Aiwangers gefährliches Spiel

Politik ist keine Jagd, es geht nicht um Abschießen, sondern um Kompromisse

Michael Husarek

Chefredakteur Nürnberger Nachrichten

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13.5.2024, 15:00 Uhr
Immer auf der Jagd nach Stimmen: Hubert Aiwanger (Freie Wähler), bayerischer Wirtschaftsminister.

© Armin Weigel/dpa Immer auf der Jagd nach Stimmen: Hubert Aiwanger (Freie Wähler), bayerischer Wirtschaftsminister.

"Wenn ich sehe, dass ich die Grünen einbremsen muss oder andere Extremisten, die irgendwo massiv auftreten..." Worte, die Hubert Aiwanger, immerhin stellvertretender Ministerpräsident in Bayern, so in einer Talkshow gesagt hat. Nicht in einem Bierzelt beim Politischen Aschermittwoch, wo andere Regeln gelten. Nein, einfach so in einer der Abendsendungen, die denjenigen eine Bühne bieten, die sie suchen.

Und der Freie-Wähler-Chef lässt derzeit keine Gelegenheit aus, sich ins Rampenlicht zu rücken. Schließlich will er bei den Europawahlen gut abschneiden, nicht zuletzt um seinen heimlichen Widerpart, CSU-Chef Markus Söder, zu ärgern. Denn Freie-Wähler-Stimmen fließen nicht selten direkt von christsozial orientierten Menschen zu Aiwangers Gruppierung.

So weit, so nachvollziehbar. Und dass Aiwanger Söder beim Grünen-Bashing in nichts nachsteht, wissen politischen Beobachter seit langem. Nur: Wissen die beiden auch, was sie tun? Söder ist das noch eher zuzutrauen, er kann auch mit angezogener Handbremse seine - immer noch üblen - Spitzen gegen eine durch und durch demokratische Partei der Mitte (ja, das sind die Grünen) austeilen.

Aiwanger hingegen haut weiter drauf - als wäre nichts geschehen. Dabei ist viel passiert in den letzten Wochen und Monaten. Politiker werden im Wahlkampf geschlagen. Die Liste der Übergriffe wird länger und länger - und die mahnenden Stimmen werden zahlreicher.

Mäßigt euch, bitte, lauten beinahe flehentliche Appelle von seriösen Begleitern des Politbetriebs. Nicht selten garniert mit Hinweisen, dass eine Demokratie auch von innen ausgehöhlt werden kann. Es bedarf dazu nicht der Populisten und Extremisten, die ihr übles Werk ohnehin unablässig von den Rändern aus betreiben.

Es ist wohl der größte Malus der freiheitlichen Grundordnung, dass sie jeder, und sei es aus niederen Beweggründen wie durchsichtigem Stimmenfang, in Misskredit bringen darf. Aiwanger weiß das und der Niederbayer, das muss betont werden, bewegt sich auf rechtlich unangreifbarem Terrain mit seinen Verbalangriffen. Leider, das muss einem intelligenten Menschen wie Aiwanger unterstellt werden, nimmt er Kollateralschäden in Kauf.

Es ist ihm schlicht egal, wie das Ansehen der Demokratie womöglich diskreditiert werden kann, wenn ein hochrangiger Vertreter einer Landesregierung eine der Regierungsparteien im Bund in einem Satz mit "anderen Extremisten" in Verbindung setzt, "ob das die Islamisten sind, ob es Rechtsradikale sind oder Linksextremisten sind, da sage ich überall Stopp, bleibt in der politischen Mitte".

Genau diese Mitte verlassen Politiker wie Aiwanger regelmäßig. Sie sollten damit aufhören, denn der Feind der Demokratie sitzt gewiss nicht in den Reihen der Grünen. Die mögen andere Ideen haben, gefährlich sind sie nicht. Maß und Mitte wahren, so lautet das Gebot der Stunde - denn die Demokratie hat schon mehr als genug Feinde.

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