Geschäft mit den Abstrichen

Bund gibt Milliarden aus: Das kosten uns die Corona-Schnelltests wirklich

Tobi Lang

Redakteur

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11.2.2022, 05:55 Uhr
Für Bürger sind die Corona-Abstriche zwar kostenlos - jede Menge Steuergeld verschlingt Deutschlands Testregime aber dennoch. 

© Julian Stratenschulte, dpa Für Bürger sind die Corona-Abstriche zwar kostenlos - jede Menge Steuergeld verschlingt Deutschlands Testregime aber dennoch. 

Seit Frühling 2020 hat der Bund rund 7,6 Milliarden Euro für Coronatests, das Material und die Infrastruktur dahinter ausgegeben. Das erklärt das zuständige Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) auf Nachfrage unserer Redaktion. Das ist in etwa so viel wie der jährliche Etat des Bundeslandwirtschaftsministeriums.

Zurück nach Bayern flossen dem BAS zufolge rund 1,13 Milliarden Euro - nur das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen gibt mehr aus. Erfasst werden in der Statistik neben den Schnelltests auch PCR-Abstriche.

Das System funktioniert so: Abstrich-Anbieter melden fortlaufend ihre Kosten an die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB). Aktuell können acht Euro pro Schnelltest abgerechnet werden, dazu kommen bis zu 4,50 Euro für das Material. Die KVB reicht einmal pro Monat die Testkosten an das Bundesamt für Soziale Sicherung weiter, die sie im Auftrag des Bundes erstattet. Am Ende wird das Geld an die Testanbieter ausgeschüttet.

Wie viele Abstriche für die 7,6 Milliarden Euro gemacht wurden, wissen weder KVB noch das zuständige Bundesamt. Es bleibt unklar, wie viele Schnelltests im Rahmen der kostenlosen Bürgertestung durchgeführt wurden.

Das Bundesgesundheitsministerium versucht sich auf Nachfrage unserer Redaktion an einer Differenzierung: Rund 1,5 Milliarden, so eine Sprecherin, seien für Labordiagnostik ausgezahlt worden - dabei geht es meistens um die Auswertung von PCR-Abstrichen. Für das Material der Schnelltests wurden 2,1 Milliarden refinanziert. Rund 3,7 Milliarden seien für "weitere Leistungen" ausgegeben worden, also "insbesondere Abstrichnahmen", so die Sprecherin. "Wobei eine Differenzierung nach Abstrichnahmen bei PCR- und bei PoC-Antigenschnelltests mit den vorliegenden Daten nicht möglich ist.

Testzentrum-Betreiber: "Es ist lukrativ, das ist kein Geheimnis"

In Bayern, teilt das Gesundheitsministerium mit, gibt es aktuell 109 lokale Testzentren und rund 2400 private Anbieter. Dazu kommen 1200 Apotheken, 1000 Arztpraxen und 300 Hilfs- und Rettungsorganisationen, die theoretisch Abstriche anbieten. Die Staatsregierung spricht von einem "vielfältigen und flächendeckenden Angebot", dass die Versorgung sicherstelle.

In den vergangenen Monaten schossen in Deutschland Hunderte private Testzentren aus dem Boden, Goldgräberstimmung brach aus, viele findige Unternehmer schielen auf den schnellen Euro. Aber: Inzwischen müssen die sie hohe Anforderungen erfüllen. Sie brauchen ein Hygienekonzept, müssen in Nürnberg beispielsweise barrierefrei zugänglich sein, die Mitarbeiter werden entsprechend geschult. "Das Gesundheitsamt prüft unter anderem die Einhaltung infektionsschutzrechtlicher, medizinprodukterechtlicher und arbeitsschutzrechtlicher Anforderungen und die erforderliche Zuverlässigkeit des Betreibers", teilt das Ministerium mit.

Doch wer testet uns eigentlich? Und wer verdient an den Abstrichen? "Es ist lukrativ, das ist kein Geheimnis", sagt Yusuf Aslan, der in Nürnberg gleich 15 Testzentren betreibt. Wie das System funktioniert und wie viele Betrugsverfahren es gibt, erfahren Sie in unserer ausführlichen Bezahlversion des Artikels: