Fall 30 von "Freude für alle"

250-Kilo-Mann aus dem Nürnberger Land ist fettsüchtig: "Es ist heftig, ich habe permanent Hunger"

Max Söllner

Redaktion Neumarkt

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15.12.2023, 15:00 Uhr
Rainer L. hat starkes Übergewicht. Dies habe mit seinem Kopf zu tun, sagt der 61-Jährige (Symbolbild).

© Sebastian Kahnert, NN Rainer L. hat starkes Übergewicht. Dies habe mit seinem Kopf zu tun, sagt der 61-Jährige (Symbolbild).

"Was für Sie ein normales Essen ist, würde für mich bedeuten, nur die Hälfte zu essen", so versucht Rainer L. (Name geändert) zu beschreiben, was ihn seit seiner Jugend plagt. "Es ist heftig, ich habe permanent Hunger." Der 61-Jährige aus dem Nürnberger Land hat die Krankheit Adipositas, auch Fettleibigkeit oder Fettsucht genannt. Er ist stark übergewichtig und wiegt rund 250 Kilo. Schon länger hat er eine Gehbehinderung und muss gepflegt werden. Neuerdings ist er selbst innerhalb seiner Wohnung in einem Seniorenheim auf einen Elektrorollstuhl angewiesen. Seine Zeit verbringt er mit dem Schreiben von Büchern, er ist großer Fan von Karl May und J. R. R. Tolkien.

Vor wenigen Jahren wog L. 50 Kilo weniger. Damals war er sechs Monate in einer Klinik untergebracht. Es sei alternativlos gewesen, sagt er, denn er musste aus seiner alten Wohnung heraus. Allerdings nicht, weil sie ihm gekündigt worden war. Es war der ambulante Pflegedienst, der absprang und für den es keinen Ersatz gab, so sagt der seit knapp 20 Jahren erwerbsunfähige Frührentner, der Grundsicherung bezieht. Also habe er sich ins Krankenhaus einweisen lassen.

Zunehmen, abnehmen, zunehmen, abnehmen: L. hat das mehrfach durchgemacht. War er in Behandlung oder Betreuung, klappte es mit der Gewichtsreduktion besser. War er stärker auf sich alleine gestellt, verpuffte jeder Fortschritt. In seiner alten Wohnung hatte er eine Diätassistenz, doch zuletzt wurde sie ihm verwehrt, sagt der für L. zuständige Sozialpädagoge von der Diakonie. Auch ein Besuch der Tafel scheitere bislang an der Barrierefreiheit und bürokratischen Hürden.

Missstände im System und Stigmatisierungen

"Weitere Missstände im System erschweren Herrn L. ein behindertengerecht-würdiges Leben", heißt es von dem Diakonie-Mitarbeiter weiter. Insbesondere seit dem unfreiwilligen Auszug aus der alten Wohnung leide sein Klient "unter der Stigmatisierung durch seine Erkrankung".

"Ich denke, als Dicker...", beginnt L. von seinen Erfahrungen in der Arbeitswelt zu erzählen. In der Schule habe er zuletzt gute Noten gehabt, doch beruflich sei es ihm nicht gelungen, dauerhaft Fuß zu fassen. Sogar eine Einrichtung habe er mitgegründet. Seine Erklärung: Menschen würden Fettleibige als gierig und willensschwach abstempeln und bei Bewerbungen vor allem auf das Foto schauen. "Letztendlich wird nach dem Äußeren beurteilt", ist er überzeugt. "Ich habe mich immer engagiert, wer macht schon Dienst nach Vorschrift?"

Sein Gehirn denke, er habe nicht genug Fett

2005 war L. aufgrund seiner Fettleibigkeit erwerbsunfähig geworden. Dann nahm er noch mehr zu. Es gab den Versuch, seinen Magendurchmesser einzuengen. Laut ihm ohne Erfolg. Überhaupt glaubt er, dass die Adipositas vom Kopf her rührt: Sein Gehirn denke fälschlicherweise, er habe nicht genug Fett - mit der Folge eines permanenten Hungergefühls.

Helfen würde ihm, so seine Einschätzung, eine Mischung aus stationären Klinikaufenthalten ("zum Pushen") und anschließender Begleitung durch eine Diätassistenz, die er einklagen will. "Ich gehe nach Hause und weiß, was richtig ist. Ich kann es bloß praktisch nicht umsetzen."

Zusätzlich macht dem 61-Jährigen zu schaffen, dass sein Elektroherd kaputt ist. Nach Zahlung der Miete habe er nur wenige hundert Euro im Monat zum Leben - wie soll da Geld für einen neuen Ofen übrig bleiben? Zumindest diese Sorge will ihm die Weihnachtsaktion "Freude für alle" nehmen und bittet um Spenden, auch für andere von der Krankheit Fettleibigkeit betroffene Menschen.

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