Vor der Apotheke verkauft
Neumarkter beim Tabletten-Deal beobachtet
2.6.2023, 19:00 UhrAusgerechnet die Entscheidung eines Zeugen, nichts zu sagen, festigte die Überzeugung des Gerichts, dass an den Vorwürfen gegen einen 43-Jährigen etwas dran sein müsse. Der hatte wegen eines Vergehens gegen das Arzneimittelgesetz einen Strafbefehl über 70 Tagessätze zu je 15 Euro erhalten und dagegen Einspruch erhoben.
Am 10. März dieses Jahres, so Staatsanwalt Michael Schmidt, habe er in einer Apotheke in der Neumarker Innenstadt Tabletten gekauft, die ihm sein Arzt wegen einer epileptischen Erkrankung verschrieben hatte. Dabei handelt es sich um starke Beruhigungsmittel mit hohem Suchtfaktor, und wohl deshalb auch begehrt von Leuten, die sich damit zudröhnen wollen.
Offenbar hatte sich der 43-Jährige, der seinen Lebensunterhalt aus einem Erbe bestreitet, vor der Apotheke verabredet. Für vermutlich zehn Euro hätten zwei oder drei der Tabletten aus der Dose den Besitzer gewechselt.
Von Mitarbeiterinnen beobachtet
Beobachtet wurde dies von zwei Mitarbeiterinnen der Apotheke, die vom ersten Stock aus eine gute Sicht auf den Tauschhandel hatten. Ihre Aussagen wirkten glaubhaft und stimmten in den wichtigen Details überein. Aufmerksam gemacht worden waren sie vom Filialleiter, dem der Angeklagte schon länger verdächtig vorgekommen war.
Doch dieser bestritt das illegale Geschäft. Vielmehr habe ihm der Bekannte lediglich zehn Euro zurück gegeben, die er ihm schuldig gewesen sei. Den Polizisten, der nach einem Anruf aus der Apotheke den 43-Jährigen unter die Lupe genommen hatte, habe er aufgefordert, die Tabletten im Behälter zu zählen. Da hätte sich heraus gestellt, dass keine fehlte. Tatsächlich räumte der Beamte ein, nicht nachgesehen zu haben. Allerdings stellte er die bei epileptischen Anfällen hilfreichen Medikamente vorübergehend sicher. „Ich hab mich schon daheim zappeln gesehen“, schilderte der Angeklagte seine Ängste.
Diese Umstände hätten den 43-Jährigen, der hartnäckig auf seiner Version bestand, entlasten können, wenn nicht sein „Kunde“ ebenfalls als Zeuge geladen gewesen wäre. Der hatte sich zwar an jenem 10. März rechtzeitig aus dem Staub gemacht, konnte jedoch anhand seines Autokennzeichens ermittelt werden.
Zeuge verweigert die Aussage
Richter Rainer Würth belehrte ihn, dass er als Zeuge nichts sagen müsse, mit dem er sich selbst belasten würde. Ansonsten aber sei er der Wahrheit verpflichtet. Da zog es der junge Mann vor, lieber ganz den Mund zu halten, was ja sein gutes Recht ist.
Staatsanwalt Michael Schmidt hatte keine Zweifel an der Schuld des Angeklagten. Richter Rainer Würth riet dem Beschuldigten, der ohne Anwalt erschienen war, den Einspruch zurück zu nehmen. Der Angeklagte folgte schließlich der Empfehlung, bat aber wegen seiner finanziellen Situation darum, die Geldstrafe in eine Arbeitsauflage umzuwandeln. Das wird die Staatsanwaltschaft entscheiden.
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