Der Länderfinanzausgleich soll dafür sorgen, dass der finanzielle Kuchen einigermaßen fair verteilt wird. Bayern allerdings muss inzwischen den Löwenanteil stemmen. Und wehrt sich dagegen.
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Der Länderfinanzausgleich soll dafür sorgen, dass der finanzielle Kuchen einigermaßen fair verteilt wird. Bayern allerdings muss inzwischen den Löwenanteil stemmen. Und wehrt sich dagegen.

Kommentar

Solidarität funktioniert nur, solange die Menschen sie als gerecht empfinden

Es ist ein Grundprinzip unserer Gesellschaft, unseres Staates und unseres Sozialsystems: Die Stärkeren helfen den Schwächeren, die Reicheren den Armen, die mit einem sicheren Zuhause denen, die flüchten müssen.

Nach der Wende hat Deutschland fast zwei Billionen Euro in die marode Infrastruktur der neuen Länder gepumpt, in ihre Sozialsysteme und ihre Zukunft. Das Land hat Millionen Geflüchtete aus aller Welt aufgenommen und viele Milliarden Euro in die Verteidigung der Ukraine investiert, damit sie sich gegen den brutalen Aggressor Putin wehren kann.

Ja, die Länder im Osten brauchen unsere Hilfe

Solidarität endet allerdings dort, wo sie sich den Menschen nicht mehr erschließt oder ihr Gerechtigkeitsempfinden verletzt. Aktuell erleben wir das in der Migrationsdebatte oder bei der Frage, wie viel uns persönlich der Klimaschutz kosten darf. Nicht immer müssen die Argumente rational nachvollziehbar sein, oft reicht das Gefühl, dass etwas schiefläuft.

Der Länderfinanzausgleich ist so ein Fall. Seit 70 Jahren sorgt er für einen Ausgleich zwischen armen und reichen Bundesländern. Und der ist sinnvoll, besonders seit der Wende. Denn etliche Ostländer mit Berlin, das seine Osthälfte integrieren musste, haben bis heute nicht den Anschluss an die wirtschaftliche Stärke des Westens gefunden. Sie brauchen Hilfe.

Wie stark, darüber gehen die Meinungen auseinander. Denn das System ist längst nicht mehr gerecht. Nur noch vier Bundesländer zahlen ein und finanzieren damit zwölf andere mit. Auf einen Geber kommen drei Nehmer. Und vor allem Bayern trifft es besonders.

Der Freistaat zahlt inzwischen 52 Prozent des Ausgleichs und hat im vergangenen Jahr 9,77 Milliarden überwiesen. Dabei leben in Bayern nur gut 15 Prozent der deutschen Bevölkerung. Noch brutaler wird die Zahl im Verhältnis zum Staatshaushalt. Mehr als 18 Prozent seiner Einnahmen überweist das Land in den Ausgleichstopf.

Klar, Bayern hat selbst vom System profitiert und über Jahrzehnte Geld bekommen, alles in allem rund 3,4 Milliarden Euro. Dem stehen inzwischen Ausgaben von rund 129 Milliarden gegenüber. Wenn man so will, hat das Land den Betrag zurückerstattet - zuzüglich gut 3.800 Prozent an Zinsen. Andernorts wäre solcher Wucher strafbar.

Bayern hat einen harten Weg hinter sich

Kein Wunder, dass die bayerische Solidarität an Grenzen stößt. Denn der Freistaat hat sich seinen Wohlstand und sein wirtschaftliches Gewicht hart erkämpft, dafür Friktionen in Kauf genommen, aber auch bildungs- wie wirtschaftspolitische Bedingungen geschaffen, die andernorts fehlen. Der Ausbau der Hochschulen etwa hat das Land Milliarden gekostet - und Milliarden gebracht.

Bayern klagt gegen das System. Und das ist richtig. Das Land will sich nicht aus der Solidargemeinschaft verabschieden. Es will nur, dass das System wieder fairer ausgestaltet wird. Damit auch die Menschen im Freistaat vom wirtschaftlichen Erfolg ebenso profitieren wie sie anderen helfen auf dem Weg dorthin. Denn auch Fairness gehört zur Solidarität.

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