Neue Verwerfungen in der Ampel

Ricarda Lang und Omid Nouripour geben auf: Ein weiterer Sargnagel für die Ampel-Regierung

Harald Baumer

Berlin-Korrespondent

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25.9.2024, 13:52 Uhr
Die Grünen-Parteivorsitzenden Ricarda Lang (re.) und Omid Nouripour ziehen nach den Misserfolgen der Partei bei mehreren Wahlen personelle Konsequenzen.

© Fabian Sommer/Fabian Sommer/dpa Die Grünen-Parteivorsitzenden Ricarda Lang (re.) und Omid Nouripour ziehen nach den Misserfolgen der Partei bei mehreren Wahlen personelle Konsequenzen.

Das Bemerkenswerte am Amtsverzicht von Ricarda Lang und Omid Nouripour: Sie sind weder wegen persönlicher Verfehlungen noch wegen innerparteilichen Streits gescheitert, wie das in der Politik so oft der Fall ist. Das Vorsitzenden-Duo der Grünen ist eindeutig ein Opfer der Ampel. Weil dort rein gar nichts mehr geht und sich das inzwischen heftig auf die Wahlergebnisse auswirkt, geben sie auf und kandidieren im Herbst nicht mehr.

Es ist ein verheerendes Signal für die Regierung von Olaf Scholz. Wenn zwei solche Vollblutpolitiker keine Chance mehr sehen und deswegen sogar ihre Karriere opfern, wer soll dann eigentlich noch die Ampel bis in den nächsten Herbst bringen?

Grüner Nouripour: Die Hoffnung aufgegeben

Schon der Auftritt Nouripours nach dem Untergang der Grünen in Brandenburg (4,1 Prozent) hatte zu denken gegeben. Es war ihm anzumerken, für wie hoffnungslos er die Lage hält. Man mache weiterhin seine Arbeit in der Koalition, ließ er wissen, "aber das ist es dann auch". Selten gab es ein so desillusioniertes Statement.

Bezieht man in die Führungskrise bei den Grünen auch noch die Unruhe in der FDP mit ein, dann fehlt einem langsam schlicht die Vorstellungskraft, wie es diese Regierung noch ein Jahr durchhalten soll. Es wäre wirklich besser, die Deutschen würden schon im Frühjahr an die Wahlurnen gerufen. Immerhin könnte auf diese Weise eine neue Koalition mit einem hoffentlich etwas besseren Teamgeist einige Monate früher starten.

Die Grünen haben viele Fehler gemacht. So wecken sie immer wieder bei den Bürgerinnen und Bürgern den Verdacht, sie erziehen und ihnen ihre Denkart als die einzig richtige überstülpen zu wollen. Dieser Eindruck ist nicht ganz falsch und hat die Partei unglaublich viel an Zustimmung gekostet.

Der Hass, den insbesondere Grünen-Frauen wie Ricarda Lang und Annalena Baerbock erleben müssen, ist allerdings ekelhaft und durch nichts zu rechtfertigen. Man kann sie für politisch unfähig halten und das auch öffentlich sagen, man kann ihnen bei der nächsten Wahl die Stimme verweigern und auch andere dazu auffordern - das sind die Mittel der Demokratie. Aber gegen Gewaltphantasien und ordinäre Sprüche muss sie jeder ehrenwerte Bürger verteidigen, sonst ist es mit seiner demokratischen Gesinnung nicht weit her.

Schwerer Schlag für die Grünen

Für die Grünen selbst ist der Abgang des Führungsduos ein schwerer Schlag. Lang und Nouripour hatten die Partei befriedet. Sie hatten Lagerkämpfe vergessen lassen und sich nicht ständig gegeneinander zu profilieren versucht. In Fernsehdiskussionen ließen sie sich nicht unterkriegen. Solch ein Team muss sich erst einmal wieder finden. Aber das werden bestimmt nicht die letzten personellen Verwerfungen bei den Ampel-Parteien gewesen sein. Wenn es nicht rund läuft, setzt man gerne auf einen Austausch der Köpfe. Das ist aber längst nicht immer ein Heilmittel.

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