Tischtennis als Leidenschaft

Mit Parkinson zur WM: Diese 39 Jahre alte Fränkin fühlt sich trotz Krankheit als kleiner Glückspilz

vnp

25.9.2023, 16:14 Uhr
Leidenberger Wilke: Seit 15 Jahren kümmert sich Anke Leidenberger als stellvertretende Leiterin der Freizeitbetreuung im Vitalis Wohnpark Bad Windsheim darum, dass die Seniorinnen und Senioren mit kreativen Angeboten körperlich und geistig fit bleiben. Hier im Bild mit Einrichtungsleiterin Sabine Wilke.

© Privat Leidenberger Wilke: Seit 15 Jahren kümmert sich Anke Leidenberger als stellvertretende Leiterin der Freizeitbetreuung im Vitalis Wohnpark Bad Windsheim darum, dass die Seniorinnen und Senioren mit kreativen Angeboten körperlich und geistig fit bleiben. Hier im Bild mit Einrichtungsleiterin Sabine Wilke.

Schlagerparties, Musikabende, Ausflüge – all das organisiert Anke Leidenberger als stellvertretende Leiterin der Freizeitbetreuung im Seniorenheim Vitalis Wohnpark Bad Windsheim. Seit 15 Jahren schon kümmert sich die 39-Jährige leidenschaftlich darum, dass die Seniorinnen und Senioren mit kreativen Angeboten körperlich und geistig fit bleiben.

Vor sieben Jahren beginnt für die junge Mutter jedoch mit unspezifischen Beschwerden ein Leidensweg, erzählt Rebecca Jung, Leiterin der Presseabteilung der Dr.-Becker Klinikgruppe, zu der der Vitalis Wohnpark gehört. Immer häufiger leidet sie unter starken Erschöpfungszuständen, Nackensteifheit, Problemen mit der Feinmotorik und einem gelegentlichen Zittern. "Immer wieder kamen diese körperlichen Rückschläge, die mich privat und beruflich einschränkten. Das schlimmste war, dass lange keiner so richtig wusste, was mit mir los war", erzählt Anke Leidenberger.

Der Schock: Diagnose Parkinson

Dann im November 2021 endlich Gewissheit: "Mit 37 Jahren bekam ich die Diagnose Parkinson. Das war erst einmal ein Schock. Aber zumindest war es eine Erklärung für die Probleme der letzten Jahre und ich konnte mich nach der ersten Schockstarre schlau machen." Es sei nicht immer leicht, aber sie habe wunderbare Menschen auf diesem Weg kennengelernt, die sie unterstützen und ihr neue Impulse geben.

Will anderen Betroffenen Mut machen: Seit ihrer Parkinsondiagnose trainiert Anke Leidenberger ein- bis zweimal die Woche in einem der deutschlandweit verbreiteten Stützpunkte des Vereins PingPongParkinson Deutschland in Dietersheim.

Will anderen Betroffenen Mut machen: Seit ihrer Parkinsondiagnose trainiert Anke Leidenberger ein- bis zweimal die Woche in einem der deutschlandweit verbreiteten Stützpunkte des Vereins PingPongParkinson Deutschland in Dietersheim. © Privat

Aus ihrer Arbeit mit Bewohnerinnen und Bewohnern verschiedenen Alters und mit unterschiedlichen Erkrankungen weiß Anke Leidenberger, wie wichtig es ist, am Ball zu bleiben, heißt es in der Mitteilung. Und das tue sie im wahrsten Sinne des Wortes: "Durch meine neuen Kontakte zu anderen Parkinson-Betroffenen habe ich das PingPongParkinson kennen- und lieben gelernt. Mitmachen können dabei alle, die ihre Symptome verbessern wollen und sich mit anderen Erkrankten austauschen möchten, ohne in eine reine Selbsthilfegruppe zu gehen."

Tischtennis als neue Leidenschaft

Ein- bis zweimal in der Woche trainiert sie seit dem in einem der deutschlandweit verbreiteten Stützpunkte des Vereins in Dietersheim. Parkinson habe ihrem Leben letztlich eine außergewöhnliche Wendung gegeben: "Im Tischtennis habe ich meine neue Leidenschaft entdeckt."

Mit dieser neuen Leidenschaft ist Anke Leidenberger mittlerweile zum Profi aufgestiegen und nimmt erfolgreich an Wettbewerben teil. Mit zwei anderen Vereinsmitgliedern hatte sie im Mai nach den PingPongParkinson German Open in Düsseldorf drei Medaillen und die Titel Internationale Deutsche Vizemeisterin im Einzel und Internationale Deutsche Meisterin im Doppel im Gepäck. "Mein großer Traum ist nun die Weltmeisterschaft vom 25. bis zum 30. September im österreichischen Wels."

