Über Missstände und Lösungen

Ärzte am Limit, lange Wartezeiten: Was läuft schief im Gesundheitssystem? Erlanger Mediziner warnt

Lea-Verena Meingast

Redakteurin NN.de

E-Mail zur Autorenseite

9.5.2024, 14:35 Uhr
Krankenhäuser am Limit, Ärztemangel und lange Wartezeiten: Es häuft sich Kritik am Gesundheitssystem. Prof. Thomas Kühlein, selbst Facharzt für Allgemeinmedizin, zeigt Lösungen auf.

© Hans-Joachim Winckler, Uniklinik Krankenhäuser am Limit, Ärztemangel und lange Wartezeiten: Es häuft sich Kritik am Gesundheitssystem. Prof. Thomas Kühlein, selbst Facharzt für Allgemeinmedizin, zeigt Lösungen auf.

Prof. Thomas Kühlein ist Facharzt für Allgemeinmedizin erlebt häufiger, wie Menschen über das Gesundheitssystem klagen. "Das ist absolut nachvollziehbar. Oft warten Menschen ein halbes Jahr oder länger auf Termine bei Fachärzten. Da beschweren sich Patienten - verständlicherweise."

Im Podcast "Feldforschung" erinnert er sich an einen besonders ärgerlichen Fall. "Bei einer Patientin bestand Verdacht auf Brustkrebs." Sie brauchte eine Mammographie. "Sie saß im Dezember weinend vor mir und sagte, sie hatte drei Zentren angerufen und bekomme einen Termin frühestens im August - und das bei Verdacht auf Krebs. Das geht nicht", sagt er.

Der Arzt hängte sich dann ans Telefon, die Patientin bekam einen Termin noch im Dezember - und erfreulicherweise konnte festgestellt werden, dass es kein Brustkrebs war. "Es ist völlig nachvollziehbar, dass Menschen sich in so einem Fall verraten und im Stich gelassen fühlen."

"Gesunder Patient ist nur schlecht untersucht": Gibt es zu viel Früh-Erkennung und Diagnostik?

Ärztemangel besonders auf dem Land, Pflegenotstand, überlastete Krankenhäuser überforderte Ärztinnen und Ärzte: Einige Entwicklungen bereiten zunehmend Sorgen. Professor Kühlein erklärt, welche Entwicklung im deutschen Gesundheitssystem seit den 2000er Jahren er bedauert und als Gefahr ansieht. Und er skizziert, welche Herausforderungen und Probleme sich in den nächsten Jahren noch verschärfen.

Gleichzeitig sei die Frage: Wie sinnvoll kommt Früh-Erkennung zum Einsatz? Er verweist auf das Arzt-Sprichwort: "Ein gesunder Patient ist nur schlecht untersucht." Je älter wir werden, desto mehr Diagnosen könne man stellen. Er wirft deshalb die Frage auf: Sind wir überdiagnostiziert und übertherapiert?

Prof. Dr. Thomas Kühlein ist Facharzt für Allgemeinmedizin, Inhaber des Lehrstuhls für Allgemeinmedizin der Erlanger Universität sowie Direktor des Allgemeinmedizinischen Instituts am Uni-Klinikum. Neben Forschung und Lehre ist er als Hausarzt tätig und leitet das Medizinische Versorgungszentrum in Eckental, in dem er selbst intensiv Patientenversorgung übernimmt.

Welche Irrglauben Patienten haben und was sich in Politik, Medizin-Lehre und Ärzteschaft ändern sollte

Im Podcast "Feldforschung" benennt er konkrete Probleme und skizziert, was falsch läuft im deutschen Gesundheitssystem - und wie wir das ändern können. Er zeigt auf, welche Entscheidungen die Politik treffen müsste, welche Rolle Leitlinien für Ärzte spielen und was sich in der Lehre und Ausbildung der angehenden Ärzte ändern sollte.

Prof. Kühlein zeigt auf, wie sich international eine ganze Bewegung bildete, die die Defizite des Gesundheitssystems angehen will. Und er erklärt, welcher Irrglauben auf Patientenseite existiert , wie wir zu unserer eigenen Gesundheit beitragen können, aber auch wie wir mit Diagnosen umgehen sollten.

Verwandte Themen


2 Kommentare