnen vor? Vom Grazer Täter heißt es, er sei sehr introvertiert gewesen, mit Kopfhörern unterwegs. Was hören junge Männer da, was lassen sie hinein in ihren Kopf, welchen Einfluss haben „soziale“ Medien und ihre oft hasserfüllten Botschaften? Dort genießen gewaltbereite Frauenverächter leider Kultstatus bei jungen Männern ohne Partnerin, den sogenannten „Incels“ - die im Netz zu viel Stoff zur Radikalisierung finden.
Kränkungen lassen sich nur reduzieren. Wichtiger ist es, sie zu erkennen
Von möglichem Mobbing ist die Rede. Lässt es sich - und wenn ja, wie - verhindern, dass Schülerinnen und Schüler gekränkt, verletzt, gedemütigt werden? Vollends sicherlich nicht. Dann aber muss es auch darum gehen, wie das Umfeld auf solche Kränkungen reagiert - wenn sie denn überhaupt sichtbar werden.
Wahrnehmen von Menschen, ihren Ängsten, ihren Gefühlen: Geschieht dies ausreichend? In der Schule, im Freundeskreis (sofern vorhanden), in der Familie und im Elternhaus vor allem (sofern vorhanden)? Wer so fragt, der stellt sich keineswegs vor den Menschen, der da auf Schüler schoss. Aber es ist elementar, zu klären, wie und warum es zu solchen Taten kommen kann. Denn sonst werden sie sich wiederholen.
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