Wenn Einsamkeit eingekehrt ist

Depressiv oder Parkinson-Diagnose: In Weißenburg-Gunzenhausen gibt's viele Selbsthilfegruppen

Wolfgang Dressler

Altmühl-Bote

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9.12.2023, 11:00 Uhr
Eine Lösung für Einsamkeit kann die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe sein.

© Ute Zahn, NN Eine Lösung für Einsamkeit kann die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe sein.

Mediziner und Psychologen können in vielen Situationen fachlichen Rat erteilen. Doch was den Betroffenen gerade im Alltag wirklich hilft, ist zu wissen, dass sie mit ihren Ängsten und Sorgen nicht allein sind. Dass andere Menschen dieselben oder ähnliche Erlebnisse gemacht und für sich einen Weg gefunden haben, damit umzugehen. Genau diese persönliche Unterstützung bieten Selbsthilfegruppen durch den gegenseitigen Informations- und Erfahrungsaustausch, so das Landratsamt Weißenburg-Gunzenhausen in einer Pressemitteilung.

Depressive Störung

Tobias (Name geändert) war noch nie ein Partymensch, ganz im Gegenteil, er hat sich eher von den typischen Aktivitäten der jüngeren Generation zurückgezogen. Irgendwann wurde er kaum mehr gefragt, ob er mitgehen möchte. Was keiner seiner ehemaligen Freunde weiß: Er hat eine depressive Störung und immer wieder Panikattacken sowie diffuse Angstzustände.

Tobias hat lange nicht verstanden, was mit ihm los ist. Die Diagnose vor drei Jahren hat sein Erleben zumindest greifbarer gemacht, aber das "normale" Leben bleibt nach wie vor schwierig. Die psychotherapeutische Behandlung ist hilfreich, doch das Gefühl, alleine zu sein und nicht verstanden zu werden, macht sich immer wieder breit.

Im Online-Treff für junge Menschen mit psychischen Problemen findet er endlich weitere Betroffene. Der Austausch tut ihm gut, seine Erkrankung verliert etwas an Schwere, und das Allerschönste ist, wenn bei den Treffen gemeinsam gelacht wird.

Marion (Name geändert) war wie vor den Kopf gestoßen, als sie mit knapp 60 erfuhr, dass ihre Symptome die ersten Anzeichen einer Parkinson-Erkrankung sein könnten. Weitere Untersuchungen erfolgten, bis schließlich Gewissheit bestand. Als sich der erste Schock gelegt hatte, las sie alles, was im Internet zu finden ist. Sie und ihr Mann krempelten den Alltag und ihre Ruhestandspläne um.

Anderen Mut machen

Mittlerweile ist Marion auch in der Selbsthilfegruppe für Parkinson-Betroffene aktiv. Sie möchte mit ihrer Erkrankung nicht mehr alleine sein, will ihr Wissen und ihre praktischen Erfahrungen teilen, will Mut machen und natürlich auch selbst Hoffnung schöpfen.

Warum alleine im Café sitzen und darauf warten, dass man jemanden trifft, mit dem man ein paar belanglose Sätze wechseln kann? Hilde (Name geändert) hat das immer wieder gemacht, um aus ihrer Wohnung zu kommen und die bleierne Stille nicht länger ertragen zu müssen. Von ihrem Mann ist sie seit Jahren geschieden, die Kinder gehen ihre eigenen Wege. Es besteht zwar Kontakt, und sie hütet auch ab und an die Enkelkinder, aber die Tage sind trotzdem lang und oft auch einsam.

Über die Kontaktstelle für Selbsthilfegruppen hat sie mittlerweile Anschluss zu zwei Gruppen gefunden. Das Gesprächscafé bietet ihr die Möglichkeit, längerfristig mit anderen in Kontakt zu kommen, und durch die Wandergruppe kommt sie alle zwei Wochen wieder in Schwung, nicht nur körperlich, sondern auch psychisch.

Der Austausch innerhalb einer Selbsthilfegruppe findet auf Augenhöhe statt. Menschen mit identischen Problemen können sich gegenseitig unterstützen, Tipps geben und auch fachlich austauschen. Selbsthilfegruppen richten sich nicht nur an direkt Betroffene, sondern auch an deren Familien und Angehörige.

Hilfsangebote im Landkreis

Nach dem Motto "Gemeinsam sind wir stark" bieten Selbsthilfegruppen emotionale Unterstützung. Durch den Erfahrungs- und Informationsaustausch schöpfen die Betroffenen Mut und finden Motivation, sich ihren Problemen und Lebensthemen zu stellen. Sie erfahren Verständnis für ihre Situation, erleben ein Gefühl von Sicherheit. Mitglieder von Selbsthilfegruppen können jung oder alt, krank oder gesund, arm oder reich sein.

Wer selbst Interesse an einer Selbsthilfegruppe hat oder eine neue gründen möchte, kann sich an Kiss Weißenburg-Gunzenhausen wenden: (09141) 9762172 oder weissenburg@kiss-mfr.de. Die Beratung ist kostenlos, unverbindlich und auf Wunsch anonym.

Um die vielfältigen Aspekte von Einsamkeit in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit zu lenken, wurde vom Bayerischen Gesundheitsministerium der diesjährige Präventionsschwerpunkt auf die "Gesundheitlichen Folgen von Einsamkeit" gelegt.

Innerhalb dieses Rahmens wurde in Kooperation mit unterschiedlichen Institutionen im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen von der Gesundheitsregionplus eine Artikelreihe erstellt, die monatlich gezielt einen potentiell von Einsamkeit betroffenen Personenkreis anspricht und spezifische Unterstützungs-, Vernetzungs- und Hilfsangebote des Landkreises vorstellt. Anhand realer Beispiele wird versucht, auf das Thema aufmerksam zu machen und auch zu sensibilisieren. Begleitend zu der Artikelreihe informiert das Landratsamt auch auf der Homepage und den sozialen Medien über das Thema.

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