Kuchenbuffet: Mit den Einnahmen aus einem Kuchenbuffet sammelten die Bewohnerinnen und Bewohner des Vitalis Wohnpark Geld für Anke Leidenbergers Fahrt zur PingPongParkinson Weltmeisterschaft.

Kuchenbuffet: Mit den Einnahmen aus einem Kuchenbuffet sammelten die Bewohnerinnen und Bewohner des Vitalis Wohnpark Geld für Anke Leidenbergers Fahrt zur PingPongParkinson Weltmeisterschaft. © Privat

Arbeitgeber unterstützt bei Hindernissen

Die Qualifikationsnorm zur Weltmeisterschaft hatte Anke Leidenberger sicher, die Kosten für Teilnahme, Reise und Unterkunft waren aber die größere Hürde. "Wie andere Laiensportlerinnen und -sportler müssen wir uns weitestgehend selbst finanzieren. Bei lokalen Wettkämpfen und Trainingstreffen untereinander summieren sich die Ausgaben."

Die Bad Windsheimerin entschließt sich, ihren Arbeitgeber als Sponsor anzufragen und schreibt einen Brief. "Unsere Einrichtungsleiterin Frau Wilke kennt meine Geschichte schon und hat mich – wie auch meine Kolleginnen und Kollegen – immer unterstützt. Aber den Geschäftsführerinnen Dr. Petra Becker und Susanne Schmidt habe ich mein Anliegen nochmal ausführlicher geschildert und sie um Hilfe gebeten."

"Wie viel brauchen Sie?"

Auf eine Antwort muss sie nicht lange warten. Mit einem: "Tolle Leistung! Wie viel brauchen Sie?" signalisierte die Geschäftsleitung dem Bericht von Pressereferentin Rebecca Jung zufolge "ihre unbedingte Unterstützung". Zusätzlich zu den 1000 Euro, die sie von der Geschäftsleitung bekam, halfen auch die Bewohnerinnen und Bewohner sowie die Kolleginnen und Kollegen mit. Bei einem Kuchenbasar kamen 500 Euro für die Reisekasse zusammen.

Mit Leidenschaft zum Erfolg: Anke Leidenberger ist mittlerweile Internationale Deutsche Vizemeisterin im Einzel und Internationale Deutsche Meisterin im Doppel.

Mit Leidenschaft zum Erfolg: Anke Leidenberger ist mittlerweile Internationale Deutsche Vizemeisterin im Einzel und Internationale Deutsche Meisterin im Doppel. © Privat

"Die Bewohnerinnen und Bewohner verfolgen meine Geschichte schon länger und drücken mir ganz fest die Daumen. Einige sammeln sogar alle Artikel über mich und sind Fans der ersten Stunde. Ich freue mich, dass auch die Geschäftsleitung so an mich glaubt und mir die Weltmeisterschaft ermöglicht, ganz ohne Zögern. Das ist eine tolle Bestätigung und treibt mich einmal mehr an," sagt Anke Leidenberger gerührt.

Traum von der WM geht in Erfüllung

Ob sie einen weiteren Titel mit nach Hause bringen wird? "Natürlich geht es bei so einer Meisterschaft auch um Erfolge. Wichtiger ist aber, den Sport und wie positiv er bei Parkinson wirken kann, bekannter zu machen." Sie wolle anderen Betroffenen Mut machen. Dass Anke Leidenberger das stemmen könne, sei schon ein großer Etappensieg. "Ich lasse ich mir von dieser Krankheit nicht die Freude am Leben nehmen. Ich bin unter 40, habe eine wunderbare Familie und viele tolle Menschen in meinem privaten und beruflichen Umfeld", wird sie in der Mitteilung zitiert.

Fans der ersten Stunden: Viele Bewohnerinnen und Bewohner des Vitalis Wohnpark Bad Windsheim verfolgen die sportliche Karriere von Anke Leidenberger von Beginn an.

Fans der ersten Stunden: Viele Bewohnerinnen und Bewohner des Vitalis Wohnpark Bad Windsheim verfolgen die sportliche Karriere von Anke Leidenberger von Beginn an. © Privat

"Ich lasse den Kopf nicht hängen, betrauere nicht irgendetwas und verplempere so die gute Zeit. Es wird gelebt! Bewusster. Außerdem habe ich durch meine Erkrankung so wunderbare, wertvolle Menschen kennengelernt und meine große Leidenschaft, das Tischtennis entdeckt! So seltsam es klingen mag, ich fühle mich wie ein kleiner Glückspilz."

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