Er kämpft hart - für viele zu hart: GDL-Chef Claus Weselsky.
© Christian Charisius, dpa
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Er kämpft hart - für viele zu hart: GDL-Chef Claus Weselsky.

Kampf statt Tarifpartnerschaft

Nach dem Lokführer-Streik: Warum die GDL und die Bahn auf Crashkurs sind

In der Nacht zum Samstag endet er - der Streik der GDL bei der Bahn. Aber für wie lange? Ein Ende dieses Tarifkonflikts ist keineswegs in Sicht. Und das liegt nicht nur an der Lokführergewerkschaft. Die tut zunächst mal, was ihr Job ist: Sie kämpft für ihre Mitglieder. Das machen die Bauernverbände aktuell auch. Aber während die Landwirte viel Beifall bekommen, schlägt der GDL und vor allem ihrem Chef Claus Weselsky teils Wut und Hass entgegen - Emotionen, die leider im Trend liegen.

Die Art, wie die Gewerkschaft agiert, stößt viele vor den Kopf

Dabei sind weder die Lokführer noch Zugbegleiter bei der DB überbezahlt. Sie haben mit dem Chaos bei der Bahn genug zu kämpfen und sicher keinen ruhigen Job (sofern es so etwas überhaupt noch gibt). Dass die GDL für höhere Löhne kämpft, begrüßen daher auch viele. Aber die Art, wie sie das tut, stößt dann doch die meisten vor den Kopf.

Da ist zum einen die Überfrachtung einer einzigen Tarifrunde. Die GDL will 555 Euro mehr Entgelt plus Inflationsausgleich plus die 35-Stunden-Woche mit vollem Lohnausgleich. Vor allem die Arbeitszeitverkürzung ist der Knackpunkt. Die Bahn argumentiert, sie müsste ihr Personal um zehn Prozent aufstocken, würde die Forderung der GDL umgesetzt. Dabei werden Lokführer schon heute gesucht. Das weiß Weselsky natürlich - und darauf hat seine Gewerkschaft mit einem mindestens zweifelhaften Trick reagiert. Sie gründete eine Leiharbeitergenossenschaft "Fair Train". Die soll Lokführer von der DB abwerben, ihnen bessere Konditionen bieten - und das Personal dann, natürlich zu diesen Bedingungen, an die Bahn ausleihen.

Die GDL tritt selbst als Arbeitgeber auf, das ist rechtlich heikel

Da wird es heikel: Denn die GDL tritt selbst als Arbeitgeber auf. Ob sie das darf oder sich damit als Tarifpartner sogar herauskegelt, darüber müssen Gerichte entscheiden, was dauern wird. Doch allein die Tatsache, dass darüber gestritten wird und dass es so weit kam, zeigt, wie angespannt die Tarif-Front ist.

Die GDL kämpft ja auch gegen die größere Eisenbahnergewerkschaft EVG. Schon das ist problematisch und eigentlich wegen des Tarifeinheitsgesetzes nicht mehr drin - aber dessen Auslegung ermöglicht diesen bizarren Kampf zweier Arbeitnehmerorganisationen nicht mit-, sondern gegeneinander. Auch die Härte, mit der sich DB und GDL bekriegen, ist erschreckend. Die Tonlage spricht Bände. Weselsky ätzt gegen Bahn-Personalchef Martin Seiler, beschimpft den Konzern wüst. Auch da ist jene Verrohung zu erleben, die um sich greift. Und die DB? Traute sich, ihrer Spitze hohe Boni zu genehmigen. Mindestens eine Geschmacklosigkeit angesichts der maroden Lage der Bahn.

Der Mut zum Kompromiss fehlt

Da ist nichts zu spüren von Tarifpartnerschaft, von der Geschmeidigkeit, mit der - einst? - Konflikte in Deutschland ausgetragen wurden. Das zeichnet(e) den Standort aus: der Wille zum Kompromiss, ohne den es nicht geht. Aber diese Einsicht verdrängen zu viele auf zu vielen Ebenen, und das tut dem Land nicht gut.

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