Letzte Wünsche sterbenskranker Mitbürger erfüllt

Ein emotionales Jahr: Diese Wünschewagen-Fahrten im Landkreis Forchheim gab es

31.12.2021, 08:23 Uhr
Der Wünschewagen des ASB Franken-Oberpfalz ist ein Gemeinschaftsprojekt der fränkischen und oberpfälzischen ASB-Verbände. Er erfüllt sterbenskranken Menschen einen sehnlichsten letzten Herzenswunsch und finanziert sich rein aus Spenden.

© ASB, NNZ Der Wünschewagen des ASB Franken-Oberpfalz ist ein Gemeinschaftsprojekt der fränkischen und oberpfälzischen ASB-Verbände. Er erfüllt sterbenskranken Menschen einen sehnlichsten letzten Herzenswunsch und finanziert sich rein aus Spenden.

Seit über fünf Jahren gibt es den Wünschewagen des ASB, der durch Spenden finanziert wird. Er erfüllt sterbenskranken Menschen einen sehnlichsten letzten Herzenswunsch, auch einigen im Landkreis Forchheim. Den können sie mit einer Begleitung erleben und werden dabei von ehrenamtlichen Fachkräften begleitet. Ein Rückblick auf ein Jahr voller emotionaler Momente.

Für Klaus Kühn aus Hausen ging ein Wunsch in Erfüllung: Er war für eine VIP-Tour in der Allianz-Arena in München. Der ASB-Wünschewagen hat es möglich gemacht.  

Für Klaus Kühn aus Hausen ging ein Wunsch in Erfüllung: Er war für eine VIP-Tour in der Allianz-Arena in München. Der ASB-Wünschewagen hat es möglich gemacht.   © Foto: Ridda Axmann, NNZ

2021 fanden allein im Kreis Forchheim neun Fahrten statt, bei denen Wünsche erfüllt wurden, insgesamt gab es 51 Touren. Die 50. Fahrt war eine ganz besondere: Sie führte Klaus Kühn aus Hausen im Dezember zu einer VIP-Tour in die Allianz-Arena in München.

81-Jähriger strahlt und ist gerührt - Noch Wochen danach im "Wünschewagen-Fieber"

Noch heute ist seine Stimme voller Rührung, wenn er von dem Tag spricht: "Das war so toll. Ich habe vorher schon so darauf hingefiebert und dann war es so unfassbar. Es hätte nicht schöner sein können!" Schon seit Ewigkeiten ist er ein Fan des FC Bayern München. Seine Tochter Rita Axmann, die ihn begleitet hat, sagt, seine Augen strahlen immer, wenn er von den Erlebnissen spricht. Er sei noch jetzt im "Wünschewagen-Fieber".

Noch heute zehrt Klaus Kühn davon: „Es hätte nicht schöner sein können.“

Noch heute zehrt Klaus Kühn davon: „Es hätte nicht schöner sein können.“ © Foto: Ridda Axmann, NNZ

Und der 81-Jährige will gleich hinzufügen: "Ich bin so glücklich, so etwas mit 81 Jahren noch erlebt haben zu dürfen. Ich will mich unbedingt ganz besonders beim Wünschewagen-Team bedanken, das alles erst möglich gemacht hat."

Das Besondere: Rita Axmann hat seit Jahren Spendenaktionen für den Wünschewagen organisiert, ohne zu ahnen, dass einmal eine ihr nahestehende Person mitfahren würde. Darauf angesprochen, sagt sie: "Am liebsten will ich immer lieber etwas für andere tun."

Seit Jahren tausende Lebkuchen als Spendenaktion gebacken

Tausende Lebkuchen haben sie und ihr Mann Holger jedes Jahr gebacken, weil es für die Einzelhandelskauffrau und den Schreiner "ein Herzensprojekt" war, den Wünschewagen zu unterstützen. An den Adventswochenenden standen die beiden von mittags bis 22 Uhr in der Küche. Fünf Öfen waren parallel in Betrieb. 2019, als noch Weihnachtsmärkte stattfinden konnten, hatten sie über 2300 Lebkuchen verkauft und so 3600 Euro an den Wünschewagen gespendet. Inzwischen haben sie einige Fans gewonnen und sogar Firmen als Unterstützer.

