Am 13. Mai

In Zeiten der Krise: Die ERH-Ausbildungsbörse in Herzogenaurach boomt

Matthias Kronau

Redaktion Herzogenaurach

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10.5.2023, 15:00 Uhr
Die Ausbildungsbörse boomt (v. l.): Wolfgang Mevenkamp, Claus Gumbmann, Alexander Tritthart, Simon Deichsel, German Hacker, Knut Harmsen.

© Matthias Kronau, NN Die Ausbildungsbörse boomt (v. l.): Wolfgang Mevenkamp, Claus Gumbmann, Alexander Tritthart, Simon Deichsel, German Hacker, Knut Harmsen.

Im Sitzungssaal des Herzogenauracher Interims-Rathauses spricht der Landrat. Es geht um die Ausbildungsbörse am 13. Mai. "Die Veranstaltung hat erstaunliche Dimensionen erreicht", sagt Alexander Tritthart.

Im vergangenen Jahr hatte man die Entscheidung getroffen, die Börse nicht mehr in Räumen oder Turnhallen stattfinden zu lassen, sondern unter freiem Himmel, in der Herzogenauracher Innenstadt. "Der Erfolg hat uns recht gegeben", so Tritthart. Die Zahl der Aussteller ist nun weiter gestiegen, von 67 auf 99 am kommenden 13. Mai von 10 bis 14 Uhr.

Blick aufs Handy

Während Tritthart redet, schaut Bürgermeister German Hacker kurzzeitig auf sein Handy. Nicht, weil er sich langweilt. "Gerade habe ich eine Mail gesehen, da fragt jemand an, ob er auch noch bei der Ausbildungsbörse teilnehmen kann", erklärt Hacker.

Dann wären es also 100. "Wir freuen uns, dass die Börse mitten in der Stadt ein Erfolg ist", so der Bürgermeister. Aber die Börsen-Plätze in der Stadt sind bereits voll.

Freilich: Hacker wie auch Tritthart wissen, dass dieser Erfolg auch eine Kehrseite hat, und das bestätigen bei der Pressekonferenz zur Ausbildungsbörse eine Reihe von Experten: Viele Firmen und Behörden finden keine neuen Mitarbeiter oder Auszubildende mehr. Sie müssen sich zunehmend aktiv um Bewerber bemühen, oft erfolglos.

Jeder darf sich angesprochen fühlen

Das Problem ist lange erkannt und hat viele Facetten, für Besucher der Ausbildungsbörse heißt das vor allem: Sie werden am 13. Mai ein umfangreiches und breitgefächertes Angebot vorfinden: Jeder kann sich angesprochen fühlen, Schüler von der Mittelschule bis zum Gymnasium, Menschen, die Weiterbildungsangebote suchen, Personen im fortgeschrittenen Berufsalter, die noch einmal umsatteln wollen.

"Wir haben im Landkreis ERH und Erlangen derzeit rund 1400 Ausbildungsstellen und 700 Bewerber", verdeutlicht Simon Deichsel, der Leiter Berufsberatung bei der Agentur für Arbeit Fürth, die prekäre Lage. Die Bewerberzahl liege nach wie vor um ein Drittel niedriger als vor Corona. Grund: Viele Schüler sind wegen fehlender Praktika oder auch wegen schulischer Defizite während Corona nicht ausreichend orientiert oder vorbereitet für eine konkrete Berufswahl. Sie gehen länger auf die Schule, oder noch schlimmer, könnten gar den Anschluss verlieren.

Gesellschaftliche Sichtbarkeit

Die Ausbildungsmisere ist damit auch ein gesellschaftliches Problem, und so findet es Knut Harmsen, Geschäftsführer des IHK-Gremiums Erlangen und Herzogenaurach, umso erfreulicher, dass mit der Verlegung der Börse nach draußen "die Sichtbarkeit" der Ausbildungsbörse deutlich erhöht worden sei. Die Probleme durch Corona seien noch nicht ganz aufgeholt, doch sei das auch nicht das einzige Problem. "Die Babyboomer gehen in Rente, das wird uns hart treffen."

Das bestätigt Wolfgang Mevenkamp. "Ganz viel Können, Wissen und Erfahrung verschwindet in Kürze." Dies zusammen mit dem Nachwuchsmangel lässt den Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Erlangen-Hersbruck-Lauf nicht wirklich optimistisch in die Zukunft blicken. Wie etwa die Energie- und Wärmewende "gewuppt" werden soll ohne ausreichend Fachkräfte, sei noch eine Frage ohne Antwort.

Auf alle Fälle mangelt es nicht an Möglichkeiten für den Nachwuchs, wie Studiendirektor Claus Gumbmann anhand der vielfältigen Ausbildungspalette des Berufsschulzentrums Herzogenaurach-Höchstadt verdeutlicht. Insbesondere betont er die Aufstiegs- und Fortbildungschancen. Eine Ausbildung zu machen, so die Botschaft, sei eine lohnende Sache. Und verstärkt setzen Unternehmen auch auf Teilzeit-Ausbildungen, um noch mehr auf die Lebenswirklichkeit vieler Menschen eingehen zu können.

Zum 20. Mal

In jeder Hinsicht also genug Gesprächsthemen beim Gang über die Ausbildungsmesse, die heuer zum 20. Mal stattfindet. Bei der Premiere 2001 in der Hauptschule waren gerade einmal 27 Firmen anwesend.

Am Samstag, 13. Mai, werden es 99 sein. Nein, sogar 100. "Irgendwie finden wir doch noch einen Platz für den Interessenten, der sich gerade gemeldet hat", legt sich Bürgermeister German Hacker am Ende des Pressegesprächs fest. In der derzeitigen Ausbildungssituation muss man eben auch: zusammenrücken.

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