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Der Museumsleiter des Oberfränkischen Bauernhofmuseums Kleinlosnitz, Bertram Popp, beim Einsetzen von Stroh-Schauben in das Dach eines Gebäudes im Fränkischen Freilandmuseum in Bad Windsheim.
© Stefan Blank
Der Museumsleiter des Oberfränkischen Bauernhofmuseums Kleinlosnitz, Bertram Popp, beim Einsetzen von Stroh-Schauben in das Dach eines Gebäudes im Fränkischen Freilandmuseum in Bad Windsheim.

Vor Saisonstart im Freilandmuseum

Dachdecker-Kunst aus dem Mittelalter: So entsteht mitten in Franken noch ein Strohdach

Strohdächer sind nicht nur in Franken eine Seltenheit geworden. Im Fränkischen Freilandmuseum in Bad Windsheim gibt es sie noch auf den Bauwerken aus dem Mittelalter - und Firstpfosten- und Grubenhäusern, die einst für die Bayerischen Landesausstellung 2002 in Bamberg rekonstruiert wurden. Doch wenn die Dächer zu Moos-Landschaften werden, müssen sie ausgetauscht werden. Das Neueindecken eines Strohdaches wurde nun, kurz vor der Saisoneröffnung am 9. März, zu einem außergewöhnlichen Erlebnis - jedoch leider nicht für die Besucherinnen und Besucher.

Bertram Popp spitzt zwischen zwei Dachbalken hindurch, schnappt sich einen der insgesamt 3500 vorbereiteten Strohbüschel, platziert ihn direkt neben einem weiteren und bindet die "Schauben" zusammen. Im Vorfeld war jede einzelne aus extra im Museum und in der Umgebung der Hochschule Triesdorf angebautem oder aus Polen importiertem Winterroggen mit mehr als zwei Meter langen Halmen per Hand von Ehrenamtlichen und Museumsmitarbeitenden gebunden worden, wie Freilandmuseum-Chef Dr. Herbert May erklärt. Popp ist sein Amtskollege im Oberfränkischen Bauernhofmuseum Kleinlosnitz im Fichtelgebirge und Experte für diese Art von Strohdächern. Mit zwei Kollegen reiste er an, um "Amtshilfe" zu leisten, wie er lachend erzählt.

Nachhaltigkeit pur beim Dach

"Im Landkreis Hof gibt es sogar noch an vier Standorten Privathäuser mit Strohdächern", erklärt Bertram Popp. Dennoch sei sie "eine absolute Seltenheit geworden". Im Kleinlosnitzer Bauernhofmuseum stehen noch drei Bauwerke mit solchen Dächern. Das Besondere: Die Ähren liegen in diesem Fall unten, auf Häusern der Mittelaltergruppe wenige Hundert Meter entfernt ist es genau anders herum.

Nachhaltiger könnte ein Dach kaum sein, sagt Popp. Obwohl Getreide in dieser Länge "heute keiner mehr brauchen kann". Der Bauer könne seine Ernte selbst für sein Haus nutzen und wenn es ausgetauscht werden muss, lande das Dach nach etwa 15 bis 20 Jahren auf dem Kompost.

Vorsicht vor den Mäusen

Wichtig sei, dass das Stroh "sauber ausgedroschen" wird, erklärt Bertram Popp. "Sonst kommen die Mäuse." Die Büschel sehen grob aus wie kleine Reisigbesen. Für die zirka 120 Quadratmeter Dachfläche braucht es rund 3500 Schauben, schätzt Popp am ersten Tag des Dachdeck-Projekts. Vier Tage später sind drei Freilandmuseums-Mitarbeiter in den Endzügen - es sind sogar noch ein paar Büschel übrig geblieben.

Genutzt werden sollen diese laut Herbert May für das direkt neben dem Firstpfostenhaus stehenden Grubenhaus im "Archäologischen Dorf", das aus frei rekonstruierten Idealbauten aus dem 11. oder 12. Jahrhundert besteht. Dieses Dach kommt als nächstes runter, neues Stroh drauf.

"In den kommenden Jahren müssen wir dann an alle Strohdächer in der Mittelalter-Baugruppe ran", kündigt May an. Beim Binden der nächsten Schauben können auch wieder Besucherinnen und Besucher mithelfen. Angedacht sei derzeit eine Aktion am Handwerker- und Techniktag am 21. April, erzählt Herbert May. "Wir brauchen also viel Stroh." Für das Grubenhaus wohl nur einige Hundert Büschel - mittelfristig dann aber wohl eher mehrere 10.000.

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