So sieht es nicht nur an mancher Nürnberger Schule aus: Ein Sondervermögen soll es richten.
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So sieht es nicht nur an mancher Nürnberger Schule aus: Ein Sondervermögen soll es richten.

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Sanierungsfall Deutschland: Warum das Sondervermögen auch den Schulkindern helfen muss

Wer offenen Auges durch eine Großstadt fährt, reibt sich angesichts des Zustands mancher Brücke verwundert die Augen. Das sah schonmal besser aus... Noch krasser ist der Besuch einer Schultoilette - in den meisten Fällen dreht ein Erwachsener sich auf dem Absatz angewidert um. Zwei Phänomene, ein Problem: Deutschland ist in Teilen ein Sanierungsfall.

Viele Infrastrukturmaßnahmen wurden von Jahr zu Jahr geschoben, das vielleicht eklatanteste Beispiel ist das Schienennetz. Letzteres ist ein Thema des Bundes, die oben genannten Beispiele fallen (meistens) in die Zuständigkeit der Kommunen. Und dort herrscht: chronische Ebbe in der Kasse.

Bis auf wenige Ausnahmen sind Sparpakete als Folge leerer Kassen der kommunale Normalfall. Auch bei uns in der Region ist das so: Nürnberg wartet immer noch auf die Genehmigung des Haushalts durch die Regierung von Mittelfranken, Erlangen kämpft gegen ein riesengroßes Etatloch an. Von einigen Mittelstädten wie dem vergleichsweise reichen Neumarkt abgesehen, sitzen die meisten Kämmerer im selben Boot: Sie müssen - ob sie wollen oder nicht - den Rotstift zücken.

Statt "Sondervermögen" wäre "zusätzliche Verschuldung" treffender

Kein Wunder, dass das von Union und SPD geplanten Sondervermögen in etlichen Rathäusern wie eine Verheißung am Haushaltshimmel erwartet wird. Kommt der große Geldsegen über den Umweg des Sondervermögens? Mal abgesehen von der irritierenden Vokabel, statt "Sondervermögen" wäre "zusätzliche Verschuldung" angebracht, könnte dies tatsächlich der Fall sein - vorausgesetzt die neue Bundesregierung findet diese Woche im alten Bundestag eine Mehrheit für ihre Finanzierungspläne. Bislang gestaltet sich das schwierig.

Eines ist sicher: Auf normalem Weg lässt sich der Investitionsstau in den Städten und Gemeinden nicht auflösen. Im Gegenteil. In den vergangenen Jahren hat sich die Lage für die Kommunen sogar nochmals verschärft. Denn das Rezept der letzten Zeit war ebenso simpel wie falsch: Weil Bund und Land selbst mit Finanznöten zu kämpfen hatten, wurden immer mehr Aufgaben an die in diesem Fall wehrlosen Kommunen delegiert.

Vor allem im Bereich der Bildung ein unauflösbarer Konflikt: Jeder will gut ausgestattete Schulen, Angebote für offene Ganztagesbetreuung, schöne Kitas usw. Nur kaum eine Stadt kann die Wünsche umsetzen. Ähnlich sieht es bei vielen Straßen und Brücken aus. Da tickt eine Zeitbombe.

Dass nun mit dem Sondervermögen Rettung naht, ist sehr zu begrüßen. Am Ende wird es aber sehr darauf ankommen, die Mittel wirklich zu verteilen. Und zwar dorthin, wo die Not am größten ist. Nochmals sei an den unsäglichen Zustand mancher Schultoilette erinnert. Es darf einfach nicht hingenommen werden, unsere Kinder und Enkel Tag für Tag solchen fragwürdigen Örtlichkeiten auszusetzen. Wenn sie schon den Schuldenberg, der durch das Sondervermögen aufgebaut wird, von der jetzigen Generation erben, sollen sie zumindest bei den Investitionen als erste profitieren.

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