Containern gehen: Ein Ansbacher erzählt

17.6.2019, 14:34 Uhr
Containern, auch Mülltauchen oder Dumpstern genannt, steht für die die Mitnahme von weggeworfenen Lebensmittel aus Abfallcontainern.

© Franziska Roos/Frankensein Containern, auch Mülltauchen oder Dumpstern genannt, steht für die die Mitnahme von weggeworfenen Lebensmittel aus Abfallcontainern.

Bei Supermärkten und Fabriken landen täglich Lebensmittel in der Tonne. Teilweise lassen diese sich noch problemlos verzehren. Ein Ansbacher, nennen wir in Max, geht deshalb regelmäßig containern. Die FrankenSein-Redaktion hat mit ihm gesprochen.

FrankenSein: Du gehst seit drei Monaten in Ansbach und Nürnberg containern. Wie bist du dazu gekommen?

Max: Ja, wie bin ich dazu gekommen? Es ist halt eine große Thematik, dass zu viele Lebensmittel weggeschmissen werden und ich will aktiv etwas dagegen tun. Und ich bin durch eine Freundin in Nürnberg darauf aufmerksam geworden, die hat schon ein bisschen Erfahrung im Containern und dann habe ich mich da auch mal angeschlossen, um es auch für mich herauszufinden.

FrankenSein: Was war der Hauptgrund, der dich motiviert hat, containern zu gehen?

Max: Also die Lebensmittelverschwendung auf jeden Fall. Es wird ja, glaube ich, bis zu einem Drittel der Lebensmittel verschwendet, allein in Deutschland, und da dann einfach aktiv zu werden.

FrankenSein: Also der Grund, etwas gegen Lebensmittelverschwendung zu tun. War aber vielleicht auch der finanzielle Aspekt ein wichtiger Grund, dass du sagst, ich spare mir das Geld fürs Einkaufen?!

Max: Ne, der finanzielle Aspekt ist es bei mir nicht. Es ist eher so der Grundgedanke, dass zu viele Lebensmittel weggeschmissen werden und man die ja noch retten kann, weil viele Lebensmittel noch gut sind, die in der Tonne landen, und da geht’s mir nicht ums Geld.

FrankenSein: Was ist so die beste Zeit zum Containern gehen? Wahrscheinlich dann nachts, wenn’s dunkel ist oder wann ziehst du los?

Max: Ja, je später desto besser. Ich war einmal mit einer Freundin in Nürnberg, da waren wir schon um neun Uhr am Supermarkt, da war’s aber noch nicht so gut, weil auch teilweise noch Mitarbeiter da waren. Wenn man aber so um zwölf, ein Uhr nachts geht, dann ist das am sichersten, sag ich jetzt mal. Es ist nicht mehr viel los auf den Straßen und bei den Geschäften ist auch niemand mehr da.

FrankenSein: Besonders riskant wird Containern ja, wenn man Schlösser aufknackt oder Türen beschädigt. Wie sind da die Tonnen in Ansbach oder die du aufsuchst? Sind die abgeschlossen oder offen zugänglich?

Max: Also es ist ziemlich unterschiedlich. Bei manchen Supermärkten stehen die einfach nur rum, ohne jegliche Absperrung, die Tonnen, wo man einfach hinlaufen kann, so in den Anfahrts- oder Anlieferungsrampen. Bei manchen Supermärkten sind Gitter drum, die aber nicht mal abgesperrt sind, also da kann man die Tür einfach öffnen ohne irgendwie etwas zu beschädigen oder Lärm zu machen. Es gibt aber die Fälle, da sind Gitter drum, die sind auch abgesperrt, da kann man teilweise drüber klettern. Also bei einem Supermarkt in Ansbach ist sogar doppelter Stacheldraht drüber und extra ein Schloss drumherum gewickelt, dass man da nicht hinkommt. Das ist eigentlich ein bisschen schade, aber ok.

FrankenSein: Was ist dann so deine Grenze, wenn du sagst, ok, du gehst jetzt nur zu den Tonnen, die offen zugänglich sind, oder würdest du auch ein Schloss aufknacken?