In der Garage der Familie Axmann aus Hausen wurden als Spendenaktion für den Wünschewagen wieder fleißig unzählige Lebkuchen gebacken und glasiert.  

In der Garage der Familie Axmann aus Hausen wurden als Spendenaktion für den Wünschewagen wieder fleißig unzählige Lebkuchen gebacken und glasiert.   © Rita Axmann

Im Herbst dieses Jahres ging es Rita Axmanns Vater nach einem Infekt plötzlich schlechter. Zehn Tage lang war der 81-Jährige im Krankenhaus. Da kam der Wünschewagen auf sie zu. Bekannte sagten: "Macht so eine Fahrt, bevor es zu spät ist."

Hinter den Kulissen in der Arena

Das Wünschewagen-Team hat an einem Dienstag den Ablauf und die Organisation geplant, Mittwochabend stand alles fest. Donnerstagmorgen ging es um 7.30 Uhr los, ein aufregender Tag für Klaus Kühn. Er ist Gründungsvorstand des DJK SC Neuses und schon immer Fußballfan. 1967 hat er den Trainerschein gemacht hat, um bis zur Landesliga trainieren zu können. "Schon die Begrüßung in der Allianz-Arena war toll", schwärmt er. Im Stadion und der Kabine durfte er sich umsehen.

Klaus Kühn mit seinen Angehörigen und Ehrenamtlichen des ASB in der Allianz-Arena in München.

Klaus Kühn mit seinen Angehörigen und Ehrenamtlichen des ASB in der Allianz-Arena in München. © Foto: Ridda Axmann, NNZ

"Von der obersten Reihe in der Arena konnten wir 60 Meter bis ganz hinunter schauen", sprudelt es aus ihm heraus. Auch einiges Spezialwissen, wie zur Rasenheizung und Abläufen hinter den Kulissen, hat er bei der VIP-Tour erfahren. Später gab es noch eine gemütliche Runde mit Kaffee, bevor es zurück nach Hausen ging. "Er war platt, aber überglücklich", erinnert sich Rita Axmann. Für die Tochter ist es das Schönste zu sehen, "wie viel Freude und neue Kraft er aus nur diesem einen Tag zieht".

Weitere Wünschewagen-Fahrten in diesem Jahr führten Mitbürger aus dem Landkreis an ganz verschiedene Orte. Für Reinhold Hutzler aus Gößweinstein ging es im Frühjahr zu einer Stadionführung zu Borussia Mönchengladbach. Ein Gast aus der Fränkischen Schweiz nahm an einer Fahrt an den Chiemsee teil, wo die Familie früher jedes Jahr Urlaub gemacht hatte. Ein Forchheimer durfte aus dem Pflegeheim noch einmal nach Hause fahren, wo er unbedingt noch einmal den eigenen Garten genießen wollte.

Lauter Herzenswünsche erfüllt

Für Hartmut Köttler aus Unterleinleiter ging es nach Rerik an die Ostsee, wo er mit seiner Verlobten Schiff fahren und eine tolle Zeit verbringen konnte. Einmal ging es für eine Bürgerin aus der Fränkischen Schweiz in die alte Wohnung und zur alten Nachbarschaft nach Erlangen, für eine andere zur Krankensalbung und Pilgerstätte nach Heroldsbach, für eine weitere zur Hochzeit des Sohnes ins Saarland und für eine weitere zur Geburt ihrer Enkelin ins Forchheimer Krankenhaus. Für 2022 sind schon vorgesehen eine Fahrt zur Lourdes Pilgerstätte sowie eine Heißluftballonfahrt.

Der Wünschewagen hat eine spezielle Ausstattung, damit er Sterbenskranken einen letzten Wunsch erfüllen kann und sie auf der Fahrt gut versorgt sind. Das Fahrzeug selbst hat inklusive der medizinischen Ausstattung einen Gesamtwert von rund 100.000 Euro.

