Im Rausch bis Endstation gefahren

Betrunken Polizisten beleidigt: 35-Jähriger entschuldigt sich vor Gericht

Hans Christian Biersack

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9.6.2023, 15:00 Uhr
Der Angeklagte verpasst nicht nur seine Haltestelle, sondern kam auch zum Prozess zu spät.

© Siegfried Mandel, NN Der Angeklagte verpasst nicht nur seine Haltestelle, sondern kam auch zum Prozess zu spät.

Der 35-Jährige, der wegen Beleidigung eines Polizeibeamten vor dem Amtsgericht stand, ist mutmaßlich Opfer einer über Jahre hinweg mittels Cannabis erworbenen Wurschtigkeit. Doch wenn er betrunken ist, neigt er nach Selbsteinschätzung zum Ausrasten.

Zwar vertrieb er sich schon lange vor Beginn der Verhandlung vor dem Tor zum Pfalzgrafenschloss die Zeit mit dem Studium einer Boulevard-Zeitung, den Auftakt aber verschwitzte er. Er trudelte mit einigen Minuten Verspätung im Gerichtssaal ein. Die Entschuldigung wurde angenommen.

Verpennt hatte er am 6. Januar dieses Jahres auch den Halt des Zuges an seinem Heimatbahnhof. Von Regensburg wollte er nach Undorf, schlief besoffen ein und wurde an der Endhaltestelle in Neumarkt aus dem Zug komplimentiert. Ob das nun der Schaffner war oder bereits die zu Hilfe gerufene Polizei, daran konnte er sich nicht mehr erinnern. Die Blutentnahme brachte das Ergebnis von 2,01 Promille.
Dies und das unsanfte Wecken genügten, um eine Schimpfkanonade los zu treten. Der Neumarkter Polizist, der ihm zu nahe kam, musste sich Nettigkeiten wie Arschloch, Hurensohn und Bastard anhören.

Schon acht Eintragungen im Bundeszentralregister

Das tue ihm ehrlich leid, beteuerte der Angeklagte glaubhaft und er entschuldigte sich bei dem Beamten, der offenbar von den Beleidigungen auch nicht allzu tief getroffen war.

Wegen der Alkoholisierung war Thomas Leykam, der Vertreter der Staatsanwaltschaft, bereit, den Paragraf 21 anzuwenden, der eine gewisse eingeschränkte Schuldfähigkeit annimmt. Leykam forderte 90 Tagessätze zu je 15 Euro für den Empfänger von Bürgergeld.
Richter Rainer Würth übersah zwar nicht die acht Eintragungen im Bundeszentralregister, doch dabei handelte es sich fast ausschließlich um Delikte im Bereich des Betäubungsmittelgesetzes, also nichts Einschlägiges. Würth legte sich auf 70 Tagessätze fest. Dringend riet er dem Angeklagten, sich einen Job zu suchen, statt in der elterlichen Wohnung herum zu lungern und auf dumme Gedanken zu kommen.