
Kommentar
Der Muttertag ist unverzichtbar: Warum wir ihn unbedingt feiern sollten
Wenn aus einer Frau eine Mutter wird, schnappt sie zu: die Fürsorge-Falle. Unabhängig davon, welchen Bildungsgrad oder Beruf sie hat und wie gleichberechtigt die Partnerschaft davor war - noch immer ist es mehrheitlich die Frau, die zurücksteckt und Erziehung plus Haushalt plus Job managt.
Wie wenig geschätzt diese Dreifachbelastung ist, wird sichtbar, wenn Väter für Dinge gefeiert werden, die Mütter neben dem Beruf lautlos erledigen - Kindergeburtstag organisieren, Kuchen für die Kita backen, für Ordnung daheim sorgen. Auch dass es den Begriff „Rabenvater“ nicht gibt, zeigt: Zwischen Müttern und Vätern hängt die Waagschale der Gleichwertigkeit in Schieflage - zu Lasten der weiblichen Seite.
Die Ausgangsposition dafür hat die Natur selbst eingerichtet: Es ist nun mal die Frau, die Kinder gebärt und die körperlichen Voraussetzungen hat, Säuglinge zu nähren. Doch der Homo sapiens hat sich in den rund 300.000 Jahren seiner Existenz derart entwickelt, dass diese Ausgangsposition nicht mehr rechtfertigt, warum vor allem Mütter ihre Bedürfnisse und Lebensentwürfe an den Nagel hängen sollten.
Denn dieser Anspruch hat keinen biologischen, sondern einen kulturellen Ursprung. Die Idee der „guten Mutter“ ist sozial geprägt und spiegelt eine gesellschaftliche und politische Haltung wider. Was, bitte, ist eine „gute Mutter“? Warum wird von ihr Aufopferung erwartet und von einem „guten Vater“ nicht? Die Zeiten, in der die Rollenverteilung „Mann geht jagen, weil er mehr Muskelmasse hat; Frau hütet den Höhlenbereich, weil sie das Menschenbaby ernährt und der Nachwuchs lange gepflegt werden muss“ sinnvoll war - diese Zeiten liegen lange hinter uns.
Frausein ist gleich Muttersein - wo bleibt das Ich-sein
Es gibt junge Frauen, die auf den gesellschaftlichen Druck - Frausein ist gleich Muttersein ist gleich Aufopferung - mit dem Mittelfinger reagieren. Ein Leben führen wie ihre überlasteten Mütter? Nein, danke. Wenn die Gesellschaft nicht den passenden Rahmen bietet und sie zur Entscheidung „Kind oder ich“ zwingt - dann wählen manche eben das Ich. Egoistisch? Nicht mehr, als die bei Männern seit Jahrtausenden akzeptierte Selbstbezogenheit.
Wachsendes Selbstbewusstsein ist es auch, was eine neue Generation junger Mütter ausmacht. Schluss mit dem leisen, stillen Funktionieren und der Selbstaufgabe. Sie haben den Drang, alle Aufgaben perfekt zu meistern, über Bord geworfen. Und leben Eltern- und Partnerschaft auf Augenhöhe. Ihr Beispiel macht Mut.
Der Muttertag ist ein wunderbarer Anlass, die Mutterrolle zu überdenken. Und gleichzeitig das zu feiern, was Mütter (und Väter), die ihr Elternsein verantwortungsbewusst leben, schon jetzt mitbringen. Nämlich wertvolle Kompetenzen wie Ausdauer und Geduld, Flexibilität, Zuverlässigkeit und Kreativität, Organisations- und Improvisationstalent und die Größe, nicht immer im Mittelpunkt stehen zu müssen. Diese Fähigkeiten täglich wertzuschätzen, wäre ein Gewinn für die gesamte Gesellschaft.
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