Der Wünschewagen hat eine spezielle Ausstattung, damit er Sterbenskranken einen letzten Wunsch erfüllen kann und sie auf der Fahrt gut versorgt sind. Das Fahrzeug selbst hat inklusive der medizinischen Ausstattung einen Gesamtwert von rund 100.000 Euro. © ASB, NNZ

116 Anfragen, zeitlicher Vorlauf wichtig

116 Anfragen hatte das Wünschewagen-Team heuer erhalten. Wichtig sei ein gewisser Vorlauf, berichtet Lukas Hänsch vom ASB Forchheim: "Oft melden sich die Fahrgäste beziehungsweise ihre Angehörigen leider zu spät bei uns." Trotz schneller Organisation, teils innerhalb eines Tages trotz aller Bürokratie , seien die Fahrten oft aufgrund des Gesundheitszustandes nicht mehr durchführbar. Auch sei es schon vorgekommen, dass die Fahrgäste vor Fahrtantritt verstarben.

Die Pandemie hat die Arbeit deutlich erschwert: Hygienekonzepte, Corona-Tests und die 2G-plus-Regelung müssen berücksichtigt werden. Im Frühjahr konnten bei Lockdown und Kontaktbeschränkungen wochenlang gar keine Fahrten stattfinden. Projektleiterin Caterina Hertweck musste bei Fahrten durch mehrere Bundesländer alle dort geltenden Regelungen überprüfen und teils Sondergenehmigungen einholen.

Minutiöse Planung für die Fahrten wichtig

"Generell wird jeder Wunsch, der medizinisch und organisatorisch umsetzbar ist, von uns wahr gemacht", erzählt Hänsch. Nur Fahrten in einige Drittländer oder zu weite Fahrstrecken seien nicht möglich. Hinter den Kulissen ist eine minutiöse Planung wichtig: Sind Hotels und notwendige Zugänge barrierefrei? Gibt es Übernachtungsmöglichkeiten in Pflegeeinrichtungen, wenn ein Hotelaufenthalt nicht mehr möglich ist?

Es gilt, Hilfsmittel zu organisieren, wie Sauerstofftank, spezielle Rollstühle oder bestimmte Unterstützung zur Palliativversorgung. Arztbriefe und Medikamentenpläne werden gecheckt. "Natürlich werden auch die Angehörigen mit einbezogen und zum Beispiel die Lieblingsmusik, das Lieblingsessen oder die Lieblingsblumen des Fahrgasts von uns organisiert. Oder auch Hintergründe zu den Wunschorten abgefragt, um auch während der Fahrt noch möglichst viele kleinere Wünsche zu erfüllen", berichtet Hänsch. Die Fahrt soll zu einem unvergesslichen Erlebnis werden, da werde Liebe ins Detail gesteckt.

Kraft und Zuversicht für die Fahrgäste, aber auch das ehrenamtliche Team

Die Erlebnisse geben nicht nur den Fahrgästen und Angehörigen Kraft und Zuversicht, "sondern auch unseren Wunscherfüllern, die das Ehrenamt trotz der hohen Belastung in deren Hauptberufen zusätzlich gerne ausüben". Die Fahrgäste zeigten sich oft extrem dankbar, deren bewegende Lebensgeschichten rührten die Ehrenamtlichen. "Man ist nach jeder Wunschfahrt glücklich, dass man so große Freude schenken konnte und den Menschen Krankheit und Schmerzen für einen Tag vergessen machen konnte."

Der Wünschewagen Franken-Oberpfalz ist ein Gemeinschaftsprojekt der fränkischen und oberpfälzischen ASB-Verbände. Bundesweit sind beim ASB derzeit 22 Wünschewagen im Einsatz. Spenden von Privatpersonen, Stammtischen, Familienfeiern und Institutionen finanzieren das Projekt und die Fahrten, die meist einen Wert zwischen 100 und 1500 Euro haben. Das Fahrzeug selbst hat inklusive der medizinischen Ausstattung einen Gesamtwert von rund 100.000 Euro.

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