Max: Also aufknacken würde ich nix, weil’s halt ja Sachbeschädigung ist und das Werkzeug will ich schon gar nicht mitschleppen. Aber irgendwo drüberklettern, wo man sich nicht verletzt, das mache ich schon.

FrankenSein: Die Supermärkte beteuern ja immer, dass sie eigentlich fast nichts wegwerfen und wenn, dann geben sie es an soziale Projekte wie zum Beispiel die Tafel. Wie ist das so? Was sind deine Erfahrungen, liegt da wirklich wenig in den Tonnen oder ist es verhältnismäßig viel?

Max: Es ist auch von Supermarkt zu Supermarkt unterschiedlich. Ich hab jetzt auch schon mal bei einem Supermarkt nachgefragt, wie das abläuft mit Lebensmitteln, die eigentlich in die Tonne geworfen werden. Da war dann die Antwort, dass die an die Tafel gespendet werden. Andere Supermärkte machen das aber scheinbar nicht, weil was man so in den Tonnen findet, sind eben Lebensmittel, die noch gut sind. An sich wird das auch in den Filialen unterschiedlich gehandhabt, wie mit den Lebensmitteln umgegangen wird.

FrankenSein: Aber was ist so dein persönlicher Eindruck? Würdest du sagen, es ist viel, was in den Tonnen liegt?

Max: Ja, definitiv.

FrankenSein: Du möchtest heute ja anonym bleiben, wie reagiert dein Umfeld so darauf, auf das Containern?

Max: Mein Umfeld reagiert eigentlich ziemlich positiv darauf. Meine Mutter ist da jetzt nicht so positiv dazu eingestellt, weil’s halt doch verboten ist und auch relativ hohe Strafen verhängt werden können dafür.

FrankenSein: Aber sprichst du das dann auch offen an oder nur zu bestimmten Personen, dass du sagst, ok, ich gehe containern? Wie handhabst du das?

Max: Also so im Bekanntenkreis gehe ich schon ziemlich offen damit um, weil ich es halt legitim finde, dass man Lebensmittel rettet und was gegen das Problem macht. Ja aber ich sage jetzt mal gegenüber älteren Personen oder ganz fremde, da sollte man schon ein bisschen vorsichtig sein, dass man die ein bisschen einschätzen kann.

FrankenSein: Du hast gerade schon die rechtliche Seite angesprochen. Inwieweit hast du dich da informiert? Es wurden ja in Januar zwei Studentinnen verurteilt wegen Containern.

Max: Ja, also da setze ich mich nicht sehr weit mit auseinander. Ich habe auch den Vorfall mitbekommen, dass die glaube ich zwei Jahre auf Bewährung bekommen haben und noch Geldstrafe.

FrankenSein: Genau, ja.

Max: Weiter setze ich mich damit aber nicht auseinander, also ich weiß, was ich begehe, so Hausfriedensbruch und Diebstahl, ja, aber weiter beschäftige ich mich nicht damit. Nein.

FrankenSein: Welche Rolle spielt der Nervenkitzel beim Containern? Ist das auch so etwas, was du sagst, das macht es für mich noch spannender oder wird man dann eher irgendwann routiniert und denkt so, ja, ich kenne meine Ecken, wo ich weiß, da kommt keine Polizei vorbei.

Max: Also am Anfang, das erste mal Containern, war schon immer recht spannend, auf jeden Fall, wenn man teilweise das Gebiet noch nicht kennt. Zum Beispiel in Nürnberg kenne ich mich nicht so gut aus. Jetzt mittlerweile ist das schon eher so eine Routine. Man kennt die Supermärkte und weiß genau, wo man hin muss und wo man schauen muss. Da läuft das schon recht routiniert und ruhig ab.

FrankenSein: In Österreich und in der Schweiz ist Containern erlaubt. Denkst du, das wird sich irgendwann auch in Deutschland durchsetzen?

Max: Ich glaub’s eher nicht, aber in Frankreich ist da ja eigentlich auch schon ein guter Ansatz, dass Supermärkte die Lebensmittel spenden müssen. Also, da sollte mal der Gesetzgeber auch wirklich was machen und da anpacken.

Das komplette Interview finden Sie hier.

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