Aktenberger wachsen

Bilanz der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth: Die Anzahl der Straftaten steigt weiter an

Ulrike Löw

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9.3.2023, 15:00 Uhr
Die Eingangszahlen steigen wieder: 71.926 Ermittlungsverfahren gegen namentliche bekannte Beschuldigte hat die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth im Jahr 2022 geführt - 5.292 Verfahren mehr als im Vorjahr 2021.    

© Maurizio Gambarini, ARC Die Eingangszahlen steigen wieder: 71.926 Ermittlungsverfahren gegen namentliche bekannte Beschuldigte hat die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth im Jahr 2022 geführt - 5.292 Verfahren mehr als im Vorjahr 2021.   

71.926 Ermittlungsverfahren hatte die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth im Jahr 2022 zu bearbeiten: Im Vergleich zu den Vorjahren (2021: 66.634 Verfahren und 2020: 65.473 Verfahren) ist der Anstieg spürbar, teilt die Behörde zu ihrer Jahresbilanz mit. Die Behörde mit Sitz in Nürnberg ist, nach München, die zweigrößte Anklagebehörde Bayerns.

Die stärkste Deliktgruppe bleibt mit 29 Prozent der Bereich der Vermögensdelikte. Im Jahr 2022 wurde mehr gestohlen und unterschlagen als in den Vorjahren, dafür offenbar weniger betrogen. In Zahlen gefasst: Die Zahl der Verfahren wegen Diebstahls und Unterschlagung stieg auf 8.950 (2021: 6.990 und 2020: 7.783) gleichzeitig steht Betrug und Untreue nur auf 11.997 Aktendeckeln (2021: 14.134 und 2020: 13.166).

Über die Hintergründe der schwankenden Zahlen lässt sich freilich immer nur spekulieren, doch bei der Anzahl der Verkehrsstraftaten zeigt sich deutlich das Ende der Pandemie: Im Lockdown herrschte weniger Verkehr, in der Folge gingen im Jahr 2020 auch die Verkehrsdelikte zurück. Längst ist das Verkehrsaufkommen wieder gestiegen und so bewegt sich auch die Anzahl der Verkehrsstraftaten wieder annähernd auf dem Stand von vor der Pandemie. Zum Vergleich: Im Jahr 2022 kam es zu 459 gewichtigen Verfehlungen, darunter fallen Verstöße mit tragischen Folgen, wie etwa fahrlässige Tötungen (2021: 446 und 2020: 367). Die Anzahl der kleineren Verkehrsstraftaten ist im Jahr 2022 auf 13.303 Delikte stark gestiegen (2021: 11.936 und 2020: 12.506).

Gewalt: Die Anklagebehörde notierte seit einigen Jahren immer weniger Gewaltdelikte - doch auch hier ist ein Anstieg auf 5.209 Verfahren wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu verzeichnen. Im Jahr 2021 waren es noch 4.225 Verfahren und im Jahr davor 4.912. Die Anzahl der Kapitalverbrechen - gegen das Leben - stieg ebenfalls von 48 Fällen (Jahr 2021) auf 71 Verfahren (Jahr 2022).

Beklemmend sind die Zahlen zur Kinderpornografie: Bei Vergewaltigungen und sexuellem Missbrauch zeigt sich die Gesellschaft schon länger zunehmend sensibel. Auch die Bereitschaft, Anzeige zu erstatten, wächst: Im Vergleich zum Vorjahr (2021: 362) ist die Anzahl der Verfahren auf 447 gewachsen. Auch die Anzahl der Verfahren wegen Verbreitung von Kinderpornografie nimmt seit Jahren zu: Von 207 (Jahr 2019) auf 247 (Jahr 2020) auf 696 (Jahr 2021) auf nun 785 (Jahr 2022) wuchs die Anzahl der Ermittlungsverfahren - der Ermittlungsdruck im Internet bzw. Darknet wurde bei den Landeskriminalämtern erhöht.

Auch bei Umweltdelikten ist die Aufmerksamkeit der Bürger seit Jahren hoch, der Anstieg der angezeigten Fälle setzt sich weiter fort. Wurden im Jahr 2020 noch 100 Fälle angezeigt, waren es im Jahr 2021 nun 120 Fälle. Im Jahr 2022 wurde in 130 Fällen ermittelt.

Wirtschaftskriminalität: Auch hier kann über den Hintergrund der Zahlen nur spekuliert werden. In der Bilanz für das Jahr 2021 zeigte sich, dass Subventionsbetrug - etwa bei Corona-Hilfen - für einen Anstieg der Zahlen gesorgt hatte, dagegen ging die Anzahl möglicher Insolvenzverschleppungen zurück. Nun stieg die Anzahl der Großverfahren wieder an. Zum Vergleich: 71 Großverfahren wurden im Jahr 2020 registriert, 46 waren es im Jahr 2021 und im Jahr 2022 wurden 64 Akten angelegt. Auch die Anzahl der "kleineren" Wirtschaftsstrafverfahren ist von 589 (Jahr 2021) auf 638 gestiegen.

Bei Geldwäsche wird, wie schon in den Vorjahren, ein auffälliger Anstieg beobachtet. Die Zahlen wuchsen von 846 (Jahr 2020) auf 1.488 (Jahr 2021) auf nun 2.656 im Jahr 2022. Der Hintergrund, so die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Antje Gabriels-Gorsolke, sind immer mehr Betrügereien mit angeblichen Jobangeboten. Kriminelle sprechen in immer größer werdendem Umfang Inhaber von Bankkonten an, sie sollen angeblich nur Girokonten für Überweisungen zur Verfügung stellen. Am Ende werden die Betroffenen häufig nicht nur um ihr eigenes Geld gebracht, ihnen droht auch eine Strafanzeige wegen des Verdachts der Geldwäsche.

In all diesen Verfahren ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen namentlich bekannte Beschuldigte. Gleichzeitig führte die Ermittlungsbehörde im Jahr 2022 auch 50.567 Verfahren (2021: 41.138) gegen unbekannte Täter. Die 87 Staatsanwältinnen und Staatsanwälte der Behörde saßen 12.358 Stunden in Hauptverhandlungen am Landgericht Nürnberg-Fürth und an den sieben Amtsgerichten des Zuständigkeitsbereiches.